Kontakt zwischen Menschen lässt Sprachen ähnlicher werden
Wenn Bevölkerungsgruppen aufeinandertreffen, gleichen sich ihre Sprachen an. Dies geschieht auf erstaunlich beständige Weise weltweit, wie eine neue Studie zeigt.
Für die am Freitag in der Fachzeitschrift «Science Advances» veröffentlichte Untersuchung verknüpfte ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Zürich genetische Daten von über 4700 Menschen aus 558 Bevölkerungsgruppen mit linguistischen Daten von hunderten Sprachen.
Die genetischen Daten gaben den Forscherinnen und Forschern Hinweise darauf, welche Gruppen tatsächlich miteinander in Kontakt gekommen und vermischt worden sind. Historische Aufzeichnungen über menschliche Begegnungen seien oft unvollständig oder fehlten ganz, hiess es in einer Mitteilung des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Evolving Language zur Studie.
Das Ergebnis: Wenn Bevölkerungsgruppe (Populationen) genetisch in Kontakt standen, stiegen die strukturellen Ähnlichkeiten ihrer Sprachen um 4 bis 9 Prozent – unabhängig von geografischem oder historischem Kontext.
«Erosion struktureller Vielfalt»
Kontakt zwischen Populationen werde seit langem mit dem Verlust von Sprachen in Verbindung gebracht. Diese Studie zeige nun, dass dieser auch zur Erosion struktureller Vielfalt beitrage, so der NFS.
In einigen Fällen fand das Team aber auch das Gegenteil: Merkmale wurden nach dem Kontakt weniger ähnlich. Dieses Phänomen trat den Forschenden zufolge auf, wenn Gruppen sprachliche Unterschiede betonten, um ihre eigene Identität zu behaupten.
Die Ergebnisse werfen den Wissenschaftlern auch ein Licht darauf, was in der Zukunft liegen könnte. «In unserer Welt, die zunehmend mit den Folgen der Klimakrise und der Globalisierung und damit mit der Ausdehnung der Landnutzung und massiven demografischen Verschiebungen konfrontiert ist, könnten sich diese Prozesse noch verstärken und die sprachlichen Zeugnisse der Menschheitsgeschichte fragmentieren», hiess es in der Mitteilung.
Neben Forschenden der Universität Zürich waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Genf und Neuenburg an der Studie beteiligt. (sda)
