Am Dienstagabend hat Donald Trump nicht nur die Diskussion von führenden Köpfen seiner Grand Old Party bei Sean Hannity verfolgt, er warf immer wieder auch einen Blick auf die Kursentwicklung der zehnjährigen US-Staatsanleihen, der Treasury Bonds, meist T-Bonds genannt. Was er sah, gefiel ihm nicht. Die Rendite der T-Bonds explodierte, gleichzeitig wurden sie massenhaft auf den Markt geworfen. «Den Leuten wird es offenbar ein bisschen mulmig», erklärte Trump tags darauf.
Es gibt mehr als gute Gründe, nervös zu werden, wenn die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen explodiert und sie gleichzeitig liquidiert werden. T-Bonds sind der tragende Pfeiler des internationalen Finanzsystems. Sie sind das finanzielle Rückgrat von Banken und Hedgefonds. Nicht nur in den USA. Ausländische Investoren sollen gemäss Angaben des US-Finanzministeriums im Januar T-Bonds im Wert von 8,5 Billionen Dollar gehalten haben, die meisten von ihnen befinden sich übrigens in japanischen und chinesischen Händen.
Wie der Schweizer Franken und Gold sind T-Bonds auch der Schutzschild, unter den Investoren in unsicheren Zeiten flüchten, nur ist dieser Schutzschild sehr viel grösser. Die USA sind ihren Verpflichtungen selbst in den wildesten Zeiten stets nachgekommen. Bisher war es deshalb ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Kurse der T-Bonds steigen, wenn die Aktienkurse fallen.
In dieser Woche ist dieses Gesetz über den Haufen geworfen worden. Das Vertrauen in die T-Bonds hat sich verflüchtigt. Lawrence Summers, Finanzminister unter Präsident Bill Clinton, postete auf X: «Dieses unübliche Verhalten legt den Verdacht nahe, dass es eine generelle Abneigung gegen amerikanischen Vermögenswerte in den globalen Finanzmärkten gibt. Wir werden von den globalen Finanzmärkten wie ein Entwicklungsland behandelt».
Andere Finanzexperten gingen gar noch weiter. Ed Yardeni von Yardeni Research, erklärte: «Die Anleihen-Wächter wollen uns signalisieren, dass die Trump-Regierung mit flüssigem Nitroglyzerin spielt.»
Die massenhafte Liquidation von T-Bonds kann auch ein Zeichen dafür sein, dass sich einzelne Banken und Hedgefonds in Schwierigkeiten befinden. Weil ihre riskanteren Vermögenswerte massiv an Wert verloren haben, müssen sie die sicheren Anleihen verflüssigen, um so ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wer jedoch ans Eingemachte muss, für den ist ein Bankrott meist nicht mehr weit, und Pleiten in der Finanzwelt können eine Kettenreaktion mit unschätzbaren Folgen auslösen.
In Zeiten finanzieller Unruhen richten sich die Blicke primär auf die Aktienkurse. Viel bedeutender ist jedoch, was sich auf dem Anleihen-Markt abspielt. Das musste zuletzt die englische Premierministerin Liz Truss erfahren. Sie wurde nach nur 40 Tagen aus dem Amt gekippt, weil sie den britischen Bond-Markt gegen sich aufbrachte.
Damit muss Trump nicht rechnen. Doch dass er nun eingeknickt ist und seine reziproken Zölle für 90 Tage aufs Eis legt – ausser gegenüber China – zeigt, dass auch er jetzt begriffen hat, weshalb James Carville, der ehemalige Wahlkampfmanager von Bill Clinton, einst erklärt hatte, im nächsten Leben wolle er als Anleihen-Markt auf die Welt kommen, denn dieser sei noch mächtiger als der amerikanische Präsident.
Es war indes nicht nur der Bond-Markt. Trump musste auch zur Kenntnis nehmen, dass sein Zoll-Wahnsinn nicht mehr widerspruchslos hingenommen wird. So warnte beispielsweise Jamie Dimon, der CEO von JP Morgan und derzeit einflussreichster Banker an der Wall Street, vor einer bevorstehenden Rezession. Selbst in den Reihen der Republikaner wurde gedämpfte Kritik laut, und die Umfragewerte von Trump rasselten in den Keller, vor allem was seine Wirtschaftskompetenz betrifft.
Nur noch die Hardcore-Trump-Fans wie sein wirtschaftlicher Berater Peter Navarro und die Moderatoren bei Fox News jubeln derzeit ob des Rückzugs des Präsidenten und lobpreisen seine «Art of the Deal». Sonst hagelt es Kritik. «New York Times»-Kolumnist Thomas Friedman beispielsweise spricht spöttisch von einer «Art of the Squeal» (Kunst des Quietschens).
Die Waffenruhe bedeutet keineswegs das Ende des Handelskrieges, denn die Zölle gegen China bleiben nicht nur in Kraft, sie sind mittlerweile auf 125 Prozent geklettert. China ist oder war bisher ein bedeutender Handelspartner der USA. Nicht nur Pinguine leben dort, sondern rund 1,4 Milliarden Menschen. Ein Handelskrieg zwischen der grössten und der zweitgrössten Volkswirtschaft wird auch den Rest der Weltwirtschaft beeinflussen.
Zudem hat Trump nicht alle Zölle auf Eis gelegt. Der generelle Zoll in der Höhe von zehn Prozent für alle bleibt, ebenso die 25-Prozent-Strafzölle auf den Import von Autos und Auto-Bestandteile. Die Schweiz muss zudem fürchten, dass Trump seine Drohung, auch Pharma-Produkte und Chips mit Zöllen zu belegen, wahrmachen wird.
Der Verdacht wächst, dass Trump sich mit seinem Handelskrieg gegen China selbst ins Knie schiesst. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Peking einknicken wird. Vielmehr werden Xi Jinping und die Seinen die Chance nutzen, China als verlässlichen Gegenpart zu den USA darzustellen. Anstatt den Westen gegen China zu vereinen, hat Trump es geschafft, alle gegen sich aufzuhetzen und in die Arme von Peking zu treiben.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Ehren. Sie hat am Mittwoch tatsächlich mit Trump telefoniert. Der Einfluss dieses 25-minütigen Gesprächs darf jedoch nicht überschätzt werden. Dass es Trump zum Umdenken bewogen haben soll, ist schlicht lächerlich. Es war einmal mehr der Anleihen-Markt, der den US-Präsidenten zur Räson gebracht hat. Oder, wie das «Wall Street Journal» kommentiert:
Seit heute: Ich kenne mich besser mit Bonds aus, als James Bond selbst und wir hatten nie ein besseres bonding als zu meiner Amtszeit. Bondage ist sozusagen meine natürliche Berugung.
Nur schon die Vorstellung davon ist lächerlich. Weder Karen noch Donnie verstehen auch nur annähernd genug vom Finanzsystem. Ganz abgesehen davon, dass sich Donnie wohl einen Deut um Karens Meinung schert.