«Loyal» oder «schwach»? Nina Anhan hält zu Ehemann Haftbefehl
Victoria Beckham ist bei Ehemann David geblieben, obwohl er fremdgegangen sein soll. Beyoncé veröffentlichte ihre Wut über Ehemann Jay Zs Seitensprung in einem Album, trennte sich aber trotzdem nicht. Und Jon Bon Jovis Ehefrau Dorothea wird gerne als seine grosse Liebe beschrieben, die auch während seiner wildesten Rockstar-Zeiten zuhause auf ihn wartete. Würde man es selbst anders machen? Vielleicht.
Meine Mama hat mir mal erzählt, dass sie meine Grossmutter einst fragte, warum sie meinen Grossvater nie verlassen hat. «Wohin hätte ich gehen sollen?», fragte sie zurück. Klar, das war früher um einiges schwieriger als heute. Ich glaube zwar, dass sie sich in älteren Jahren wirklich gern hatten. Trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass ich es anders machen würde. Theoretisch.
Aber auch heute ist es selten einfach, einen Partner zu verlassen – egal, ob Promi oder nicht. Es ist aufwändig und anstrengend, vor allem, wenn man ein gemeinsames Zuhause und Kinder teilt. Und es ist eben umso schwieriger, wenn das eigene Herz trotz allem noch für diesen Partner schlägt. Das hält aber natürlich niemanden davon ab, fröhlich seinen Senf dazuzugeben – oder das Ganze sogar als «Loyalität» zu verherrlichen.
So wie jetzt bei Nina Anhan. Sie ist seit fast zehn Jahren mit Rapper Haftbefehl verheiratet, und während seine Netflix-Doku seit Wochen heiss diskutiert wird, ist auch seine Ehe in den Klatschspalten gelandet. Denn auch Nina bleibt bei ihm. Ob er fremdgegangen ist, weiss sie nicht. Sie weiss auch sonst nicht wirklich, was er eigentlich treibt, denn der Rapper verschwand oft tagelang und versank in seiner Kokain-Sucht.
Sie wartete währenddessen mit den beiden Kindern auf ihn. «Ich kann's mir auch nicht immer leicht machen und sagen: Ich bin die Prinzessin hier, und wenn's mal schwer wird, dann geh ich. In guten wie in schlechten Zeiten, würd ich sagen», meint sie im Interview auf RTL.
Sie müsse stark sein für die Kinder, erzählt sie. Die beiden hätten nie etwas von den Exzessen ihres Vaters mitbekommen. Mittlerweile sei er clean – und sagt ihr «30-mal am Tag», dass er sie liebt. «Die Leute kennen die Hintergründe nicht. Ich weiss, dass irgendwann alles wieder gut wird und daran glaube ich.»
Ich wünsche ihr, dass sie recht hat. Dummerweise diskutieren «die Leute» trotzdem, und manche Kommentare hinterlassen einen gewaltig bitteren Nachgeschmack. Sie loben Ninas «tolle Werte», weil sie ihren Mann mit all seinen Fehlern akzeptiert, ohne zu «nörgeln».
Ist das wirklich eine Traumfrau – oder Wunschdenken von Menschen, die sich die Zeiten meiner Grossmutter zurückwünschen, in denen Frauen quasi einfach «lächeln und winken» sollen?
Gleichzeitig motzen andere, dass sie Haftbefehl längst hätte verlassen sollen. Dass sie sich selbst aufgibt. Dass sie stärker sein müsste. Und ja, auch ich hätte so manche Frau in meinem Leben manchmal am liebsten geschüttelt und gefragt: «Wie kannst du dich nur so behandeln lassen?» Bringt nur leider genau gar nix.
Und das hat einen Dreck mit Stärke zu tun. Manche wollen einfach nicht gehen. Andere können es auch nicht so einfach. Aber wenn die eigene Grenze erreicht ist, bei der auch das dumme Herz die Klappe hält, darf jeder gehen. Denn anders als zu Zeiten meiner Grossmutter können wir heute unsere eigenen Entscheidungen treffen. Manchmal sind sie einfach verdammt schwer. Und wir werden nach wie vor dafür verurteilt. (aargauerzeitung.ch)
