Smoked brisket, Texas beef ribs, pulled pork butt – nur schon beim Gedanken daran läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Barbecue, Leute! Manchmal gibt's nichts Besseres – gerade an einem lauen Sommerabend, gemütlich mit eiskaltem Bier. Mmh.
Während ich mir in den USA immer wieder mal einen ordentlichen BBQ-Znacht in einem entsprechend darauf spezialisierten Etablissement kredenze, passiert dies hierzulande freilich seltener. Logisch, denn diese kulinarische Tradition aus Übersee benötigt nicht nur amtliche Gerätschaften wie Smokers und dergleichen, sondern auch die entsprechenden Cuts, die nicht in der Standardauslage eines hiesigen Metzgs zu finden sind. Und ja, es braucht auch Know-how und Erfahrung eines alteingesessenen pitmasters.
Aber hey, Gerätschaften lassen sich anschaffen, ein guter Metzger macht auf Bestellung die entsprechenden Schnitte und das Know-how lässt sich gewiss erlernen.
Grund genug, mal bei jemandem vorstellig zu werden, der ein Experte auf diesem Gebiet ist! Gestatten – mein guter Freund Texas Joe:
Gleich geht es weiter mit der Geschichte des BBQ, aber vorab eine kurze Werbeunterbrechung:
Und nun zurück zur Story...
Erzähle doch bitte etwas über dich und wie du beim Barbecue gelandet bist?
Texas Joe: Mein Name ist Joe Walters und hier in England nennt man mich Texas Joe, da ich in Texas geboren wurde und mich für einen Engländer ziemlich seltsam kleide. Ich bin vor etwa 10 Jahren nach London gezogen und habe eine umfangreiche Sammlung von Cowboystiefeln, Stetsons und Nudie Suits mit auf diese schöne Insel gebracht.
Meine Mutter sagte immer, ich sei «hungrig geboren». Ich bin mit der BBQ-Kultur in meiner texanischen Heimat aufgewachsen und habe nie irgendwo gelebt, ohne einen eigenen Smoker zu besitzen. 2012 habe ich nach einem Auftritt in der BBC-Fernsehshow «Dragons' Den» hier in Grossbritannien Beef Jerky auf den Markt gebracht, und etwa zur gleichen Zeit haben wir in London mit ein paar BBQ-Pop-ups gestartet. Seit 2016 haben wir hier unser eigenes Restaurant, das Slow Smoked Meats auf texanische Art zubereitet: Salz. Pfeffer. Rauch.
Dir ist schon klar, dass in Europa die meisten Leute denken, «BBQ» sei einfach «Grillieren» ...?
Ja, ich denke, es wird verwirrend, wenn man das Wort als Verb, Substantiv, Adjektiv und Modifikator verwendet. In Texas bezieht sich BBQ hauptsächlich auf Fleisch, das in indirekter Hitze langsam gegart und mit Rauch aromatisiert wird. Das ist es also, was ich unter BBQ verstehe. Obwohl nichts gegen die Kunst des Kochens über offenem Feuer oder des Grillierens einzuwenden ist.
Wie kann man also in wenigen Worten American BBQ für Uneingeweihte erklären?
BBQ ist hochwertiges Fleisch, das mit einfachen Techniken gegart wird, um seinen Geschmack zu verbessern. Die Geschichte des BBQ ist traditionell mit armen oder einkommensschwachen und entrechteten Menschen verbunden, denen die schwierigeren Fleischstücke blieben, die erschwinglicher waren als die ‹guten›, teuren Cuts. Sie entwickelten Techniken wie das low and slow cooking, mit denen ein eher zähes Stück Fleisch wie etwa brisket [=Rinderbrust] in ein saftiges und köstliches Zeugnis der Schönheit von Rindfleisch verwandelt werden kann.
Demnach gilt hier, wie überall auf der Welt, die alte Weisheit: Das beste Essen ist Arme-Leute-Essen.
Ribs waren einst ein Abfallprodukt, ähnlich wie Hühnerflügel. Brisket war zu zäh, um verkauft zu werden, und wurde in der Regel gehackt oder zu Wurst verarbeitet. Texas BBQ beziehungsweise eigentlich alle BBQ-Varianten beruhen hauptsächlich auf der Technik, auf der Kochmethode, die einst entwickelt wurde, um unerwünschte Teile des Fleisches geniessbar zu machen.
Welches sind die wichtigsten regionalen Varianten? Was sind z. B. die Unterschiede zwischen Texas Style, Memphis, Kansas City usw.?
Als Texaner bin ich quasi verpflichtet zu behaupten, dass der wichtigste BBQ-Stil der texanische ist, insbesondere der Texas Hill Country Style. Ja, in einem Bundesstaat der Grösse von Texas gibt es mehrere regionale Unterschiede, die jedoch hauptsächlich auf die Wahl des Holzes zurückzuführen sind: Mesquite im Süden von Texas, hickory im Norden und post oak im Hill Country.
Texas BBQ zeichnet sich dadurch aus, dass hauptsächlich Rindfleisch verwendet wird, das mit Salz und Pfeffer eingerieben und dann über dem Holz geräuchert wird, das vor Ort verfügbar ist (in meinem Restaurant verwende ich dementsprechend English oak – von einem Krongut, gar haha).
Memphis BBQ basiert eher auf Schweinefleisch und verwendet eine Kombination aus Grillen und Räuchern sowie klebrige glazes [=Glasuren].
In North Carolina wird traditionell das ganze Schwein gegrillt und mit einer leicht süssen Sauce auf Essigbasis serviert.
Heutzutage wird BBQ allerdings mehr und mehr homogenisiert, und die texanische Art des BBQ gewinnt weltweit an Bedeutung, während andere regionale Varianten in Vergessenheit geraten.
Okay, ich kann also zum amtlichen BBQ-Restaurant gehen. Aber kann ich mir sowas auch zuhause zubereiten?
Zuhause zu kochen ist eine der grossen Freuden des Lebens, und natürlich kann man auch zu Hause grossartiges BBQ zubereiten. Es gibt handelsübliche Smokers von guter Qualität, mit denen du und deine Lieben ein köstliches Essen zubereiten können. Klar, es ist kein billiges Hobby und je besser die Ausrüstung, desto besser die Ergebnisse.
Smoker für den Hausgebrauch lassen sich im Wesentlichen in drei Kategorien einteilen:
Vertical smokers, die ein bisschen wie der «Star Wars»-Droide R2D2 aussehen, haben die Feuerquelle am Boden und verwenden eine Wasserwanne, um die Hitze zu verteilen. Sie eignen sich hervorragend für den Einstieg in das Räuchern zu Hause. Der bekannteste ist der Weber Smokey Mountain, aber es gibt viele andere Marken.
Offset smokers: Diese werden von den meisten texanischen BBQ-Anbietern verwendet. Hier befindet sich die Feuerstelle an einem Ende des Smokers und der Rauch wird über das Fleisch zu einem Abzugsrohr geleitet. Es braucht etwas Geduld und Zeit, um dies zu perfektionieren, aber die Mühe lohnt sich!
Pellet oder puck smokers: Das sind grösstenteils elektrische Geräte, welche die harte Arbeit der Feuerpflege einem abnehmen, indem Holzpellets verbrennt werden, um Rauch und Wärme zu erzeugen. Das Ergebnis ist immer noch köstlich und rauchig, und man kann eine Vielzahl von Fleisch und Fisch darin zubereiten. Beliebte Marken sind der Bradley oder der Traeger.
Ausserdem sollte man die Vielzahl von Büchern und Internetvideos erwähnen, mit denen die Grundlagen des BBQ erlernt werden können. Ich empfehle Aaron Franklins «Franklin Barbecue: A Meat Smoking Manifesto».
Immer wieder zieht es dich nach Texas zurück, auf Feldforschung quasi. Du kennst inzwischen einige regelrechte BBQ-Legenden persönlich, oder?
Ja, ich interessiere mich sehr für die Geschichte des texanischen BBQ und seine Entwicklung. Vor ein paar Jahren reiste ich nach Texas zum Camp Brisket, bei dem Pitmasters aus dem ganzen Bundesstaat zusammenkommen, um ihre Geheimnisse und Techniken zu teilen. Wir trafen BBQ-Legenden wie Tootsie Tomanetz, die 87 Jahre alte Pitmasterin von Snows BBQ, die als Queen of Texas BBQ bekannt ist [und in der Netflix-Serie «Chef's Table» porträtiert wurde]. Aaron Franklin, ein mit dem James-Beard-Award ausgezeichneter Pitmaster, der die texanische BBQ-Szene mit der Gründung der neuen Craft-BBQ-Bewegung revolutioniert hat.
Du bist soeben aus Austin zurück. Was gab es dort zu bestaunen?
Auf unserer jüngsten Reise haben wir eine Reihe von BBQ-Lokalen besucht und dabei Klassiker wie Louie Muellers BBQ in Taylor TX gesehen, das seit 1946 besteht. Ein echtes Highlight war Valentina's Tex-Mex BBQ, das das texanische BBQ mit mexikanischem Flair und aussergewöhnlichen Aromen aus Mesquite-Holz kombiniert.
Nun, die Erfahrung eines dieser altehrwürdigen Pitmaster kann man sich ja nicht so schnell aneignen. Sollte man sich aber trotzdem mal selbst an BBQ versuchen? Wenn ich's richtig sehe, sind die einzigen Voraussetzungen ein Minimum an Aussenplatz und ein Minimum an Geduld. Alles andere – Smoker, Fleisch, Utensilien, Erklärvideos, Rezeptbücher usw. – findet man im Netz.
Ja, es ist ein Handwerk, das mit Zeit und Erfahrung verfeinert wird. Einfaches Essen, das etwas komplizierte Techniken erfordert, um grossartige Ergebnisse zu erzielen. Auch wenn die Aussicht, 12 Stunden lang zu kochen, etwas entmutigend erscheint, ist das Endergebnis sehr lohnend. Es liegt an euch, dies zu meistern ... so set forth and SMOKE.