Der 29. September ist ein denkwürdiger Tag. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Land of the Free, wendet sich in der wichtigsten politischen Debatte des Jahres direkt an eine rechtsextreme Organisation und bittet sie, Abstand zu nehmen – aber auch, sich bereitzuhalten. Denn irgendjemand müsse ja etwas gegen die Antifa und die Linke unternehmen. Seine konkreten Worte waren:
Der Präsident der mächtigsten Streitmacht der Welt ermutigt also rechtsextreme Schläger, sich bereit für den Einsatz gegen den politischen Gegner zu machen.
Doch wer sind diese Proud Boys überhaupt?
Die Proud Boys sind eine noch sehr junge Gruppierung. Sie wurden 2016 vom in England geborenen Kanadier(!) Gavin McInnes gegründet. McInnes war 1994 ebenfalls einer von drei Mitbegründern des «Vice Magazines» und galt in dieser Zeit als Vorzeigehipster in New York.
2008 wurde er aufgrund kontroverser Bemerkungen aus dem Magazin gedrängt. Danach fiel er immer wieder mit radikalen und diskriminierenden Ansichten auf. Vor allem der Feminismus hatte es ihm angetan. 2017 sagte er in der nach ihm benannten Show: «Der Grund, weshalb ich ein Sexist bin, ist, weil Frauen dumm sind ...»
Wegen diverser Hassreden und Aufrufen zu politischen Gewalttaten wurden McInnes' Accounts auf Twitter, Facebook, Instagram und YouTube gelöscht.
Die Proud Boys verstehen sich als lose Gemeinschaft. Wie die Hells Angels sind sie in «Chapter» mit gemeinsamen Interessen organisiert. Verschiedene Organisationen stuften sie als extremistisch und / oder als Hass-Gruppierung ein. Unter anderem auch das FBI, das seine Einschätzung später aber auf einige Mitglieder der Gruppe reduzierte. Das und ein Prozess gegen neun Mitglieder brachte McInnes dazu, die Proud Boys wieder zu verlassen.
Gewalt ist Programm: Über das Aufnahmeritual wird berichtet, dass Anwärter «im Sinne der Sache» eine Schlägerei anzetteln müssen. Der Einsatz von Gewalt gegen den politischen Feind wird immer wieder gefordert – und praktiziert. Vor allem bei Demonstrationen. Diverse Mitglieder wurden dafür bereits verurteilt.
Obwohl die Proud Boys immer wieder mit beleidigenden Aussagen in alle Himmelsrichtungen auffallen, liegt das Hauptaugenmerk der Gruppe offiziell darin, «westlichen Chauvinismus zu pflegen». Neben dem Feminismus werden vor allem der Islam und dessen Anhänger kritisiert.
Die Verschleierungs-Taktik der Gruppe besteht darin, Rassismus, Homophobie oder Nationalismus offiziell abzulehnen, nur um in Diskussionen und Demonstrationen rassistisch, homophob oder anderweitig diskriminierend aufzutreten. So bezeichnete McInnes Transgender-Menschen als «geistig kranke Homosexuelle» und als «Gender–N***r». «Der Western-Chauvinismus-Spruch ist nur PR», erklärte Neonazi Brian Brathovd in seinem Podcast. «Ich garantiere dir, 90 Prozent von denen finden, Hitler tat gut daran, die Juden zu vergasen.»
Neben dem Islam und dem Feminismus ist vor allem die «Black-Lives-Matter»-Bewegung den Proud Boys ein Dorn im Auge. Frauen sind nicht erlaubt. Sie haben ihre eigene Organisation. Die «Proud Boys' Girls».
Vor allem in Miami zählen sich auch zahlreiche Latinos zu den Proud Boys. Sie stellen sogar den aktuellen Vorsitzenden, einen gewissen Enrique Tarrio. Seinen Online-Versand registrierte er allerdings unter dem Namen Henry Tarrio.
Obwohl die Proud Boys bei diversen Demonstrationen als Gewalttäter auffielen und dafür verhaftet und auch verurteilt wurden, existiert neben der eigentlichen Gruppierung noch die paramilitärische Unterorganisation Fraternal Order of the Alt-Knights.
Sie wurde von Kyle Chapman (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen rechtsextremen Neuseeländer) gegründet. Chapman erlangte in Alt-Right-Kreisen Berühmtheit, weil er bei gewalttätigen Auseinandersetzungen besonders mutig und rücksichtslos auftrat.
Ein Foto von ihm in voller Kampfmontur machte ihn zur Ikone. Nachdem er an einer Demonstration in Berkeley 2017 einem Vermummten eine Holzlatte über den Kopf schlug, so dass diese zerbrach, erhielt er den Spitznamen «Based Stickman». Von Chapman existieren diverse Videoaufnahmen und sogar «Best-Ofs». Er wird in der rechten Szene wie ein Held verehrt.
Wie viele Proud Boys in den USA existieren, ist nicht bekannt. Nach Trumps «endorsement», nach seiner Billigung, dürften es ein paar mehr sein.