Für seine Söhne ist Pattaya «die Stadt mit den zwei Gesichtern». Es gebe dort die heitere Welt der Touristen. Und dann die Unterwelt voller Drogen, Prostitution und dunkler Gestalten. Schnittmengen sehen die Söhne grundsätzlich keine. Sie nennen es «Pech» und Zufall, dass ihr Vater, ein ganz und gar vertrauenswürdiger Immobilienunternehmer, der «von allen geliebt» wurde, jetzt zu so einer Schnittmenge geworden ist. Zu einer in 13 Teilen, um genau zu sein. Zerstückelt mit einer Kettensäge. Und eingesargt in einer Tiefkühltruhe. Gefunden wurde sie im Schlafzimmer einer Vorstadtvilla von Pattaya, die thailändische Polizei nimmt an, dass Truhe samt Inhalt im Meer hätten versenkt werden sollen.
Doch das Team unter der Leitung des Vize-Polizeichefs mit dem Übernamen «Big Joke» war schneller: Am 10. Juli findet es den zu Gefriergut verarbeiteten deutschen Ex-Topmanager Hans-Peter Mack (62). Seit zwanzig Jahren lebt er in Thailand, am 4. Juli meldet ihn seine Ehefrau als vermisst, sie ist 24, die beiden sind seit 2018 zusammen. 2018 stand Mack zudem unter Verdacht, einen Kinderhändlerring zu betreiben, und entkam nur knapp dem Gefängnis. Ein Mann von der heiteren Seite Pattayas.
Die Polizei ermittelt: In Macks Mercedes, der zum Entführungsfahrzeug und Mordort wurde, liegt eine Kettensäge. Über die Seriennummer findet sich ein Täter, der Rocker Olaf B., ein Mann aus dem «deutschen Auswanderer-Milieu», wie die «Bild» schreibt, und was sich in diesem Milieu so tummelt, kennen wir ja aus «Goodbye Deutschland».
Nur, so hart wie Pattaya hat es das Auswanderer-Paradies Mallorca noch nie erwischt. In Pattaya tummeln sich ganz klar Deutsche mit einer hohen kriminellen Energie. Schnell ist der deutsche Boulevard voll mit Geschichten über «Party-Petra» und den «Stückel-Mord». Die «Bild» ist on fire, macht alles über Petra tagelang zum Aufmacher.
Es ist aber auch pikant. Denn mit Petra verästelt sich der Stückel-Mord bis weit in die erlauchtesten europäischen Kreise. Quasi bis in den Hochadel des Trash. Umfasst Übermenschen wie die Büchners von Mallorca, mit denen sie sich gerne fotografieren liess, Bordellbesitzer, bedürftige Figuren, die im Gefüge der Aufmerksamkeits-Ökonomie gerne weiterkommen möchten und sogar den Wiener Bau-, Party- und Möchtegern-Löwen Richard Lugner. Es ist ein schauriges Fest. Und wahrscheinlich der tiefste Abgrund des medialen Sommerlochs 2023.
Petra Christl Grundgreif, wie das vermutliche Mastermind hinter dem Mord an Mack heisst, ist eine in Deutschland bereits zweifach zu Geldstrafen verurteilte Betrügerin. «Petra G.» ist 54, besitzt weder Grazie noch Glamour, nur ein markantes Nackentattoo, doch «Männer bezirzen, das kann sie», sagt der Wiener Bordellbetreiber P.L., der das schliesslich wissen muss, sie habe eben «so eine nette, einnehmende, mütterliche Art».
Und mit dieser Art erleichtert sie bezirzte Männer jeden Alters um viel Geld. Ihre Masche ist immer die Gleiche: Sie gibt sich als Event- und Künstlermanagerin aus, die leichtgläubigen Herren das Blaue vom Himmel herunter verspricht, aber dummerweise gerade noch kein Hotelzimmer gebucht oder blöderweise kein Geld dabei hat.
Der Münchner Trachtendesigner Thomas Lerchenberger vom Label «Schickeria Trachten» lässt sie in der Wohnung seiner verstorbenen Mutter wohnen, weil sie angeblich eine Modeschau mit seiner Kollektion organisiere. Nicht irgendwo, sie will dafür extra den 2019 geschlossenen Münchner Contenance Club wiedereröffnen. Der Club war für superreiche Männer, die Mitgliedschaft kostete 50'000 Euro im Jahr, die grosszügig vorhandenen Escort-Girls durften nur reden, wenn sie angesprochen wurden, der Kaviar stand kiloweise bereit, typische Münchner Dekadenz halt. Petra weiss genau, dass Lerchenberger diese Idee gefällt.
Innerhalb weniger Tage hat Petra die Wohnung geleert und sie fürs Oktoberfest an rumänische Zuhälter und ihre Prostituierten vermietet. Petra hatte sich zudem als seine Ehefrau ausgegeben, Dokumente gefälscht und sein Konto geräumt. Drei Monate lang war Lerchenberger deshalb obdachlos: «Ich war wegen ihr auf der Strasse, habe in Gebüschen geschlafen.»
Auch der Münchner It-Boy und Modeblogger Chris Hanisch («ewige 21» und «Busenfreund» von Kader Loth) lieh Petra eine Weile lang Geld, obwohl ihm auffiel, dass sie ständig ihre Telefonnummer und ihre Wohnadresse bei diversen «Freunden» wechselte. Schaudernd sagt er jetzt der Münchner Abendzeitung: «Petra war in München schon gefährlich. Wer weiss, ob ich nicht auch im Kühlschrank gelandet wäre.»
Bordellbesitzer P.L. macht Petra mit Richard Lugner bekannt, sie organisiert für Lugner während Dreharbeiten auf Mallorca eine Geburtstagsparty. Der 90-Jährige muss beim Mord an Hans-Peter Mack an den Fall der Eissalonmörderin von Wien denken.
2008 erschoss die Eissalon-Betreiberin Estibaliz Carranza ihren gewalttätigen Mann. Als es ihr wegen auffallend starker Rauchentwicklung nicht gelang, ihn zu verbrennen, zersägte sie ihn, fror ihn erst in Plastiktüten ein, legte diese in Blumentöpfe und -tröge und füllte sie mit Beton. Leider war der Kopf am Boden der Tiefkühltruhe festgefroren, weshalb sie diese auch mit Beton zugoss. Zwei Jahre später verfuhr sie mit ihrem neuen Lebensgefährten genau gleich.
Offenbar interessierte sich Carranza auch einmal für Lugner. Der ist fassungslos: «Zwei Frauen baggern mich an und beide zerstückeln die Männer. Das ist ungeheuerlich verrückt. Ich bin unendlich froh und dankbar, jedes Mal ‹Nein› gesagt zu haben.»
Alle zwielichtigen Männer, die sich auf die mütterliche Petra eingelassen haben, sagen jetzt, dass sie sie schon damals als «windig» und «halbseiden» empfunden hätten.
In Thailand gelang es Petra vermutlich, Mack zu einem Immobiliendeal zu überreden. Für 18,2 Millionen Euro (eine horrende Summe für Thailand) sollte er auf Koh Samui eine Luxusvilla und eine Boxhalle kaufen. Eine Überwachungskamera zeigt, wie Mack kurz vor seinem Verschwinden mit Petra G. in einem Kaffee sitzt.
Bevor ihr Komplize Olaf B. (52) den Unternehmer entführte, verschwanden über 50'000 Euro von Macks Konto. Olafs Freundin Nicole F. (52) hatte derweil das Haus, das die Tiefkühltruhe beherbergte, gemietet. Sie sagt, dass sie keine Ahnung vom Inhalt der Truhe im Schlafzimmer gehabt habe. Ein 27-jähriger Pakistani und ein Deutscher namens Enrico vervollständigen das mörderische Quintett.
Olaf B. wurde als erster verhaftet, Petra Christl Grundgreif, die Hochstaplerin, die bis zum Letzten geht, hat sich selbst der Polizei gestellt, alle fünf sitzen jetzt in Thailand in U-Haft. Was genau ihr Plan war und wie es zur Tat kam, wird wohl demnächst bekannt werden. Die thailändische Öffentlichkeit ist schon mal sehr erleichtert: «Alle Verdächtigten sind Ausländer», schreibt die Tageszeitung «Khaosod». Big Joke.
Um ehrlich zu sein ich weiss es auch am Schluss der Artikels noch nicht... surreal