Ein US-Handelsgericht hat fast alle von US-Präsident Donald Trump erlassenen Zölle für rechtswidrig erklärt. Die betreffenden Zölle müssten vorerst «aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt» werden.
Der Entscheid betrifft fast alle Zölle, die Trump an seinem «Liberation Day» am 2. April verhängt hatte, welcher drastische Kursstürze an den Börsen zur Folge hatte. Auch gegen die Schweiz erlassene Zölle sind demzufolge rechtswidrig.
Die US-Regierung legte umgehend Berufung gegen den Gerichtsentscheid ein.
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Gegen die verhängten Zölle geklagt hatten unter anderem ein Dutzend US-Bundesstaaten vor dem Gericht in New York – zehn von ihnen werden von den Demokraten regiert, zwei von Trumps Republikanern. Auch andere Gegner von Trumps Handelspolitik reichten Klage gegen die Zölle ein. Die nationale Handelspolitik dürfe nicht von Trumps Launen abhängen, hiess es in einem der Anträge.
Auch diverse Unternehmen hatten Klagen gegen Trumps Praktik eingereicht. Sie haben nun auf ganzer Linie Recht erhalten. Das dreiköpfige Richtergremium entschied trotz unterschiedlicher politischer Gesinnung einstimmig, dass die Zölle nicht rechtens seien. Die drei Justizvertreter wurden von unterschiedlichen Präsidenten auf ihren Posten erhoben. Richterin Jane Restani wurde von Ronald Reagan ernannt, Gary Katzmann von Barack Obama und Timothy Reif von Donald Trump selbst, wie CNN berichtete.
Zölle müssen in der Regel vom US-Parlament genehmigt werden – aber in der Praxis kann der Präsident unter bestimmten Voraussetzungen eigenständig Zölle verhängen. Trump argumentiert, dass Handelsdefizite mit anderen Ländern ein nationales Sicherheitsrisiko seien und damit ein nationaler Notstand bestehe.
Mit dieser Begründung verhängte der Republikaner die weitreichenden Zölle per Dekret – und umging in diesem Fall das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war. Das Gericht in New York kam nun zum Schluss, dass dies nicht rechtens ist.
Das Weisse Haus rekurrierte umgehend gegen den Entscheid und schoss erneut scharf gegen die Justiz.
Kush Desai, ein Sprecher des Weissen Hauses, sagte, die Handelsdefizite hätten eine nationale Notlage geschaffen, die amerikanische Gemeinden schwäche, Arbeiter in Nöte bringe und die US-Verteidigungsindustrie geschwächt habe.
Nicht gewählte Richter hätten nicht darüber zu entscheiden, wie man mit einem nationalen Notstand umgehe. «Präsident Trump hat versprochen, Amerika an die erste Stelle zu setzen.»
Auch der einflussreiche Trump-Berater Stephen Miller meldete sich auf X zu Wort. Er schrieb, dass der «Justizputsch ausser Kontrolle geraten» sei.
Trump betont regelmässig, mit den Zöllen Arbeitsplätze zurück in die USA holen und die heimische Produktion ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig trat er in Verhandlungen mit mehreren Handelspartnern und nutzte die Zölle als Druckmittel, um Zugeständnisse zu erzwingen. Dass es sich beim US-Handelsdefizit tatsächlich um einen Notstand handelt, ist nach Ansicht vieler Kritiker ein fadenscheiniges Argument – unter anderem um ein Druckmittel in Verhandlungen mit anderen Nationen zu haben.
Gerade erst hat Grossbritannien einen Handelspakt mit den USA geschlossen, um hohe Zölle abzuwenden. Auch mit China hat die US-Regierung eine Senkung der gegenseitigen Zölle ausgehandelt.
Die US-Regierung hat nun nach dem Urteil zehn Tage Zeit, um «die einstweilige Verfügung dauerhaft umzusetzen». Das würde bedeuten, dass die allermeisten Zölle – auch der universale «Grundzoll» von zehn Prozent – demnächst bereits ausgesetzt werden.
Allerdings ist unklar, ob die US-Regierung dem Urteil Folge leistet. Bereits bei Urteilen zur Abschiebungspraxis hat die Regierung einen Gerichtsentscheid ignoriert. Auf rechtlichem Weg wehrt sich die Trump-Regierung bereits gegen das Urteil und hat Berufung eingelegt. Es ist davon auszugehen, dass der Entscheid des Handelsgerichts den Weg durch die Instanzen nehmen wird. Möglicherweise bis es an den Obersten Gerichtshof gelangt.
Ob die Zölle umgehend aufgehoben werden, ist auch deshalb fraglich, weil ein Berufungsgericht den jetzigen Entscheid sistieren könnte, solange es nicht ein definitives Urteil gibt. Dann würden die Zölle vorerst in Kraft bleiben.
con mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.
Der Autokratiezug nimmt Fahrt auf.