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US-Zölle: EU pausiert Gegenmassnahmen für 90 Tage

epa12022159 EU Commission President Ursula von der Leyen gestures during her meeting with the Ukrainian prime minister in the EU Commission building in Brussels, Belgium, 10 April 2025. EPA/OLIVIER MA ...
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, am 10. April 2025 in Brüssel. Bild: keystone

«Wollen Verhandlungen eine Chance geben»: EU pausiert Gegenzölle auf US-Produkte

10.04.2025, 12:5510.04.2025, 16:44
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Teile des Welthandels bekommen voraussichtlich eine Atempause von 90 Tagen: Nach der angekündigten Zollpause der USA setzt auch die EU einige Sonderzölle vorerst nicht in Kraft. In einer kurzen Stellungnahme kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, erst tags zuvor beschlossene Gegenmassnahmen für knapp drei Monate auf Eis zu legen.

Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump nach grossen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Dabei geht es um Strafabgaben, die sich am Handelsdefizit der jeweiligen Länder orientieren - ausgenommen ist China.

Verhandlungen eine Chance geben

Von der Leyen teilte mit: «Wir haben die Ankündigung von Präsident Trump zur Kenntnis genommen. Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben.» Die EU-Gegenmassnahmen seien von den Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt worden, sollen aber für 90 Tage ausgesetzt werden. Eigentlich hätten erste Massnahmen kommende Woche angewendet werden sollen.

Von der Leyen betonte: «Wenn die Verhandlungen nicht zufriedenstellend verlaufen, werden unsere Gegenmassnahmen in Kraft treten.» Zudem liefen Vorbereitungsarbeiten für weitere Gegenmassnahmen. Alle Optionen lägen auf dem Tisch.

Wenig klare Antworten auf Nachfragen

Auf Nachfragen von Journalistinnen und Journalisten zur Erfolgsaussicht von Verhandlungen mit den Amerikanern blieb die EU-Kommission vage. «Wir werden an dieser Stelle keine näheren Angaben darüber machen, was wir den Amerikanern sagen oder nicht sagen», betonte ein Sprecher der Behörde. Die EU-Kommission ist dafür zuständig, die Verhandlungen in Handelsfragen für die Staatengemeinschaft zu führen.

Der Kontakt zur US-Seite sei im Gange, so die Kommission. Derzeit seien zwar keine persönlichen Treffen vorgesehen, «aber das kann sich kurzfristig ändern», sagte der Sprecher. Auf die Frage, ob es Signale der Amerikaner gebe, die auf eine Verhandlungslösung hindeuteten, gab es keine Antwort.

Abgaben auf Jeans, Motorräder und Lebensmittel aus den USA

Die EU-Staaten hatten eigentlich am Mittwoch den Weg für erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent als Reaktion auf die von Trump angeordneten Zölle freigemacht. Ab Mitte April sollten unter anderem Sonderabgaben für Jeans und Motorräder aus den USA greifen.

Weitere Gegenzölle sollten Mitte Mai und Ende des Jahres erhoben werden - was unter anderem Lebensmittel wie Rindfleisch, Geflügel und Zitrusfrüchte wie Orangen und Grapefruits betroffen hätte.

Diese EU-Massnahmen sind eine Reaktion auf bereits in Kraft getretene US-Zölle auf Stahl- und Aluminium, die - nach allem was bekannt ist - auch weiterhin bestehen bleiben. Die EU hat sie eigenen Angaben zufolge trotzdem zurückgenommen, weil sie sich davon ein 90-tägiges Verhandlungsfenster erhofft.

Auch Sonderabgaben auf Autos - unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen - sind wohl weiter in Kraft. Allerdings lieferte die US-Regierung nur spärliche Informationen zu Trumps unerwarteter Kehrtwende und stiftete mit ihrer Kommunikationspolitik einige Verwirrung.

Eskalation mit China

Dabei geht Trump mit zusätzlicher Härte gegen China vor und erhöht die Abgaben auf chinesische Einfuhren weiter. Damit spitzt sich der Handelskonflikt zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften dramatisch zu. Während Trump anderen Ländern eine zumindest teilweise Atempause bescherte, erhöhte er den Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung noch einmal - von 104 auf 125 Prozent.

Als Antwort auf eine vorherige US-Zollerhöhung in Höhe von 50 Prozent hat Peking am Donnerstag Gegenzölle im gleichen Umfang in Kraft gesetzt - die Sonderzölle auf alle US-Einfuhren betragen damit 84 Prozent. Offen ist bislang, ob Peking seinerseits mit einer weiteren Zoll-Steigerung auf Trumps jüngsten Vorstoss reagiert.

Die Pekinger Filmaufsichtsbehörde teilte nach der jüngsten Eskalation mit, man werde die Zahl der importierten US-Filme «moderat reduzieren», berichtete der Staatssender CCTV. Die «unrechtmässige» Verhängung von Zöllen durch die US-Regierung gegenüber China werde «unweigerlich die Beliebtheit amerikanischer Filme beim heimischen Publikum weiter verringern», zitierte CCTV einen Sprecher der Behörde. Stattdessen sollen vermehrt Filme aus aller Welt gezeigt werden. (awp/sda/dpa)

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27 Kommentare
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Haarspalter
10.04.2025 14:21registriert Oktober 2020
Angst und Schrecken verbreiten.

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Erpressen.

Deals erzwingen.

Was Trump veranstaltet, ist nichts anderes als:

Internationaler Wirtschaftsterrorismus.
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«Die Schweiz ist nicht wichtig genug»
39 Prozent Zölle sollen Schweizer Firmen, die in die USA exportieren, künftig zahlen müssen. Ein Experte ordnet ein, warum ausgerechnet die Schweiz so kräftig zur Kasse gebeten wird – und was jetzt zu tun ist.
Die Schweiz hat damit geliebäugelt, zu denjenigen Ländern zu gehören, die einen Deal mit den USA erzielen. Stattdessen gehört die Schweiz nun zu den Ländern, für die die höchsten Zölle gelten. Warum wird die Schweiz abgestraft?
Stefan Legge:
Ich glaube nicht, dass die USA die Schweiz abstrafen wollten. Wenn Trump die Schweiz wirklich hätte abstrafen wollen, dann ist er eher dafür bekannt, dass er zu runden Zahlen greift und einen Zoll von 40 oder 50 Prozent verhängt hätte. Die 39 Prozent deuten für mich eher darauf hin, dass da tatsächlich irgendetwas gerechnet wurde.
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