Bier, Gras und Sex: Nicht nur Partytouristen dürften wohl vor allem diese drei Dinge in den Sinn kommen, wenn sie an das Amsterdamer Nachtleben denken. Doch gerade letzter Punkt, die Prostitution, sorgt immer wieder für Zoff in der grössten Stadt der Niederlande.
Jüngster Auslöser ist ein geplantes Erotik-Zentrum, das die Stadt abseits des bestehenden Rotlichtviertels in der Altstadt plant. Die Idee: Das Zentrum soll die vielerorts völlig überlaufene Innenstadt entlasten, dafür sorgen, dass der viele Anwohner störende Sex-Tourismus sich von der Strasse «De Wallen» an eine andere Stelle verlagert.
Schaut man sich die reinen Zahlen an, ist das auch dringend geboten. Auf die rund 800'000 Einwohner der Stadt kommen jährlich mehr als 22 Millionen Touristen. Und das Rotlichtviertel im ältesten Teil der Stadt, der Unesco-Weltkulturerbe ist, ist für viele von ihnen ein fester Anlaufpunkt. «Dieser Teil der Stadt droht unbewohnbar zu werden», stellte unlängst die grüne Bürgermeisterin Amsterdams, Femke Halsema, fest.
Ihr Plan ist deshalb ein Hochhaus, in dem etwa 100 Prostituierte arbeiten können. Ausserdem soll es dort auch Gaststätten, Sex-Theater und Clubs geben.
Doch das finden nicht alle gut. Bürger und Prostituierte haben Proteste gegen das von manchen «Mega-Bordell» genannte Vorhaben angemeldet. Zwar ist noch nicht klar, wo genau das Zentrum entstehen soll. Doch schon jetzt fürchten Anwohner, die rund um die drei möglichen Standorte leben, dass das Erotik-Zentrum Dealer und Partytouristen anziehen könnte.
Und auch viele Sexarbeiterinnen sind sauer. Der geplante neue Sex-Komplex sei weniger sicher als das heutige offene Rotlichtviertel, sagen sie. Die Frauen fürchten um ihre Sicherheit.
Rund 200 Prostituierte zogen darum kürzlich zum Rathaus, überreichten Halsema eine Petition und forderten: «Hände weg von De Wallen.» Sie wollen angehört werden.
Halsema entgegnet dem, dass die Probleme «nicht von den Sexarbeiterinnen verursacht» würden. Es gehe um den «übermässigen Tourismus und die Kriminalität». Der Interessenverband Red Light United stimmt dem zu, zieht aber andere Schlüsse aus diesem Umstand. Ihr Credo: «Packt die Dealer an, die Touristen – aber nicht die Sexarbeiter.»
Zumindest die britischen Partytouristen sind nun im Visier der Stadt. Sie startete jetzt die Kampagne «Stay Away» – Bleibt weg. In Videos im Internet wird gerade denjenigen, die nur Alkohol trinken und kiffen wollen, empfohlen, sich ein anderes Ziel zu suchen.
Ob das zum Erfolg führt, ist ebenso offen wie der Ausgang der Proteste gegen das Erotik-Zentrum. Die möglichen Standorte versprechen noch für viel Zank zu sorgen: So ist eine Option unter anderem der schicke Süden Amsterdams, gleich in der Nähe des Bankenviertels.
Ein Anwohner, der zuletzt gegen das Zentrum demonstriert, ereiferte sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: «Dann wird unser schönes Viertel überrannt von sexgierigen Fremdgehern.»
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