Leben
Netflix

Knast-Dating: Das fasziniert Frauen an Mördern

You. Penn Badgley as Joe Goldberg in episode 410 of You. Cr. Courtesy of Netflix © 2023
Penn Badgley spielt den Mörder Joe Goldberg in der Netflix-Serie «You».Bild: netflix

Fan-Briefe und Knast-Dating: Die Faszination an Mördern

Vergangene Woche startete bei Netflix die finale Staffel der Serie «You», die sich um einen Mörder dreht. Auch im realen Leben faszinieren solche Straftäter – vor allem Frauen.
04.05.2025, 14:2304.05.2025, 14:23
Kendra Kotas
Kendra Kotas
Mehr «Leben»

Die fünfte und finale Staffel der Netflix-Serie «You – Du wirst mich lieben» wurde vergangene Woche ausgestrahlt. In der Serie spielt Penn Badgley den Stalker und Mörder Joe Goldberg, der sich immer wieder in angeschlagene Frauen verliebt und diese versucht zu «reparieren». Gelingt dies nicht, versucht er sie zu töten. Auch andere «Störfaktoren» beseitigt er einfach.

Schon nach der ersten Staffel 2018 zeigten viele Kommentare auf Social Media, wie vor allem Frauen die Figur des attraktiven Serienmörders verteidigten und mit ihm sympathisierten. Beispielsweise postete Schauspielerin Millie Bobby Brown, dass Joe Goldberg nur verliebt sei. Dass es sich bei ihm um einen gefährlichen Psychopathen handelt, wurde ausgeblendet – auch von den anderen weiblichen Fans.

Das Ende der finalen Staffel (enthält Spoiler)

Auch in der letzten Staffel der Serie verliebt sich Joe Goldberg wieder in eine Frau. Und auch diese versucht er am Ende zu töten. Schlussendlich muss er aber die Konsequenzen für seine Taten tragen und wird für seine zahlreichen Verbrechen verurteilt und inhaftiert. Das Ende zeigt ihn, wie er einen Fan-Brief einer Frau liest, welche ihm von ihren Sexfantasien in seinem Käfig schreibt. Joe Goldberg sagt als Letztes: «Vielleicht bin nicht ich das Problem. Vielleicht bist du es.»

You. Penn Badgley as Joe Goldberg in episode 410 of You. Cr. Courtesy of Netflix © 2023
Joe Goldbergs Käfig in der Serie «You».Bild: netflix

Auch wenn die Serie fiktiv ist, zeigt die letzte Szene etwas, was auch im realen Leben öfters vorkommt: Mörder und Vergewaltiger erhalten von Frauen Fan-Post.

Beispiele für dieses Phänomen gibt es zahlreiche: Serienmörder und Vergewaltiger Ted Bundy, der für seine brutalen Verbrechen meistens Frauen auswählte, erhielt im Gefängnis unzählige Briefe von weiblichen Fans. Charles Manson hatte ebenfalls eine riesige Fan-Gemeinschaft und auch der bekannte belgische Kinderschänder Marc Dutroux, der in seinem Keller zwei 8-jährige Mädchen verhungern liess, erhielt gar einen Liebesbrief von einem 15-jährigen Mädchen.

Neben Briefen kamen einige Frauen den Verbrechern noch näher und bekamen mit ihnen sogar Kinder. Ted Bundy beispielsweise heiratete eine seiner Unterstützerinnen und bekam mit der Frau eine Tochter.

epa12055216 A protester with a cardboard cutout of Luigi Mangione gathers outside a federal court house during a hearing for Mangione in New York, New York, USA, 25 April 2025. Luigi Mangione, accused ...
Eine Anhängerin hält ein Schild von Luigi Mangione.Bild: keystone

Neuestes Beispiel ist Luigi Mangione, der mutmasslich einen CEO erschossen hat. Dank seines attraktiven Aussehens kann er sich über eine grosse Fan-Gemeinschaft freuen.

Dating-Seiten für Häftlinge

Für Häftlinge gibt es weltweit eigens für sie konzipierte Webseiten, über die sie Brieffreundschaften knüpfen können. Auf diesen Plattformen erstellen Häftlinge einen Steckbrief über ihre Interessen und Wünsche. Diese werden oftmals auch fürs Dating genutzt. Wer nach einer Brieffreundschaft einer inhaftierten Person sucht, kann beim amerikanischen Portal Writeaprisoner neben Kategorien wie Alter, Geschlecht oder Bundesstaat auch nach Ethnie, Religion und Sexualität filtern. Letzteres weist schon auf den Dating-Charakter hin. Dazu kann man auch angeben, ob Männer aus dem Todestrakt oder mit einer lebenslangen Haftstrafe infrage kommen.

Auffallend ist beim Scrollen, dass vor allem Männer gelistet sind, welche auf der Suche nach einer Frau sind. Einige der Häftlinge schreiben bei ihren Profilen wie bei normalen Dating-Seiten über Religion, Hobbys oder Familie. Andere werben dagegen regelrecht mit ihrem Status als Verbrecher. Einer schreibt: «Ich bin diejenige, von der dir alle immer gesagt haben, du sollst dich von mir fernhalten. Ich bin die verbotene Frucht. Aber wenn du einmal ein bisschen von mir hast, wirst du nie genug davon bekommen!»

Gefängnis (Symbolbild)
From Prison with Love: Auch über die Gefängnismauern hinaus kann miteinander kommuniziert werden.Bild: Shutterstock

Die Nachrichten, die man über die Webseite austauscht, werden zuerst von Wärtern ausgedruckt, durchgelesen und erst danach den Häftlingen überreicht. Diese antworten per Post.

Durch TikTok haben solche Plattformen an Aufmerksamkeit gewonnen. Vor allem Frauen erzählen von ihren Brieffreundschaften, aus welchen sich teilweise auch Beziehungen ergaben. Dies ist jedoch risikobehaftet. Eine Frau, die einen Häftling geheiratet hat, sagt dazu laut der Kleinen Zeitung: «Grundsätzlich muss man wirklich aufpassen, wenn man mit Insassen in Kontakt tritt. Da gibt es auch welche, die einem alles versprechen, und sobald sie raus sind, lassen sie einen fallen.»

Ein ähnliches Angebot gibt es auch in der Schweiz und Deutschland. Auf der Plattform Jail Mail werden inhaftierte Personen aufgeführt, welche Kontakt zur Aussenwelt suchen. Bei Interesse kann ein Brief für die Person an Jail Mail gesendet werden, welcher dann an den Häftling weitergeleitet wird. Das Ziel beim Ganzen ist die Resozialisierung der Täter sowie die emotionale Unterstützung für die Inhaftierten. Auf der Plattform wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Angebot um keine Dating-Plattform handelt. In der Realität wird das Ganze wohl auch dafür genutzt werden.

Denn: In einem Inserat werden beispielsweise explizit sexuelle Handlungen beschrieben. Viele der Personen suchen aber laut 20 Minuten auch einfach Normalität und eine Person, um sich auszutauschen.

Aus der Schweiz sind derzeit 35 Inserate aufgeschaltet – alle von Männern. Inserieren können aber alle Geschlechter. Die Männer suchen laut ihren Angaben in den Inseraten, die sie selber verfassen, meistens eine weibliche Person. Anders als beim amerikanischen Pendant sieht man keine Fotos und auch die Straftat ist nicht einzusehen.

Bei den meisten weitergeleiteten Briefen handelt es sich um Erstkontakte. Danach senden die meisten Leute ihre Briefe direkt an die Insassen. Personen, welche die eigene Adresse nicht preisgeben wollen, können weiterhin anonymisiert über die Vereinsadresse schreiben. Gemäss der Zeitung schreiben grösstenteils Frauen über Jail Mail die Häftlinge an.

Auch wenn es für die Inhaftierten positive Aspekte mitbringt, sich mit der Aussenwelt auszutauschen, sollte aber immer vorsichtig vorgegangen werden. Es könnte sich um gefährliche Personen handeln, die eine solche Brieffreundschaft missbrauchen möchten.

Das «Bonnie-und-Clyde-Syndrom»

Wo einige Menschen liebend gerne in den Kontakt mit Verbrechern kommen, werden sich andere wohl fragen, woher dieser Reiz kommt. Die Faszination für Schwerverbrecher hat sogar einen Namen: Hybristophilie oder auch «Bonnie-und-Clyde-Syndrom», benannt nach dem berühmten Gangster-Duo Bonnie Parker und Clyde Barrow.

Für die psychologische Störung gebe es mehrere Ursachen, wie den Glauben, die Person mit ihrer Liebe heilen zu können oder die Kontrolle durch die räumliche Trennung. Andere Gründe können Einsamkeit, geringes Selbstbewusstsein und der Wunsch nach Aufmerksamkeit sein.

Was viele gemeinsam haben, ist, dass sie Verbrechen verteidigen und oft von der Unschuld der Täter überzeugt sind.

Hier Näheres zu dem Phänomen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Charles Manson ist tot
1 / 20
Charles Manson ist tot
Der frühere Sektenführer und verurteilte Mehrfachmörder Charles Manson ist tot. (Bild 1969)
quelle: ap/ap
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Menendez-Brüder: Die wahre Geschichte hinter der Netflix-Serie «Monsters»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
58 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Jodok Kraskalli
04.05.2025 15:42registriert Mai 2021
Gut zu wissen, habe jetzt auf Tinder angegeben, dass ich mit 7 Jahren ein Schoggistängeli geklaut habe. Hoffe meine Chancen sind nun grösser.
899
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fight4urRight2beHighasaKite
04.05.2025 15:50registriert Februar 2025
Trotz aller Tragik fand ich den kürzlichen Tik-Tok-Trend zu Wade Wilson, einem Mehrfach-Frauenmörder, dann doch irgendwie amüsant. Einen Monat zuvor gab es auf derselben Plattform einen Trend, indem Frauen bekräftigten, dass sie lieber einem Bär als einem Mann im Wald begegnen. Kurz darauf simpen abertausende Tik-Tok-Frauen für Wade Wilson und überhäufen ihn mit Liebesbriefen im Knast 😂🤦‍♂️

Was viele von uns Männern schon lange wissen, es gibt halt auch toxische Weiblichkeit und nicht gerade selten.
8012
Melden
Zum Kommentar
avatar
El_Chorche
04.05.2025 15:40registriert März 2021
Tja, diese Männer haben halt etwas zu bieten.

Spannung, Drama, gefährliches Kribbeln!

Wie will da Heinz Rüdiger mit seinem festen Job und seinem abbezahlten Einfamilienhaus mithalten?

Der wird doch erst interessant, wenn es ums Heiraten geht... uehuehue

Gruss
Chorche, voll der krasse Gangster
6413
Melden
Zum Kommentar
58
    Dein krassestes Festival-Erlebnis, User? (Wir verlosen Gurten-Tickets, yay!)

    Die Festival-Season hat begonnen, und wir würden gerne von unseren Lieblings-Usern (das seid ihr!) wissen, was eure spektakulärsten Erlebnisse an Openairs waren.

    Zur Story