Wird dieser Mann bald der mächtigste Verleger der Welt?
Mächtige Verleger haben in den USA Tradition. William Hearst beispielsweise brachte es mit seinen Boulevard-Blättern – damals «yellow press» genannt – nicht nur zu einem grossen Vermögen, sondern auch zu grossem Einfluss. Es wird ihm gar nachgesagt, 1897 den Krieg der Amerikaner gegen die Spanier auf Kuba vom Zaun gebrochen zu haben, um die Auflage seiner Zeitungen zu steigern. Seinem Zeichner, der sich in Havanna langweilte, soll er gekabelt haben: «Sie besorgen die Bilder, ich besorge den Krieg.»
Als Medien-Tycoon der Gegenwart gilt Rupert Murdoch. Der gebürtige Australier erbte von seinem Vater ein kleines Imperium, baute es danach in Grossbritannien mit den Skandalblättern «Sun» und «News of the World» aus, um sich schliesslich in den USA mit dem TV-Sender Fox News und dem Boulevardblatt «New York Post» zum mächtigsten Verleger der Welt aufzuschwingen.
Dieser Titel dürfte ihm bald streitig gemacht werden, und zwar von Larry Ellison.
Ellison ist ein Silicon-Valley-Urgestein. Mit 81 Jahren gehört er zur Generation von Steve Jobs und Bill Gates. Sein Vermögen hat er mit Oracle gemacht, dem amerikanischen Vorbild von SAP. Damit ist er sehr reich geworden und könnte sich eigentlich einen geruhsamen Lebensabend gönnen. Davon kann keine Rede sein. Oracle ist einer der grossen Profiteure des KI-Hypes. Das Software-Unternehmen hat soeben einen 300-Milliarden-Deal mit OpenAI, der Firma von Sam Altman, abgeschlossen. Damit ist Oracle «zum heissesten KI-Wert an der Wall Street geworden», wie die «Financial Times» feststellt.
Mehr noch, dank dieses Deals ist der Börsenkurs der Oracle-Aktien geradezu explodiert und hat Ellison kurzzeitig noch vor Elon Musk zum reichsten Mann der Welt gemacht. Derzeit wird sein Vermögen auf gegen 400 Milliarden Dollar geschätzt.
Milliardäre kaufen sich gerne Medien und Sportclubs als Hobby. So erwarb Jeff Bezos die «Washington Post», Marc Benioff das «Time»-Magazin. Damit will sich Ellison nicht begnügen. Er verfügt über ein sehr grosses Ego. Über ihn kursiert der Spruch: «Was unterscheidet Larry Ellison von Gott? Gott glaubt nicht, er sei Larry Ellison.»
Der Oracle-Gründer steigt deshalb nicht hobbymässig ins Medien-Business ein, sondern im grossen Stil. Beim TV-Sender CBS und bei der Filmproduktionsgesellschaft Paramount ist er bereits Mehrheitsaktionär. Diese Unternehmen konnte er gewissermassen mit dem Geld aus seiner Kaffeekasse kaufen. Jetzt will er noch mehr, viel mehr.
Es heisst, dass Ellison jetzt für 80 Milliarden Dollar den Medienkonzern Warner Bros. Discovery erwerben will. Sollte dieser Deal gelingen, wäre er nicht nur Eigner des gleichnamigen Filmstudios, sondern auch von CNN und HBO Max. Vieles spricht dafür, dass Ellison sein Ziel erreichen wird. Er will den Kaufpreis bar auf den Tisch legen. «Schlussendlich wird Warner Bros. Discovery keine andere Wahl haben, als Larrys Geld zu nehmen und sich vom Acker zu machen», schreibt dazu William Cohan in der «New York Times».
Auch die Behörden dürften ihm keine Hürden in den Weg stellen. Schliesslich ist Ellison ein guter Kumpel von Trump.
Bei CBS macht sich dieser Trump-freundliche Kurs bereits bemerkbar. Ellison hat seinen Sohn dort als CEO installiert. Dieser wiederum hat Kenneth Weinstein – einen ehemaligen Trump-Berater – als Ombudsmann eingesetzt. Bari Weiss, eine auf Kritik an der Woke-Kultur spezialisierte Journalistin, soll eine führende Position einnehmen. Marvin Kalb, ein Reporter, der seit 30 Jahren für CBS News tätig ist, erklärt in der «Financial Times», die Journalisten seien «extrem verunsichert».
Bisher hat Fox News ein Quasi-Monopol für die konservativen Zuschauer. Werden CBS und CNN miteinander verschmolzen und auf Rechtskurs getrimmt, dann entsteht eine ernsthafte Konkurrenz zum Murdoch-Sender. Ellison streckt jedoch seine Fühler auch auf die sozialen Medien aus. Zusammen mit dem Wagniskapitalisten Marc Andreessen soll er auch 80 Prozent des Aktienkapitals von ByteDance, der Muttergesellschaft von TikTok, übernehmen.
Der Kongress und der damalige Präsident Biden haben längst verfügt, dass das chinesische Unternehmen entweder in amerikanische Hände überführt oder verboten werden müsse. Trump hat dieses Verdikt bisher ignoriert. Mit Ellison und Andreessen hat er nun eine ideale Lösung gefunden.
Für die Entwicklung der amerikanischen Medien braut sich so etwas Ungutes zusammen. Die Entlassung der Comedians Stephen Colbert und Jimmy Kimmel ist wohl bloss der Auftakt zu einer massiven Säuberung, denn auch aus dem Weissen Haus wächst der Druck. Trump will, was Wladimir Putin und Viktor Orban bereits haben: willfährige Medien. Dem Präsidenten genügt es nicht mehr, kritische Journalisten als «Feinde des Volkes» zu beschimpfen. Er will sie mundtot machen.
Bereits werden deshalb Vergleiche zur McCarthy-Ära in den Fünfzigerjahren gezogen. Damals herrschte eine geradezu hysterische Angst vor Kommunisten, verbunden mit einer massiven Einschüchterung von Wissenschaftlern, Künstlern und Journalisten. Diesmal könnte es gar noch schlimmer kommen. Erwin Chemerinsky, Rechtsprofessor an der University of California, erklärt dazu in der «Financial Times»: «In der McCarthy-Ära war es nicht der Präsident, der seine enorme Macht für Vergeltung und Strafe einsetzte, wie wir es jetzt erleben. So etwas wie heute haben wir noch nie erlebt.»
