Der Kinosommer schleppt sich uninspiriert dahin, doch Rettung könnte in Gestalt eines trotteligen Polizisten nahen, der unsere Lachmuskeln in den Schwitzkasten nimmt. Begleitet von einer gigantischen Werbekampagne ist «The Naked Gun» zum heiss ersehnten Ereignis geworden. Das Branchenmagazin «Indiewire» titelte gar, dies sei der wichtigste Film dieses Sommers. Kein Blockbuster, sondern die Neuauflage einer Blödelkomödie aus dem Jahr 1988.
Die Vorfreude ist auch deswegen so immens, weil «The Naked Gun», zusammen mit den beiden Fortsetzungen (erschienen 1991 und 1994), tatsächlich in die inflationär gebrauchte Kategorie «Kultfilm» fällt. Leslie Nielsen als Lieutenant Frank Drebin von der Los Angeles Police entfachte darin ein humoristisches Feuerwerk: Slapstick, verdrehte Redewendungen, Zoten, extrem peinliche Missverständnisse, das volle Programm. Ein Gag pro Minute lautete das Motto von Regisseur David Zucker.
Die Reihe nahm die brutalen Cop-Thriller der 1970er-Jahre wie «Dirty Harry» ebenso auf die Schippe wie auch den Film Noir, bei dem Männer die harten Macker markieren. Und dies in jenen USA, die nach dem Ende der Sowjetunion unbeschadet über allem thronten. Egal, ob der Amerikaner Drebin ein paar Gammler abknallte, die er für Gangster hielt, er blieb der Gute. Das Sahnehäubchen der Trilogie waren die Nebenrollen, besetzt mit Promis, die regelmässig die Klatschspalten unsicher machten. Darunter O. J. Simpson, der kurz nach dem dritten Teil wegen Mordes angeklagt wurde.
Heute ist der Irrsinn dieser Komödien real geworden: Donald Trump stolpert unbeholfen wie Frank Drebin durch die Weltordnung, wirft sie bedenkenlos über den Haufen. Und wie der Polizist ist der Präsident unangreifbar geworden, egal, welche Absurdität er hinausposaunt. Worüber soll man noch lachen, wenn alle Kathedralen der Ernsthaftigkeit eingestürzt sind? Wenn längst alles von sich selbst aus lächerlich geworden ist und uns nur der Ironiepanzer vor dem Dauer-Cringe schützt?
Die Macher der Serie «South Park» entschieden sich jüngst für den Holzhammer: Sie zeigten Trump mit Mikropenis, im Bett mit dem Teufel. Der neue «The Naked Gun» umfährt solche Gegenwartsprovokationen weiträumig. Das fängt mit der Besetzung an: Liam Neeson, der sich mit Vorgänger Leslie Nielsen Initialen und Pensionsalter teilt, spielt Frank Drebin Junior. Als altes Eisen, feindlich gegenüber dem Digitalzeitalter, zielen seine Referenzen auf die Popkultur der Nullerjahre wie «Buffy» oder «Sex and the City».
Der nordirische Schauspieler parodiert damit seine bevorzugten Rollen der letzten Jahre, in denen er mit Grabesstimme als eiskalter Selbstjustizvollstrecker antrat. Der Mordfall, den er nun zu lösen hat, bildet lediglich das lose Grundgerüst für die hereinbrechende Witzewelle. Der Böse (Danny Huston) ist natürlich ein schnöseliger Tech-Entrepreneur, die Femme fatale wird von einer hinreissenden Pamela Anderson gespielt, die beim Publikum einige Lacher und aus dem Revier einen Stuhl mitnimmt.
Regisseur Akiva Schaffer macht mit der Neuauflage von «The Naked Gun» vieles richtig. Die Gagdichte ist in den knackig kurzen 85 Minuten hoch, stellenweise zieht der Humor jedoch leicht die Handbremse an. Abgesehen von Jokes über Polizeigewalt werden keine heiligen Kühe geschlachtet. Trotzdem finden sich extrem lustige Stellen, von einer Geiselbefreiung am Anfang bis hin zu einer Schein-Sex-Szene, die der Trailer (wie so manch anderes, leider) bereits halb verrät. Oft lacht man lauthals, manche versteckte Anspielungen laden mehr zum Schmunzeln ein, und am Ende hat man die Hälfte vergessen.
Was daran liegt, dass wir uns auf vertrautem Terrain befinden: «The Naked Gun» ist ein sogenanntes «Legacy Sequel», eine Mischung aus Neuverfilmung und Fortsetzung. Die Fans kennen die zahlreichen Anspielungen auf das Original, den ausgestopften Biber, den Auftritt des Spassbarden Weird Al Yankovic, die Autounfälle als Running Gag. Ein frisch aufgekochtes Klischee ist der exorbitante Kaffeekonsum der Cops.
Der Film spricht sein eigenes Dilemma des Schon-Dagewesen-Seins direkt an: Auf dem Revier gedenken die Sprösslinge ihrer Väter in der Ahnengalerie: «Daddy, ich will sein wie du – aber anders und originell!» Nur der Sohn von O. J. Simpsons Ermittlerfigur Nordberg schüttelt dabei den Kopf – und tritt dementsprechend nicht mehr auf. Das ganze trashige Skandalpotenzial wird in dieser Hommage keineswegs ausgereizt.
In einem Werbeclip für den Film beklagt Liam Neeson den Verfall der Komödie und bittet darum, unbedingt für «The Naked Gun» ein Ticket zu lösen. Denn die Komödie ist von allen Genres nicht das blühendste. Das mag verwundern, schliesslich war hierzulande «Bon Schuur Ticino» ein riesiger Erfolg und allerorts werden die alten Kalauer wieder hervorgekramt: In zwei Wochen begeben sich die Indianer in Michael «Bully» Herbigs «Kanu des Manitu» auf den Kriegspfad, der Körpertauschklamauk «Freaky Friday» wird in der Fortsetzung noch «freakiger», der aktuelle Netflix-Hit mit Adam Sandler als Golfer mit Aggressionsproblemen ist «Happy Gilmore 2».
Und doch hat gerade das Ur-Genre des Kinos keinen leichten Stand in Hollywood, erst recht nicht bei den Oscars. Wer lacht, wird belächelt. Hinzu kommt, dass viele Stoffe schlichtweg schlecht geschrieben sind. Dabei wäre das Gegengift gegen gesellschaftliches Auseinanderdriften gemeinsames Lachen. Miteinander statt übereinander. Insofern könnte «The Naked Gun» in seiner herrlich albernen Harmlosigkeit Menschen vereinen. Womöglich gelang das bereits beim Dreh: Pamela Anderson und Liam Neeson sollen inzwischen ein Paar sein. Ente gut, alles gut.
«The Naked Gun» läuft jetzt im Kino.
Liam Neeson und Pamela Anderson fand ich super!
Er hat allen das gegenteil bewiesen.
Bin gespannt ob das auch für liam gilt.