Das Spiel mit der politischen Symbolik beherrscht Donald Trump meisterhaft. Als er am 13. Juli an einer Wahlkampfveranstaltung von einem Attentäter angeschossen wurde, erkannte Trump in Sekundenschnelle die propagandistische Bedeutung dieses Moments. Er reckte die Faust in die Höhe, und die Menge skandierte: «Fight! Fight! Fight!» Die Fotos des blutverschmierten, aber zu allem entschlossenen Trump werden in die Geschichtsbücher eingehen.
Nach dem Attentat auf Donald Trump schien die US-Präsidentschaftswahl praktisch entschieden. Was wollte der schwächelnde Joe Biden seinem Kontrahenten, der sich sogar nach einem Mordversuch vital und kämpferisch zeigte, noch entgegensetzen? Seit Kamala Harris als demokratische Kandidatin in den Ring gestiegen ist, hat sich die Ausgangslage allerdings grundlegend geändert. Laut den neusten Umfragen folgt sie Donald Trump dicht auf den Fersen. Das Rennen bis im November wird knapp.
Während Harris und die Demokraten noch nach schlagkräftigen Mitteln gegen Trumps Hetze und Angriffe auf die Demokratie suchen, sind die Investoren bereits fündig geworden: Sie setzen auf Gold. Sollte Donald Trump nochmals vier Jahre das mächtigste Land der Welt regieren, wollen sie sich mit dem Edelmetall absichern.
«Gold, nicht der Dollar, ist der beste ‹Trump-Trade›», titelte kürzlich die Nachrichtenagentur Bloomberg. Dabei stützte sie sich auf die Einschätzungen von 480 Expertinnen und Experten. Zwei Drittel der Befragten empfehlen Gold, um die Unwägbarkeiten einer Trump-Präsidentschaft zu umschiffen.
Auch der international tätige Edelmetallhändler Heraeus rechnet damit, dass Donald Trump den Goldpreis weiter in die Höhe treiben wird. Er schrieb in einer kürzlich veröffentlichten Lagebeurteilung von einem «Bullen-Szenario», also von steigenden Preisen. Das ist insofern bemerkenswert, als historisch betrachtet die Präsidentenwahl an sich kaum je einen unmittelbaren Einfluss auf den Goldpreis hatte. Das könnte bei Donald Trump aus verschiedenen Gründen anders sein:
Inflation: Die «Trumponomics» werden die Preisentwicklung anheizen. Davor warnten kürzlich sechzehn Wirtschaftsnobelpreisträger in einem offenen Brief. Denn Trumps Wirtschaftsprogramm besteht hauptsächlich aus Zöllen und Steuersenkungen. Der Republikaner möchte beispielsweise breitflächig Importzölle von 10 Prozent einführen, um die amerikanische Wirtschaft abzuschotten. Chinesische Güter sollen gar mit noch höheren Strafen belegt werden. In der Regel treiben Zölle die Preise für ein Endprodukt in die Höhe, weil der Hersteller und Importeure sie an die Kundschaft überwälzen.
Auch im Inland will Trump Druck ausüben, um sein Programm durchzusetzen. Die hohen Leitzinsen, mit denen die unabhängige Notenbank die grassierende Inflation bekämpft, möchte Trump senken. Sie seien ein Nachteil für die US-Wirtschaft.
Hinzu kommt ein weiteres zentrales Wahlversprechen von Trump. Er hat angekündigt, massenhaft illegal Zugewanderte abzuschieben. Diese arbeiten oft in Niedriglohnjobs. Dort würde sich der Arbeitskräftemangel massiv verschärfen – was wiederum die Löhne in die Höhe treiben würde.
Während mit Donald Trumps Wirtschaftsprogramm steigende Preise und Kaufkraftverlust drohen, verspricht Gold den Anlegern eine stabile Wertanlage.
Schwacher Dollar: «Trump mag starke Dinge – starke Männer, starke Grenzen, harte Chinapolitik – aber keine starke Währung», schrieb kürzlich der «Economist». Auch J. D. Vance, ein Aufsteiger aus dem wirtschaftlich abgehängten Industriestaat Ohio und Trumps designierter Vizepräsident, möchte den Dollar als Leitwährung schwächen. So sollen die US-Exporte angekurbelt werden. Sollten Trump und Vance es tatsächlich schaffen, den Dollar weiter abzuwerten (siehe Box), hätte dies wohl eine direkte Auswirkung auf den Goldpreis. Denn das Edelmetall reagiert normalerweise positiv auf einen schwächelnden Dollar.
Geopolitik: Die Wertanlage Gold ist bekannt als sicherer Hafen. Die Anleger flüchten ins Edelmetall, wenn Kriege und Krisen die politischen und wirtschaftlichen Aussichten verdüstern. Das zeigte sich eindrücklich im vergangenen Oktober, als Hamas-Terroristen Israel attackierten. Der Goldpreis kletterte massiv in die Höhe und kratzte am bisherigen Allzeithoch.
Seither ging es noch weiter aufwärts (siehe Grafik). Angesichts der äusserst brenzligen Weltlage ist Gold so gefragt wie nie. Laut neusten Zahlen des World Gold Council ist die globale Nachfrage im zweiten Quartal um 4 Prozent auf 1258 Tonnen gestiegen. Es sei «das stärkste Quartal» seit Erhebung, heisst es im Bericht.
Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, sollte Donald Trump ins Weisse Haus einziehen. Denn er und sein Vize machen keine Anstalten, die geopolitischen Spannungen zu mildern. Im Gegenteil: Trump behauptete, er könne den Ukraine-Krieg «innert 24 Stunden» beenden. Er will offenbar die Ukraine dazu drängen, Gebiete an Russland abzutreten. Und sein Vize J. D. Vance will sich nicht einmal mit Putins Angriffskrieg befassen. Er sagte einst, er interessiere «sich wirklich nicht dafür», was in der Ukraine passiere. (aargauerzeitung.ch)