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Netflix: So viel verdienen die Hollywood-Stars pro Stream

Streaming bringt das Lohnsystem in Hollywood durcheinander – das verdienen Netflix-Stars

Die Schauspielerinnen und Schauspieler streiken. Einer der Gründe: Sie werden von Streaming-Anbietern nicht genug bezahlt. So viel verdienen sie wirklich.
18.07.2023, 19:10
Corina Mühle
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Tom Cruise, Will Smith, Brad Pitt und Tom Hardy verdienten letztes Jahr Millionen von Dollar. Doch damit sind sie in der Filmindustrie einsame Spitzenreiter. Die Realität für die meisten Schauspielerinnen und Schauspieler sieht anders aus: Sie verdienen an einem Projekt nicht genug, um die Miete zahlen zu können.

Dies ist einer der Hauptgründe für den Streik, in dem sich Schauspielende seit letzter Woche befinden. Sie dürfen weder Filme oder Promos drehen, noch an Award-Shows teilnehmen.

Fernsehschauspieler haben traditionell eine Einnahmequelle, die sich aus Wiederholungen und anderen Formen der Wiederverwendung der Sendungen ergibt, in denen sie aufgetreten sind.

Am oberen Ende der Skala können die Einkünfte ein Vermögen einbringen; Berichten zufolge hat jeder der Darsteller von «Friends» mehrere zehn Millionen Dollar durch die Verbreitung der Serie verdient. Doch Streaming hat dieses Modell ins Wanken gebracht und gefährdet den Lebensunterhalt der arbeitenden Schauspieler, schreibt «The New Yorker».

27 Dollar für Netflix-Streams

Ein vertrautes Gesicht für Netflix-Fans ist Kimiko Glenn. Sie spielt in «Orange Is The New Black» (OITNB) – einer der allerersten Netflix-Serien überhaupt – die Aktivistin Brook. Glenn spielt in 44 der 91 Episoden der Hit-Serie, die von 2013 bis 2019 lief und Netflix viele neue Abonnenten einbrachte, mit.

In einem Video auf Social Media teilte sie kürzlich ihre Lohnabrechnung für ihre Arbeit an OITNB: Sie verdiente 27.30 US-Dollar an den Streams auf Netflix. Über welchen Zeitraum, das ist nicht bekannt.

In einem anderen Video erklärt sie, dass auch die ursprüngliche Bezahlung von Netflix miserabel war. Leute, die ebenfalls in der Show mitgewirkt haben und berühmter als sie waren, hatten einen zweiten Job, weil sie sonst die Rechnungen nicht bezahlen konnten. Glenn verdiente 900 Dollar pro Drehtag, welcher für sie einmal wöchentlich stattfand. Mit diesem Geld mussten aber noch sehr hohe Steuern (manchmal über die Hälfte des Lohns) bezahlt werden und 20 Prozent gingen an den Manager oder Agenten. Insgesamt verdiente sie im Monat rund 1800 Dollar.

«Sie konnten und wollten uns das absolute Minimum zahlen, und es gab wirklich keinen Verhandlungsspielraum», erzählt Glenns Co-Star Emma Myles, die in OITNB Leanne spielt. «Sie sagen uns: ‹Oh, wir können euch nicht so viel zahlen, weil wir sparen müssen›. Aber dann sagt Netflix seinen Aktionären, dass sie mehr Geld einnehmen als je zuvor», zitiert «The New Yorker» Lori Tan Chinn, eine weitere Schauspielerin aus der Hit-Serie.

Taylor Schilling, Kimiko Glenn
Orange is the new black
Taylor Schilling und Kimiko Glenn in der zweiten Staffel von «Orange Is The New Black».Bild: Jessica Miglio/Netflix

Glenn ist nicht die Einzige, die sich in den letzten Tagen öffentlich über ihren Lohn von Netflix geäussert hat. «Gilmore Girls»-Star Sean Gunn sagte gegenüber «The Hollywood Reporter», dass er an seiner Rolle als Kirk nichts mehr verdient.

«‹Gilmore Girls› ist eine der beliebtesten Serien und ich sehe fast nichts von den Gewinnen.»
Sean Gunn

«Ich habe lange Zeit in einer Fernsehserie namens ‹Gilmore Girls› mitgewirkt, die Netflix enorme Gewinne eingebracht hat», erklärt er. «Sie ist seit über einem Jahrzehnt eine der beliebtesten Serien. Sie wird immer und immer wieder gestreamt, und ich sehe fast nichts von den Einnahmen, die damit erzielt werden.»

«Sie müssen wirklich überdenken, wie Sie Geschäfte machen und den Reichtum mit den Leuten teilen», sagt Gunn. «Andernfalls wird das alles zusammenbrechen».

Ein zweiter Job ist Standard

Auch Luke Cook (spielt in Serien wie «Dollface», «Chilling Adventures of Sabrina» und «Dynasty» mit) teilt auf Social Media seine Erfahrungen.

«Wenn du mich im TV siehst, sollte ich nicht zwei Nebenjobs haben, nur um zu überleben.»
Luke Cook

Laut ihm verdienen 95 Prozent aller Personen, die bei SAG-AFTRA unter Vertrag stehen, mit der Schauspielerei nicht genug, um zu überleben. Bei all seinen letzten Serienprojekten war er eine Stufe unter den Hauptdarstellern und hatte jeweils eine wiederkehrende Rolle. Trotzdem konnte er es sich nicht leisten, nur Schauspieler zu sein. Nebenbei hatte er immer auch noch andere Jobs – meistens mehrere.

Es ist nicht nur Netflix. Kamil McFadden teilt ebenfalls, wie viel er von den Streams der Disney-Channel-Serie «K.C. Undercover» einnimmt. Das Schockierende: Zum Teil sind es Minusbeträge, die ihm verrechnet werden. Am Schluss bleiben ihm noch knapp drei Dollar. Noch weniger erhält Stephen Glickman von «Big Time Rush». Er schreibt auf Twitter: «Wollt ihr wissen, wie viel ich von Netflix und Paramount+ an Restzahlungen erhalten habe? Ich gebe euch einen Hinweis. Es sind 0$».

Streaming-Auszahlungen nur 5 Jahre lang

Netflix behält sich vor, Schauspielende nur fünf Jahre nach der Veröffentlichung für die Streams zu bezahlen. So verdienen die OITNB-Castmitglieder zurzeit nur noch an der letzten Staffel. Ausserdem bezahlt Netflix seine Stars erst nach 90 Tagen für Streams. Während in den ersten Wochen nach einer Veröffentlichung die Streaming-Zahlen nach oben schnellen, sehen die Stars keinen Cent davon.

Netflix teilt seine Streaming-Zahlen nicht mit der Öffentlichkeit und das macht es den Schauspielenden sehr schwierig, ihre Löhne zu verhandeln. Denn sie wissen nicht, wie oft ihre Serie geschaut wird, und haben dementsprechend keine Verhandlungsgrundlage.

Sie alle fordern von den grossen Film-Studios, dass die Streaming-Einnahmen mit den Kreativschaffenden geteilt werden sollen, die die Inhalte, mit denen die Studios Milliarden verdienen, kreiert haben. Der Gewinn von Netflix belief sich im Jahr 2022 auf 4,5 Milliarden Dollar, bei Disney waren es 3,2 Milliarden.

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133 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amadeus
18.07.2023 20:01registriert September 2015
Es zeigt sich einmal mehr, dass Kapitalismus eben doch geregelt werden muss, damit sich die Schere nicht überall weiter öffnet.
20037
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Hoagie
18.07.2023 19:53registriert Oktober 2018
Bei Spotify & Co. ist es nicht anders. Der Anbieter macht die Kohle und die Künstler gehen praktisch leer aus. Aber wer als Musiker nicht auf Spotify ist, der existiert heute quasi nicht mehr. In der Musikbranche hat man früher eine Tour gemacht um das Album zu promoten, an dem man ordentlich verdient hat. Heute bringt man nur noch neue Musik raus um die Tour zu promoten und verdient daran.
12010
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marbl33d
18.07.2023 19:39registriert März 2022
Ein Muster das in vielen Kunstbereichen zu sehen ist. Spotify mach Kohle, die Künstler kriegen nix. Shareholder werden gefüttert, alle andern müssen selber schauen.
Künstler*innen werden systematisch ausgebeutet!
10219
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133
Wie viele versteckte Bilder erkennst du? (Kneif die Augen zu!)

Wer hin und wieder etwas Zeit und Nerven in den sogenannt sozialen Medien vergeudet, dem spielte mit grosser Wahrscheinlichkeit in den letzten Tagen der Algorithmus folgendes Bild aus.

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