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Tom Cruise rettet in «The Final Reckoning» zum letzten Mal die Welt

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Tom Cruise bei der Premiere von «Mission: Impossible - The Final Reckoning».Bild: keystone

Tom Cruise rettet zum letzten Mal die Welt – und dreht bald im All

In Cannes feiert «The Final Reckoning», der womöglich finale, bombastische Teil der Agentenreihe, seine Premiere. Ein würdiger Abschluss für Tom Cruise - der bald das AHV-Alter erreicht.
16.05.2025, 12:2216.05.2025, 15:46
Tobias Sedlmaier, Cannes / ch media
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Wenn die Zeit drängt, muss man zur Not die Welt in Unterhose retten. Weder ein Problem noch eine Stilfrage für Tom Cruise aka Ethan Hunt von der Top-Secret-Undercovertruppe IMF (Impossible Mission Force). Mit blankem Oberkörper setzt er sich an Bord eines U-Boots gegen einen Schergen zur Wehr, der dem Agenten einen Strich durch die Rechnung machen will. Im ungünstigsten Moment, wieder einmal – und einmal mehr vergeblich. Als ob es für diesen Mann ernsthafte Hindernisse gäbe!

Immer noch warten wir auf den nächsten James Bond. Solange richtet es im Actionfach, vermutlich – und nach dem bombastischen Finale von «Mission: Impossible – The Final Reckoning» auch hoffentlich – ein letztes Mal Cruise. Mit stolzen 62 Jahren, toptrainiert, natürlich nicht komplett ohne sichtbare Spuren der Zeit. Das freche Haifischgrinsen entblösst er seltener, dafür werden mehr Grimassen bemüht. Der Blick allerdings ruhiger, nachdenklicher. Der weisse Hai ist zum grauen Wolf geworden.

Ethan Hunt kennt zwei Aggregatzustände

Tom Cruise ist einer der letzten aus der seit den 80er-Jahren tätigen Riege von Hollywood-Stars, bei denen allein der Name zum Zugpferd für kräftiges Kassenklingeln werden kann. Selten finden sich Flops in der Filmografie wie die leblose «Mumie»-Reanimation von 2017. Ansonsten herrscht bei der Rollenwahl hohe Klassikerdichte: der draufgängerische Pilot Maverick in «Top Gun» und 35 Jahre später in der Fortsetzung. Der selbstsüchtige Bruder des von Dustin Hoffman gespielten Autisten in «Rain Man». Oder der Arzt in Stanley Kubricks «Eyes Wide Shut», der sich in einem erotischen New Yorker Nachttraum zu verlieren droht.

Trailer zu «The Final Reckoning»

Und allen voran seine Paraderolle als Ethan Hunt. Zwar hat der ein treues Team um sich geschart: den Hacker Luther (Ving Rhames), den Techniker Benji (Simon Pegg) oder neuerdings die Meisterdiebin Grace (Hayley Atwell). Doch mit Cruise steht und fällt die inzwischen achtteilige Reihe. Er war von Anfang an ihr Produzent, mischt bei kreativen Prozessen mit, feilt bis zur Perfektion an Details. Und übernimmt die spektakulärsten Stunts gleich selbst, wie den waghalsigen Sprung von einem Motorrad im letzten Teil «Mission: Impossibe – Dead Reckoning».

Auch im Nachfolger schwingt sich Cruise in schwindelerregende Höhen, ringt an den Tragflächen eines Boeing-Stearman-Doppeldeckers um Sauerstoff – und gegen seinen Widersacher Gabriel (Esai Morales). Die tiefsten Tiefen hingegen werden bei einer beklemmenden U-Boot-Suche ausgelotet. Zwei grundsätzliche Aggregatzustände kennt Ethan Hunt in der Reihe: klammern und sprinten. Entweder hängt er an den gefährlichsten Objekten (Flugzeuge, Burj al Arab) oder er rennt wie eine Maschine in der für Cruise typischen Art, die es bis zum Meme gebracht hat.

Das Kino wird zur Zaubervorstellung

Der Titel «Mission Impossible» legt ja nahe: Ethan Hunt ist der Mann für das Unmögliche. «Wir werden es einfach tun!», lautet sein Mantra, wenn alle um ihn herum an der Machbarkeit der Sache oder seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Er ist ein Unberechenbarer, der nicht nur «outside the box» denkt, sondern diese gleich noch in ein anderes Objekt verwandelt. Ein Pokerspieler, ein Zauberkünstler, der mit Gadgets verwirrt und mit Masken täuscht. Bei ihm wird das Kino zur exakt geplanten, doch völlig spontan wirkenden Zaubervorstellung.

Esai Morales, from left, Greg Tarzan Davis, Angela Bassett, Hayley Atwell, Tom Cruise, director Christopher McQuarrie, Simon Pegg, Pom Klementieff, Hannah Waddingham, Tramell Tillman, and Mariela Garr ...
Gruppenbild in Cannes.Bild: keystone

Dabei hatte es 1996 recht übersichtlich angefangen, mit dem ersten «Mission: Impossible»-Teil von Brian de Palma, der auf der gleichnamigen TV-Serie basierte. Aber damals, nach dem Mauerfall, schien die Welt auch recht übersichtlich. Die Direktive, überliefert mittels eines Tonbands, das sich nach wenigen Sekunden in Rauch auflöste, war klar: Finde eine gestohlene CIA-Agentenliste wieder. Zum Einsatz kamen heutige Antiquitäten wie Telefonzelle oder 2-MB-Diskette.

Im neuen Film sind wir beim ultimativen digitalen Parasiten angelangt, einer KI, genannt die Entität. Sie befällt den gesamten Cyberspace und infiziert sogar die nuklearen Arsenale. So klug und zukunftsweisend das Szenario ist, so ausführlich wird es in den 170 Minuten ausgewalzt. Der zweite Teil der beiden letzten «Mission: Impossible»-Filme, deren Produktion von Pandemie und Hollywood-Streik geplagt war, verknüpft das Schicksal der Erde eng mit dem persönlichen von Ethan Hunt. Für die Fans gibt es dazu tonnenweise Anspielungen auf frühere Filme, um selig in Erinnerungen zu schwelgen. Bei der Premiere in Cannes erhielt der Film einen wohlwollenden fünfminütigen Applaus.

Ein Weihnachtskuchen für Auserwählte

Das zeugt nicht zuletzt von einer gewissen Ambivalenz im Umgang mit dem Hauptdarsteller, auf dessen erfolgreicher Karriere bis heute ein Schatten liegt. Seine öffentlich zur Schau getragene Mitgliedschaft bei Scientology trug wohl das Ihre zum Scheitern seiner Ehen mit Mimi Rogers (selbst Scientologin), Nicole Kidman und Katie Holmes bei. Und befremdet nach wie vor viele im Publikum.

Professioneller Disziplin beim Dreh ordnet Cruise alles unter, er wurde wütend, als am Set gegen Coronamassnahmen verstossen wurde. Zugleich schwärmt die Kollegenschar wie «Interview with the Vampire»-Partnerin Kirsten Dunst von seiner freundlichen Zugewandtheit. Die sich etwa im weissen Kokoskuchen äussert, den er Auserwählten traditionellerweise jede Weihnachten zuschicken lässt.

Zumindest in «Mission: Impossible» ist Cruise bereits quasi ein Gott in seiner Rolle als letzter Strohhalm der Erdenrettung: «Der beste Mann in der schlimmsten Zeit». Eine uramerikanische Haltung. Oder wer es böse meint, mag in Sätzen wie «Wir sind die Summe unserer Entscheidungen» die Ideologie der Scientologen sehen. Diese haben ihre eigene Vorstellung von Psychologie, sondern glauben fest daran, dass jegliche menschliche Schwäche durch Selbstoptimierung ausgetrieben werden kann.

Der erste Film im Weltall

Hollywood weiss, wie es seine Helden aufs Podest stellen muss: mit spirituellem Pathos. «The Final Reckoning» ist ein mit religiösen Symbolen aufgeladener Film über Erlösung geworden. Trotz erzählerischer Längen und mancher Schwäche beim Plot, kann das handwerklich gut gemachte Action-Kino in seinen besten Szenen kaum mehr wuchtiger und intensiver werden als hier. Erst die KI, vor der Hunt Film eifrig warnt, könnte demnächst ein ganz neues Kapitel aufschlagen.

Und wie sieht die Zukunft von Cruise aus? Auf die faule Haut legen ist sicherlich keine Option. Zunächst steht der Weltkriegsfilm «Broadsword» mit «Final Reckoning»-Regisseur Christopher McQuarrie an. Und dann will der New Yorker mithilfe der Nasa und Elon Musks SpaceX den ersten ausserhalb der Erdatmosphäre gedrehten Film realisieren. Für Ethan Hunt, es sei ihm gegönnt, mag es nun in die wohlverdiente Rente gehen. Für Tom Cruise ist die Welt nicht genug. (bzbasel.ch)

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