Wladimir Putin muss nicht besonders weit reisen, wenn er das Gebiet der Russischen Föderation verlassen und das Territorium der Vereinigten Staaten betreten will. Auf lediglich 85 Kilometer trennt die Beringstrasse Russland und die USA voneinander. Im US-Bundesstaat Alaska will US-Präsident Donald Trump am kommenden Freitag den russischen Präsidenten treffen – und über die Zukunft der Ukraine sprechen.
Seit 2014 ist die Ukraine bereits Ziel der neoimperialen Aggressionen Moskaus, seit 2022 führt Russland einen offenen Angriffskrieg gegen das Land. Angesichts der pseudohistorischen Argumente, mit denen Wladimir Putin und sein Regime den Krieg gegen die Ukraine rechtfertigen wollen, ist Alaska ein brisanter Treffpunkt. Denn auch der heutige 49. US-Bundesstaat gehörte einst zu Russland. Eine Tatsache, die Moskauer Propagandisten nicht müde werden zu betonen.
«Alaska gehört uns!», hiess es 2022 auf Plakaten in der russischen Stadt Krasnojarsk, das US-Magazin «Newsweek» berichtete. Wjatscheslaw Wolodin, Sprecher des russischen Parlaments und Putin-Intimus, befand die Rückgabe Alaskas und Russland für angemessen angesichts der westlichen Sanktionen gegen das aggressive Russland. Wladimir Solowjow, TV-Moderator und eifriger Kreml-Propagandist, erklärt seinen Zuschauern ebenso, dass Alaska doch eigentlich wieder Russland gehören müsste. Doch da irrt die Propaganda des Kremls gründlich. Russisch-Amerika war bereits 1867 Geschichte.
Wie kam Russland einst überhaupt in den Besitz Alaskas? Das hatten die Zaren einem Dänen zu verdanken, Vitus Bering hatte in russischen Diensten seit 1733 die «Grosse Nordische Expedition» angeführt. Die Beringstrasse ist nach ihm benannt, seiner Expedition gelang der Nachweis, dass Asien und Nordamerika nicht durch eine Landbrücke verbunden sind.
Das neu entdeckte Alaska jenseits der Beringstrasse sollte fortan ausgebeutet werden, Pelzjäger aus Russland gingen dabei brutal gegen die indigene Bevölkerung vor. Auf den Aleuten nahmen die Pelzjäger etwa Geiseln bei den Ureinwohnern und erpressten so Pelze, wie der Historiker Henner Kropp in seinem Buch «Russlands Traum von Amerika. Die Alaska-Kolonisten, Russland und die USA» berichtet.
Seit 1799 sollte die Russländisch-Amerikanische Kompagnie (RAK) die Ausbeutung Alaskas leisten. «Um die Jahrhundertwende gab es mehr als ein Dutzend russischer Niederlassungen in Russisch-Amerika», bilanziert Historiker Kropp die Situation beim Gründungsjahr der ROK. Diese Zahl täuscht derweil auf den ersten Blick darüber hinweg, wie die Lage in dem unwirtlichen Land tatsächlich war: ziemlich bescheiden.
«Im Mittel befanden sich zwischen den 1780er-Jahren und 1867 wohl circa 500 aus Russland stammende Menschen in Alaska», so Historiker Kropp. Anders ausgedrückt: Mehr als ein paar Hundert Untertanen des Zaren im fernen Sankt Petersburg haben sich nie in Alaska aufgehalten. Und wer dort war, dem ging es nicht besonders gut. «Ich fand hier 200 Russen und mehr als 300 Aleuten ohne jegliche Nahrungsmittel und Vorräte», notierte der aus Russland kommende Nikolai Resanow über die Zustände im Ort Sitka 1805.
Um Hunger und Mangel in Alaska abzuschaffen, gründete die ROK schliesslich 1812 in Kalifornien eine Niederlassung: Fort Ross nördlich von San Francisco. Wiederum sollten die Indigenen ausgeplündert und benutzt werden, wiederum war das Unternehmen ein Fehlschlag. 1840 ging Fort Ross an einen kaufwilligen Schweizer. Fort Ross hatte die russischen Ambitionen in Alaska nie ausreichend mit Proviant unterstützen können.
Alaska selbst blieb noch einige Jahrzehnte länger bei Russland, es brauchte erst einen externen Schock, der zu einem Umdenken in Sankt Petersburg führte: 1856 erlitt Russland im Krimkrieg gegen Briten und Franzosen eine fatale Niederlage, Zar Alexander II. wollte das reaktionäre Land zukünftig reformieren. Etwa durch die Befreiung der bis dahin leibeigenen Bauern und den Verkauf Alaskas. «Mit dem fernen und unwirtlichen Alaska war man in Sankt Petersburg nie wirklich warm geworden», schreibt Henner Kropp.
Aber wer sollte Alaska und die russischen Ansprüche darauf erwerben? Grossbritannien, der Gegner im Krimkrieg, kam kaum infrage. Da das Inselreich schon Kanada besass, wäre es mit dem Erwerb Alaskas ganz nahe an Russland gerückt. So fiel die Wahl auf die Vereinigten Staaten, die kaufwillig waren. 7,2 Millionen Dollar liess sich Washington Alaska kosten, der Wille der Indigenen in Alaska waren Russland und den USA einerlei.
US-Aussenminister William H. Seward war die treibende Kraft des Kaufs gewesen, angesichts der später entdeckten und bis heute ausgebeuteten Bodenschätze Alaskas erwies sich die Transaktion als glänzender «Deal», wie es Donald Trump wohl ausdrücken würde. Aus russischer Sicht schloss Alexander II. damals hingegen ein historisch schlechtes Geschäft: Denn nicht allein Alaskas Reichtum an Bodenschätzen, sondern seine geopolitische Lage würden Russlands Einfluss im pazifischen Raum noch weiter deutlich erhöhen.
So wird sich nun die Zukunft der Ukraine möglicherweise am fernen Pazifik entscheiden. Die Geschichte Alaskas demonstriert, dass ein Land – und seine Bewohner – zum Spielball zwischen den Mächten werden können und ihr Schicksal am Ende nur eine Frage des Preises ist. Verbalattacken von russischen Politpropagandisten, die Alaska zurückfordern, entgegnete Mike J. Dunleavy, Alaskas Gouverneur, übrigens frühzeitig: «An die russischen Politiker, die glauben, dass sie Alaska zurückerobern können: Viel Glück!»
Verwendete Quellen:
Das tönt irgendwie bekannt und man fragt sich, was der aktuelle Zar in einigen Jahren wohl verkaufen muss.
Kalifornien gehört zur Schweiz, quasi ein Überseekanton.
Sofort zurückfordern. Alternativ , zölle runter auf 0.
Spass beiseite, würde mich interessieren was aus dem Mann wurde. Kalifornien kam 10 Jahre später zur USA.
Und der einzige der zu dem Zeitpunkt ein Fort besaß war ein Schweizer.
Genial