Der Brunch. Während dieser Zeit des Jahres lauert er an allen Ecken. Eigentlich möchten die Leute in meinem Umfeld immer brunchen. Der Brunch hat sich zur beliebten Freizeit- und Wochenendessbeschäftigung gemausert.
Egal, wann ein Brunch sich anbahnt: Für mich kommt er immer zur falschen Zeit. Ich hasse Brunchen. Jetzt ist es raus. Schon nur das Wort. Brunch. Der Name ist völlig arbiträr. Eine Wortschöpfung aus «breakfast» und «lunch».
Versteht mich nicht falsch, ich schlemme gerne. Manchmal könnte man gar von Völlerei sprechen. Aber der Brunch hat für mich etwas Unentspanntes.
Es geht in diesem Rant zum Jahresbeginn nicht um das gemütliche «Zmörgele» zu Hause. Es geht um den rituellen Restaurantbesuch am Samstag- oder Sonntagmorgen, bei dem man mit gefühlt 300 anderen Unausgeschlafenen um die Aufmerksamkeit der Bedienung oder den besten Platz am Buffet kämpft.
Es gibt diverse Herausforderungen vor und während eines Brunches. Der erste Knackpunkt besteht schon vor dem eigentlichen Brunch. In welchem Lokal kann man überhaupt noch einen Tisch reservieren? Gefühlt jeder Grossstädter liebt das Brunchen. Und die Leute aus der Agglomeration auch. Je nach Jahreszeit ist es schier unmöglich, sich noch einen Platz zu ergattern, wenn man sich nicht schon Monate im Voraus um die Reservation kümmert.
Wenn man endlich ein Lokal gefunden hat, das noch einen Tisch für das Fussvolk entbehren kann, kommt schon das nächste Problem auf. Wann ist die ideale Zeit, sich zum Brunchen zu treffen? Da scheiden sich offenbar die Geister. 10 Uhr? 11 Uhr? Oder erst 12:30 Uhr?
Die Zeitfrage bringt noch ein anderes Problem mit sich. Je nachdem ist der Hunger schon da, bevor man überhaupt ins Tram oder den Bus gestiegen ist. Am liebsten würde ich dann einfach schon etwas Kleines essen. Aber das geht nicht, weil mich dann der Gedanke plagt, dass ich hungrig sein muss, weil ich in der Stadt mindestens 50 Franken für das Brunchbuffet bezahlen muss.
Ein Drahtseilakt.
Meistens esse ich dann nichts, sondern trinke drei Kaffees. Dann wird das Hungergefühl im Bauch von einer Flauheit überstimmt. Nicht der beste Weg, aber bis jetzt habe ich keine überzeugendere Alternative gefunden.
Der horrende Preis von rund 50 Franken für den Brunch bringen mich zum nächsten Punkt. Ich bin keine geizige Person. Mein Magen stellt aber sofort ein Stoppschild auf, wenn ich mir die Köstlichkeiten des Buffets zu Gemüte führen möchte. Ich bin ohnehin keine Frühstücksperson. Am Wochenende noch weniger: Auf eine mir unerklärliche Weise stellt mein Magen am Morgen jeweils den Betrieb ein. Zwei Scheiben Brot und etwas Rührei liegen schon immer drin. Dann ist Schicht im Schacht.
Mein Hirn schaltet dann auf Rechnungsmodus: «50 Franken … Also für dieses Geld solltest du noch mindestens ein Gipfeli, zwei Löffel Birchermüesli, drei Eier, vier Pancakes, ein Vollkornbrötchen, zwei Scheiben Lachs, 40 Gramm Camembert, zwei Scheiben Gruyère und ein Stück der hausgemachten Apfelwähe essen. Sonst machst du brutal Minus.»
Ich stehe dann zwar ruhig am Buffet, aber mein Magen und mein Hirn befinden sich in einer Krise, die schon fast auf internationaler Ebene Auswirkungen hat. Meistens lasse ich den Magen gewinnen. Das ist meistens die weniger riskante Option. Wenn der Magen mit seinen Warnhinweisen gewinnt, habe ich aber zwei Stunden nach dem 50-Franken-Brunch wieder Hunger. You win some, you lose some.
Ich bin ehrlich mit euch: Es kommt auch vor, dass ich mich der Völlerei hingebe und die 50 Franken herausholen möchte. Meine Freunde tun es mir jeweils gleich. Dann sitzen wir alle in diesem Lokal und stellen uns vor, wie schön das jetzt wäre, zu Hause auf dem Sofa zu sitzen mit den vollen Bäuchen.
Aber das spricht niemand aus.
Es ist ungewiss, wann der Brunch enden wird. Wird er überhaupt enden? Dieses Problem hat man bei einem «Znacht» mit Freunden nicht. Irgendwann ist man müde und alle gehen ins Bett. Nach dem Brunch sind zwar auch alle müde und sie sehnen sich nach einem Verdauungsschläfchen, aber es ist ja erst Nachmittag.
Das sind die Gründe, warum ich das Brunchen nicht mag. Einige von euch werden sich mit mir identifizieren können und freuen sich über den Rant. Andere lieben es nun mal, am Wochenende früh aufzustehen und stundenlang in überfüllten und überteuerten Restaurants zu sitzen. Das ist auch gut.
Brunch zu Hause oder bei Freunden ist super.