Ob Hiphop, Indie oder Goa – in der Schweiz findet jeder ein Openair, das ihm oder ihr zuspricht. Doch wo begann die Geschichte – welches war das erste Festival unter freiem Himmel und wie hat sich deren Organisation und Spirit seither verändert? Eine Zeitreise zurück zum Ursprung des Schweizer Festival-Sommers.
Als Vorgänger für die Schweizer Openairs gelten die sogenannten Love-Ins – diese wurden von den Hippie-Festivals in den USA inspiriert. An einem Love-In trafen gleichgesinnte junge Leute aufeinander, um die Musik und das Beisammensein zu zelebrieren. Das Erste fand im August 1967 in einem Bauernhaus in Hütten auf dem Hirzel bei Horgen statt. Keine Woche später folgte ein weiteres unbewilligtes öffentliches Love-In auf der Zürcher Allmend, das bereits etwa 3000 Besucher anlockte. Die mit Blumen geschmückten Teilnehmenden nahmen ihre eigenen Instrumente mit und sangen Protestlieder.
Im Kontrast dazu gab es aber auch Ende der 60er schon professionell organisierte Veranstaltungen, bei denen die Musik im Zentrum stand: Das Montreux Jazz Festival hat beispielsweise bereits ab seiner dritten Ausgabe 1969 Konzerte unter freiem Himmel durchgeführt. Da sich jedoch bloss das Rahmenprogramm draussen im Casino-Garten abspielte, war dieses Festival streng genommen kein richtiges Openair. In St. Gallen wurde ebenfalls schon im Jahr 1969 draussen musiziert: Im Sittertobel wurde das Sitter-In durchgeführt – organisiert von einer Gruppe der HSG, die ein Alternativ-Programm für den Hochschulball auf die Beine stellen wollten.
Die Frage nach dem allerersten Openair ist gar nicht so einfach zu beantworten – schuld daran ist das launische Schweizer Wetter. 1971 fand eigentlich das Openair Bischofszell statt. Weil der Regen dem Openair aber einen Strich durch die Rechnung machte, mussten die Konzerte kurzerhand in die Turnhalle verlegt werden. Im folgenden Jahr wagten die Veranstalter, die katholische Jugendorganisation «Team 69» Sitterdorf, einen weiteren Versuch – und wurden erneut vom schlechten Wetter sabotiert. Als Frau Holle die Wogen 1973 glätten wollte, waren dem Openair Bischofszell schon andere Pioniere zuvorgekommen: die Organisatoren des Folkfestivals auf der Lenzburg.
1972 fand das erste Folkfestival auf der Lenzburg statt – die Idee dazu kam den Gründern spontan, geht aber auf die Ende der 60er in den Schweizer Städten entstandenen Folk Clubs zurück. Folk war ein Musikstil, aber auch eine geistige Bewegung. Diese richtete sich gegen das Militär sowie die Wirtschaftsabhängigkeit und setzte sich bereits damals für mehr Umweltschutz ein.
Die Lenzburg-Gründer Daniel Perret und Dick Watts waren ihres Zeichens ebenfalls in solchen Folk Clubs unterwegs. Auf dem Weg zu einem Konzert fuhren die zwei auf der neu gebauten A1 am Schloss Lenzburg vorbei. Da war ihnen klar: Wir müssen die Musik nach Lenzburg bringen. Umso erleichterter waren sie, als sie vom Schlossverwalter ohne viel Überzeugungsarbeit die Zusage für ein Musikfest erhielten.
So hat das Organisationskomitee also begonnen, Musiker – von welchen viele aus dem Dunstkreis der verschiedenen Schweizer Folk Clubs stammen – für Auftritte anzufragen. Von Anfang an bei der Gestaltung und Konzeption des Festivals mitgewirkt hat auch Mundart-Folk-Musiker Urs Hostettler. Teil des offiziellen Organisationskommitees wurde er aber erst 1976. Wie er sagt, dauerte so ein Auftritt damals nur etwa eine Viertelstunde, damit möglichst viele Künstlerinnen auftreten konnten. Er erklärt, dass dies im Folk möglich gewesen sei: «Weil jede Band bloss ihre Instrumente und höchstens einen kleinen Bass-Verstärker dabei hatte, brauchte es keine langen Soundchecks.» Man konnte das Festival mit der ganzen Familie besuchen, vor den Bühnen gab es genug Platz, um zu sitzen. Den Konzerten wurde damals sowieso sitzend gelauscht. Es war keine Seltenheit, dass sich die Musiker im Schlossgarten danach spontan auf eine Jam-Session einliessen.
1974, als das Openair auf zwei Tage verlängert wurde, meldeten sich die Künstler von sich aus für einen Auftritt. Es gab viele Musiker aus Deutschland, Norditalien, Tschechien oder Frankreich – das Folkfestival Lenzburg hatte sich über die Landesgrenze hinweg herumgesprochen. Ab 1976 war Hostettler für das Ressort Musik verantwortlich, nahm die Anmeldungen der Künstler entgegen und hörte sie sich zusammen mit einem Team an: «100 Bänder à 30 Minuten sind gefühlt unendlich viel Musik.»
Viele der Lieder, die auf der Lenzburg gesungen wurden, hatten eine politische oder sozialkritische Message. «Es war aber nicht per se ein politisches Festival, wie man es uns auch vorgeworfen hatte», meint der Musiker. Trotzdem betitelte die «Aargauer Zeitung», damals noch «Aargauer Tagblatt», einen Artikel zum Festival mit folgenden Worten: «Geht’s nirgends mehr ohne Politrummel?»
1977 hätte es eine Demonstration gegen das sich im Bau befindliche AKW Gösgen geben sollen und man wollte die Zufahrtsstrasse zum Bauplatz mit einem Kultur-Zelt blockieren. Der Termin fiel mit dem Datum des Folkfestivals Lenzburg zusammen und ein grosser Teil der Festivalbesucher sympathisierte mit den AKW-Gegnern. Weil die Liedermacher um ihre Glaubwürdigkeit fürchteten, drohten sie damit, ihre Auftritte abzusagen. Der Basler Protestsänger Ernst Born organisierte deshalb eine Lösung in Form von Shuttle-Bussen, die Interessierte zwischen Gösgen und der Lenzburg hin- und herfahren sollten. Der Marsch nach Gösgen wurde von einem Grosseinsatz der Polizei aufgelöst. Kein Kulturzelt, keine Shuttle-Busse.
Als Ernst Born die schlechte Nachricht beim Tanz im Rittersaal der Lenzburg verkündete, war er empört, und verstand nicht, wie man jetzt noch fröhlich tanzen konnte – was ihm mit einem Pfeifkonzert der tanzenden Menge vergolten wurde. Das hatte zur Folge, dass die Künstler in den Folgejahren zwar politische Songtexte vortragen durften, Propaganda jedoch untersagt war.
Nach einigen Jahren wurde es dann langsam eng auf der Lenzburg. Bei gutem Wetter hatten 2500 Besucher Platz, bei schlechtem Wetter passten bloss 900 Personen in den Rittersaal des Schlosses – 200 davon machten alleine die Musiker aus.
Die Folkmusik hatte sich unterdessen in alle möglichen Richtungen ausgeweitet: von Folkrock über Jazz bis hin zu Tanz. Und auch die engagierten Künstler hatten immer unterschiedlichere Bedürfnisse. «Wenn es 1980 nicht zu Ende gewesen wäre, hätte man irgendwo eine Eingrenzung des Konzeptes vornehmen müssen», meint Hostettler. So weit kam es jedoch nicht, weil das Schloss in den folgenden zwei Jahren renoviert und umgestaltet wurde. Danach wären Anlässe nur noch im Schlosssaal und nicht rundherum möglich gewesen, da die Wiese zum Rosengarten umfunktioniert wurde.
Zum Glück entstanden in der Zwischenzeit gleich einige Festivals, von denen die Schweiz auch heute noch spricht: 1977 fanden das erste Openair St. Gallen und das Paléo Festival in Nyon statt. Letzteres wurde im selben Jahr zum ersten Mal draussen abgehalten.
Im Sommer des gleichen Jahres fiel auch in Bern der Startschuss für ein Openair, das sich bis heute grosser Beliebtheit erfreut: das Gurtenfestival.
Miterlebt hat die Geburtsstunde des Gurtenfestivals Daniel Leutenegger. Er war damals Musikjournalist und beruflich sowie privat auf verschiedenen Openairs unterwegs. «In diesen Jahren war eine Aufbruchsstimmung spürbar. Unter den jungen Menschen gab es das Bedürfnis, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen», schwelgt er in Erinnerung. Leutenegger war bei den ersten fünf Ausgaben des Gurtenfestivals im Organisationskomitee, Teil des Programm-Teams und gleichzeitig Pressechef. Damals sei er 21 Jahre jung gewesen und habe keine Angst vor der Verantwortung als Mitveranstalter verspürt. Er sagt, er erinnere sich an keine einzige schlaflose Nacht. Er habe gedacht, wenn man etwas gut meine, würde es bestimmt auch gut kommen – und das kam es auch.
Der Verein organisierte also das erste Gurtenfestival – es hiess zu diesem Zeitpunkt noch «Internationales Folkfestival Bern-Gurten» und wurde ein riesengrosser Erfolg: Während zwei Tagen besuchten je 10'000 Menschen das Musikfest auf dem Berner Hausberg. Und von dessen Organisation könnten sich einige Veranstalter von heute in Sachen Nachhaltigkeit eine grosse Scheibe abschneiden, denn: Alle Besucher mussten eigenes Geschirr und Besteck mitbringen, um sich an den zahlreichen Food-Ständen zu verpflegen. Diese boten Essen an, das zu fairen Bedingungen und regional produziert wurde.
Alkohol wurde damals kaum ausgeschenkt. Stattdessen gab's Süssmost zum Spitzenpreis, zur Verfügung gestellt vom damals einzigen Sponsor, der eidgenössischen Alkoholverwaltung. Berauschen taten sich die Festivalbesucher gemäss anderen Zeitzeugen trotzdem – passend zum Hippie-Spirit – mit Hasch.
An diesen Hippie-Geist erinnert sich auch Jodok Kobelt, der in den 80ern und 90ern als Musikjournalist für die DRS3-Sendung «Uf de Gass» durch die Schweiz tourte. An den ersten Ausgaben des Gurtenfestivals war er privat unterwegs. «In den 70ern war das Gurtenfestival noch anders, gemütlicher. Es wurde geraucht und musiziert.» Damals sei die Musik noch mehr im Zentrum gestanden, erinnert er sich zurück.
Eben jenem Spirit war es auch zu verdanken, dass die Künstler ohne grosse Gage auftraten. «Es ging viel mehr um das Gefühl, dabei sein zu dürfen», meint der damalige Gurten-Pressechef Leutenegger. Vom Profi bis zum Nobody erhielt jeder – so entsinnt er sich – etwa 100 Franken. Auch die Organisatoren arbeiteten schliesslich ehrenamtlich und konnten im besten Fall mal Spesen abrechnen. Für die Künstler sei die Gurten-Bühne aber oftmals auch ein Karriere-Sprungbrett gewesen. Nachdem Edoardo Bennato am Gurten war, wurde er plötzlich auch ins Hallenstadion eingeladen und machte sich allmählich auch ausserhalb seiner Heimat Italien einen Namen.
Die Musik spielte aber nicht nur auf der Gurten-Bühne, sondern auch auf dem Rasen. Sowieso war das Rahmenprogramm rund ums Festival damals vielschichtiger: Man wollte beispielsweise auch die Strassenkultur – die in Bern zu jener Zeit eher stiefmütterlich behandelt wurde – fördern und bot deshalb im Rahmenprogramm diverse Workshops, Theater, Kunst-Happenings und Referate an. Der Gewinn, den das Festival erwirtschaftete, wurde in den Gurtenfonds einbezahlt. Mit diesem wurde beispielsweise an den WWF gespendet oder die Renovierung der Mahogany Hall, dem ältesten Musikklub der Stadt Bern, finanziell unterstützt.
Das Festival wuchs und wuchs und wuchs – so sehr, dass man mit der Planung gar nicht mehr nachkam. Nach den ersten drei Ausgaben wollte man 1980 pausieren, um das rasante Wachstum etwas abzubremsen. Bis 1987 fand das Openair im Zweijahres-Rhythmus statt, dann löste sich der Verein auf und 1991 wurde es von einem professionellen Veranstalter, der Konzertagentur Music Service, übernommen. Seither wechselten die Veranstalter des Festivals alle paar Jahre – mal hielten sich diese länger, mal kürzer.
«Viele unserer Ideen und Teile unseres Konzepts wurden beibehalten, weil sie so gut ankamen beim Publikum», sagt Leutenegger. Um Erlaubnis gebeten habe jedoch niemand der neuen Organisatoren. «Alternativ wie wir waren, haben wir natürlich nichts schützen lassen.» Es habe ihn traurig gestimmt, als er erfuhr, dass das Gurten wieder stattfinden werde, ohne dass man jemals ein Gespräch zum originalen Organisationskomitee gesucht habe. Zu einem Jubiläum seien sie dann aber trotzdem eingeladen worden. In einer Ansprache hiess es, dass man ihnen alles zu verdanken habe.
Es gibt nach wie vor Festivals, die sich in Form eines Vereins organisieren. Eine Veranstaltung, die das auch im grossen Rahmen schafft, ist das Paléo Festival in Nyon. Dieses hat eine lange Festivalgeschichte hinter sich: 1976 fand das sogenannte «First Folk Festival» im alten Gemeindehaus in Nyon statt – 1977 war es dann bereits ein Openair und zog 15'000 Menschen an, die sich in Colovray zum Musikhören versammelten. Ab 1990 fand es dort statt, wo es bis heute noch seine Heimat hat: an der Asse, nördlich von Nyon. Folk Festival nannte es sich indessen aber nicht etwa aus Verbundenheit zum Folk, sondern weil es unter diesem Namen einen geringeren Widerstand der Behörden erwartete als unter dem Begriff «Rock Festival».
Im Hinblick auf das baldige 50-jährige Jubiläum wird die Geschichte des Events aufgearbeitet. «In fast 50 Jahren hat man so viele Dinge falsch, aber viele Dinge auch genau richtig gemacht», sagt der Vizepräsident des Vereins, Dany Hassenstein. Auch bei heutigen Entscheidungen schaue man noch zurück auf frühere Jahre und könne daraus lernen. Immer wieder Gegenstand der Diskussion sind die Werthaltungen des Vereins und wie sich diese mit der Umsetzung des Events vereinbaren lassen.
Dies zeigt sich am Beispiel Preispolitik: «Natürlich befinden wir uns mittlerweile in einer anderen Preisdimension als noch vor knapp 50 Jahren. Wenn die Preise jedoch erhöht werden sollen, rücken unsere Werthaltungen als nicht lukrativer Verein wieder ins Zentrum der Auseinandersetzung.» Vereinsgedanke und wirtschaftliche Überlegungen müssen sich die Waage halten.
Die interne Organisationsstruktur ist immer noch dieselbe wie damals beim ersten Festival. Über die grossen, philosophischen Fragen werde immer noch an der Vereinsversammlung abgestimmt, die etwa 100 bis 150 Mitglieder zählt. Gegen aussen jedoch habe sich das Festival verändert, es sei «grösser, aufwändiger und intensiver» geworden. Die Herausforderung, unabhängig zu bleiben, wächst proportional mit dem Festival mit. Gleichzeitig ist aber eben diese auch die grösste Chance des Paléos, meint Hassenstein. Das Festival in der Romandie erwirtschaftet zwar Gewinn, bezahlt sich diesen jedoch nicht in Form von beispielsweise Dividenden aus. Stattdessen fliesst das Geld wieder zurück in den Event oder den Verein – ein grosser Kostenpunkt stellt das Büro mit etwa 50 Festangestellten dar, das sich fortlaufend vergrössert.
Nicht profitorientiert sein und trotzdem wachsen? Das lässt sich gut vereinbaren, meint Hassenstein. «Das Paléo wächst langsam, mit einer gewissen Bauernschläue, wie man es nennen könnte. Wir wachsen nur so viel, dass es auch Sinn macht und wir es selbst bezahlen können.» Das Paléo finanziert sich über drei Hauptpfeiler: Etwas mehr als die Hälfte sind Ticketeinnahmen, 25 Prozent macht der Verkauf von Essen und Trinken aus und 17 bis 20 Prozent werden durch Sponsoring generiert.
Der Anteil des Sponsorings sei beim Paléo, verglichen mit anderen Schweizer Festivalveranstaltern, sehr tief. Wenn der Anteil grösser ist, besteht eine gewisse Abhängigkeit und die Organisatoren eines Festivals müssen sich allenfalls den Vorstellungen der Sponsoren beugen. Zwar haben die Hauptsponsoren jeweils einen Pavillon auf dem Gelände, alles in allem ist die Werbung jedoch subtil. «Finanziell könnten wir aus dem Sponsoring vielleicht mehr herausholen – es ist ein strategischer Beschluss, dies nicht zu tun. Im Sinne eines Festivals, das möglichst auf grosse Marken an jeder Ecke verzichtet», betont Hassenstein.
Auch «Uf de Gass»-Moderator Jodok Kobelt erlebte den Wandel der Schweizer Festivals in eine kommerzorientierte Richtung mit. «Während der 80er ging es noch stärker um die Musik – in den 90ern änderte sich das allmählich. Dort wurden die Openairs zu einem Event, Musik zweitrangig bis nebensächlich und Earlybird-Tickets wurden verkauft, bevor das Line-Up bekannt war. Die Rundum-Kommerzialisierung fand statt.» Die Sponsoren hätten dann begonnen, auf dem Gelände ihre Markenburgen aufzuziehen. Wenn Sponsoring dazu beitrage, dass die Ticketpreise nicht in exorbitante Höhen schiessen, sei das im Prinzip legitim – es brauche aber auch hier gesundes Augenmass, findet der Journalist.
Gerade dieses aggressive Sponsoring ist auch Daniel Leutenegger, dem Mitgründer des Gurtenfestivals, ein Dorn im Auge. Wenn er heute auf den Gurten gehe, sei er schockiert, wie sehr das Festivalgelände zugepflastert ist mit Werbung. Es gehe auch ohne, sagt er überzeugt. «Es macht mich einfach wütend, wenn die Veranstalter erklären, es sei heute einfach nicht mehr anders umsetzbar – dafür gibt es keine Beweise.» Dass es auch immer noch ohne Werbung geht, hat Leutenegger unlängst bei einem grossen Musikfestival ausserhalb von New York erlebt. Für eine gute Idee könne man mit Engagement auch heutzutage noch viele Menschen und auch Künstler begeistern.
Die aktuelle Organisation des Gurtenfestivals nahm auf Anfrage Stellung zu Leuteneggers Äusserungen. Mediensprecherin Lena Fischer sagt: «Die sinnvolle, für die Besuchenden Mehrwert-generierende Umsetzung mit unseren Partnern am Festival selber ist uns ein grosses Anliegen. Seit 2018 haben wir die Akquirierung und Visibilität von Marken massiv reduziert und sind stets in engem Austausch mit unseren Partnerinnen, was bei unserem Festival wie umsetzbar ist und was nicht.» Es gebe seither keine sichtbare Werbung mehr für Tabakprodukte und hochprozentigen Alkohol. «Des Weiteren ist bei uns Sampling jeglicher Art, der Einsatz von Promo-Teams und Ähnlichem nicht erlaubt. Partnerschaften sind für Festivals von hoher Bedeutung und unumgänglich. Es ist aber durchaus auch möglich, das in einem angenehmen und nicht übertriebenen Rahmen zu machen. Unser Ziel ist stets, eine Win-Win-Win Situation zu schaffen – für die Besucherinnen, die Festivalorganisation und die Partner.»
Dass man auch heute noch Menschen für eine gute Sache begeistern kann, beweist das Paléo: Jedes Jahr arbeiten etwa 5000 freiwillige Helfer mit am Festival. «Diese pflegen wir mit guter Kommunikation und einer fairen Entschädigung – alles in allem kostet ein freiwilliger Mitarbeiter während einer Woche ungefähr 1'000 bis 1'200 Franken.» Für Hassenstein ist die regionale Verankerung einer der wichtigsten Argumente, wieso das Openair so erfolgreich ist.
Musikfestivals gehören für viele Schweizerinnen und Schweizer zum Sommerprogramm dazu. Die Eventbranche war, genauso wie der restliche Kultursektor auch, besonders hart von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen. 2020 und 2021 durften Grossevents gar nicht beziehungsweise nur mit Einschränkungen durchgeführt werden. Die aktuellen Zahlen der «Swiss Music Promoters Association» zeichnen jedoch wieder ein erfreulicheres Bild: 2022 gab es demnach 2’321 Veranstaltungen – das sind 233 mehr als 2019. Und auch die Besucherzahlen erholen sich langsam wieder: 2019 waren es mit 5’610’559 so viele wie noch nie zuvor. 2022 waren es immerhin bereits wieder 4’368’226 Besuchende. Die Bevölkerung scheint hungrig zu sein nach mehr Musik, mehr Tanz und mehr Gemeinschaftsgefühl unter freiem Himmel.
Was als unscheinbares Love-In begonnen hat, wird heute zu Recht auf der «Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz» aufgeführt. Denn sie sind Teil der kulturellen Vielfalt und Identität der Schweiz und erfinden sich im stetigen Wandel der Zeit immer wieder neu – ganz im Sinne des Hippiespirits von anno dazumal.
Näm mich sehr wunder was wir dann im 2078 so unternehmen im Sommer.
Danke dafür.