Leben
Blogs

Emma Amour: Lasst uns über Liebe und Insta lästern!

Bild
bild: shutterstock / watson
Emma Amour

Lasst uns über Liebe und Insta lästern!

Ich mach den Anfang: Mich nerven Paare, die ständig happy Pärli-Pics, deepe Sprüche und ganz grosse Liebesschwüre mit der Welt teilen.
14.04.2023, 10:04
Mehr «Leben»

Mir ist sehr bewusst, dass ich mit folgenden Zeilen dem ein oder anderen «Wir» ans Bein, nein, an die Beine pinkle. Aber ich muss. Weil mein Ärger real und meine Fragen echt sind.

Lasst mich rasch ausholen: Neulich lerne ich beim Yoga Lara kennen. Das mit Lara und mir ist Liebe auf den ersten Blick. Nach der dritten Lektion, vor und nach der wir noch lange zusammen schwatzen, gehen wir auf ein Bier.

Während wir so da am Tresen sitzen und uns aus unseren Leben erzählen, zückt sie das Handy und macht 1758 Selfies von uns. Dann hantiert sie mit vielen Filtern, schneidet das beste Pic am besten zu und fragt, ob sie es posten darf.

Ich bin kein Instagram-Mensch. Ich bin auch kein Twitter-, kein TikTok- und auch kein Facebook- und Weiss-der-Gugger-was-es-noch-gibt-Mensch.

Ob sie mich taggen darf. Ja, ja. Soll sie.

Wieso diese Hochhebe-Bilder?

Wir reden weiter. Lara checkt aber ständig, ob und wie viele Likes, und vor allem von wem, sie schon für unser Bild bekommen hat.

Nachdem wir uns verabschieden, setze ich mich in den Bus und tue, was ich halt so tue, wenn ich auf Instagram bin: Ich stalke Profile. Aktuell gerade das von Lara. Wobei, nein, es ist Laras und Stefanos Account. Ich bin nicht ganz sicher, ob es sich offiziell um einen Pärli-Account handelt, aber hier hat's zig Bilder von den beiden.

Wir sehen Lara und Stefano am Strand, am Weihnachtsmarkt, beim Städtetrip, in den Bergen, daheim vor dem Schwedenofen, beim Sonntagsspaziergang am See, beim Dinner-Date, beim Rumalbern mit irgendeinem Hund und dann gibt's noch ganz viele Bilder, auf denen Stefano Lara hochhebt.

Ich weiss nicht, warum man das macht. Warum man seine Liebe zur Schau stellt. Warum man schon fast passiv-aggressiv allen sein Liebesleben aufdrängen muss. Ausserdem frage ich mich, wieso man will, dass der Boss, der Hausabwart, der Nachbar, der Ex, you name it, all diese Fotos sehen.

Das Konto ist nämlich öffentlich. Je mehr dieses Leben sehen, umso besser also.

Warum?

Sandro will Beas Brüste!

Es sind aber nicht nur die Fotos, die mich irritieren, da ist noch mehr, das partout nicht meins ist: Liebeserklärungen en masse. «You are my everything» ist noch das Harmloseste. Da sind ganze Gedichtbände niedergeschrieben. Soulmate, Herzmensch, best man ever, my love, my life, my blablabla.

Am letzten Valentinstag schenkte er ihr ein Wohnzimmer voller Herzballons, eine Kette mit einem Herzanhänger mit seinem Foto drin. Und Lara: «Oh Gosh, how much I love you, best man ever.»

Ich frage mich: Ist Englisch deeper als Deutsch?

Und dann frage ich mich: Bin ich ein Arschloch, weil ich all das oberpeino finde? Weil ich es verurteile? Weil ich gar einen Schritt weiter gehe und mich frage, ob ich neidisch bin?

Sandro ist nicht mal auf Instagram. Und auf meinem Account hat es gerade mal drei Fotos. Das eine von mir, das mich als Achtjährige im selber gemachten Pippi-Tenue von meiner Mutter zeigt. Das zweite Bild ist meine Küche als Schlachtfeld, als mir mal zuerst ein Glas Honig zu Boden fiel und kurz danach auch noch die Schüssel Mehl.

Das dritte Foto ist von meinem Velochörbli, nachdem das Velo eine Nacht an der Langstrasse gestanden hatte. Darin hatte es Bierdosen (halb voll), Nastücher, ein (gebrauchtes?) Kondom und ein paar Flyer.

Fertig Instagram.

Und auch ein bisschen fertig mit meiner frisch aufkeimenden Liebe für Lara.

Ich zeige Sandro Lara und Stefanos Account. Er guckt husch drüber, sagt, dass ich mit denen kein Pärli-Date abmachen soll und dann reisst er mir das Handy aus der Hand. Er landet auf Beatrice Eglis Profil. Daraus, dass er maximal auf die Gute (und ihre Brüste) steht, macht er kein Geheimnis.

Ich muss lachen.

Das sind wir. Wir und Instagram. Ein Threesome mit Egli.

Im Affekt mache ich ein Selfie von uns. Und in ebendiesem Affekt stelle ich das Resultat tatsächlich auf Instagram. Ohne deepen Spruch. Ohne Hashtag. Ohne Hintergedanken.

Kurz darauf eine Nachricht auf WhatsApp. Sandros Schwester will wissen, ob «bei euch alles gut?» ist. Cleo schickt ein Fragezeichen. Und Sandros Kumpel ein «WTF».

Derweil kommt das erste Like, na, vom wem wohl?

Spoiler: Es ist nicht von Papa Bruno. Obwohl dieser auf Instagram ist.

Ich ertappe mich dabei, dass ich alle zehn Minuten Likes checke. Und leicht beleidigt bin, dass diese nicht über den einstelligen Bereich kommen. Nach zwei Stunden lösche ich den Post wieder. Das Selfie hängt nun an meiner Pinnwand in der Küche. Da macht es die glücklich, die es glücklich machen soll: mich. Und Sandro. Wobei, nein, der hat kein Auge für Wandschmuck. Also mich. Gut so.

Zurück im Yoga will Lara nun ein paar Fotos auf der Matte machen, während wir Paar-Übungen machen. Sie hat eigens dafür Stefano mitgenommen. Der Yoga notabene hasst.

Ich bleib dabei. Ich schnall dieses Liebe-auf-Insta-zur-Schau-Stellen nicht.

Ihr?

(#nobadfeelings)

Du denkst, Yoga sei kein Sport? Dann schau dir mal diese unglaublichen Bilder an

1 / 37
Du denkst, Yoga sei kein Sport? Dann schau dir mal diese unglaublichen Bilder an
Diese unglaublichen Szenen talentierter Yoga-Athleten entstanden alle in London und New York.
bild: dukas
quelle: catersnews / / 1193313
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Very good, very good, yeah – Nico schickt Marco zum Lachyoga

Video: watson
Bild
bild: watson
Emma Amour ist ...
... mittlerweile 40 Jahre alt, hat es nach tausend Jahren des Hin und Hers tatsächlich geschafft, eine Beziehung mit Suff-SMS-Sandro nicht nur einzugehen, sondern sie sogar mehr oder weniger stabil zu führen! Emma wohnt im Zürcher Kreis 5 (wahrscheinlich für immer) und Sandro im Kreis 3. Zusammenziehen wollen sie nicht, aber sag niemals nie – ausser zu seinem Bierdosenberg, dazu sagt Emma ganz klar «nie in meiner Hütte». In diesem Blog nimmt euch Emma mit in ihr Beziehungsleben und plaudert alles aus, selbst die schlechten Seiten – wohl wissend, dass Sandro mitliest. I love you, SSMSS! Also lehnt euch zurück und geniesst die etwas *erwachsenere Emma!

*Ein bisschen Spass, ihr wisst schon …!
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
160 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
BubiEifach
14.04.2023 10:37registriert November 2019
Bin mit dem Inhalt grundsätzlich einverstanden und mag dieses übertriebene Verliebtsein in der Öffentlichkeit und auf Socail Media auch nicht wirklich. Aber die Frage stellen, ob Englisch deeper als Deutsch ist und dann selber ausdrücke wie "Pic", "you name it" und "threesome" verwenden.

Ein bisschen cringe, isn't it?
2115
Melden
Zum Kommentar
avatar
lö_
14.04.2023 10:29registriert Juni 2018
Du ertappst dich, wie du alle zehn Minuten Likes checkst und beleidigt bist dass diese nicht über den einstelligen Bereich kommen.

Das ist die Antwort auf deine Frage(n) warum Leute sowas tun 🤷‍♂️

Ablenkung, Anerkennung, Glückshormone… all diese chemischen Cocktails die unser Hirn oder Ego ständig braucht.

Aber warum man das Bier nicht fertig austrinkt, diese Frage beschäftigt mich jetzt wirklich…
1662
Melden
Zum Kommentar
avatar
wydy
14.04.2023 10:18registriert Februar 2016
Irgendwie glaube ich nicht, dass der Valentinstag mit dem Wohnzimmer voller Herzballons und eine Kette mit einem Herzanhänger die Idee von Stefano war. Der hatte daran wahrscheinlich genauso Spass wie beim Yoga.
1152
Melden
Zum Kommentar
160
Jetzt regt sich Widerstand – das Wichtigste zu den «Sugus-Häusern» in 5 Punkten
Die Kündigungen in den Zürcher «Sugus-Häusern» haben eine breite öffentliche Debatte ausgelöst. Am Wochenende demonstrierten 1000 Personen gegen den drohenden Rauswurf. Der aktuelle Stand der Dinge in 5 Punkten.

Die Kurzversion geht so: Die drei Sugus-Häuser an der Neugasse 81, 83 und 85 in Zürich werden totalsaniert. Anfang Dezember erhielten deswegen alle 105 Mietparteien Kündigungen per Ende März 2025.

Zur Story