Drei Tage dauert der Prozess zwischen Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard in Fairfax, im US-Bundesstaat Virginia, schon. Nach den Eröffnungsplädoyers der Anwälte beider Parteien wurden am Dienstag und Mittwoch die ersten Zeugen vernommen.
Die erste Zeugin war Depps ältere Schwester, Christi Dembrowski. Sie musste sich einer Reihe von Fragen von Heards Anwalt stellen. Dembrowski sagte dabei, sie und ihr Bruder hätten eine schwierige Kindheit durchlebt, in der Depp gelernt habe, sich vor seiner misshandelnden Mutter zu verstecken. Depp war das jüngste von vier Geschwistern. Sie sagte, Johnny zog sich immer dann zurück, wenn die Mutter ihn körperlich und seelisch missbrauchte.
Sie habe das gleiche Muster in Depps Beziehung zu Heard gesehen, so Depps Schwester Dembrowski. Diese arbeitete auch als Depps persönliche Managerin. Sie hätte jeweils ein zusätzliches Hotelzimmer für Depp gebucht, wenn Heard einen Streit angefangen habe, sagte Dembrowski aus.
Heards Anwälte versuchten daraufhin, Dembrowski dazu zu bringen, Aussagen über die Medikamenten-, Alkohol- und Drogensucht ihres Bruders und mögliche Auswirkungen auf sein und Heards Leben zu machen. Dazu wurden Teile aus Textnachrichten vorgelesen, die Dembrowski mit Heard ausgetauscht hatte.
Depps Schwester zeigt sich darin besorgt um ihren Bruder aufgrund seiner Medikamentensucht. Sie habe Heard Nachrichten geschrieben, weil sie in Depps Leben helfen wollte – und auch, weil die beiden die ganze Zeit stritten. Allerdings bestritt Dembrowski, sich Sorgen aufgrund Depps' Drogen- oder Alkoholsucht gemacht zu haben.
Dembrowski wurde später auch noch von Depps Anwaltsteam befragt. Dabei wurde klar, wie sie zur ehemaligen Frau ihres Bruders stand: Sie hätte oft vieles dramatisiert. «Ich hatte meine eigenen Interaktionen mit Frau Heard, ich weiss also ein bisschen etwas über ihre Persönlichkeit», so Depps Schwester. Dembrowski sagte auch, Depp hätte damals ein gutes Team um sich gehabt. Man habe sich gut gekannt und einander vertraut. Was Heard während der Beziehung manchmal behauptete, sei oft anders erzählt worden von Mitgliedern seines Teams.
Nach Depps Schwester wurde Isaac Baruch, Künstler und langjähriger Freund und Nachbar von Johnny Depp, verhört. Baruch ist laut eigenen Aussagen von Depp finanziell unterstützt worden. Der Schauspieler habe ihm eine Wohnung zur Verfügung gestellt und ihm im Laufe der Jahre etwa 100'000 US-Dollar gegeben, damit dieser an seiner Kunst arbeiten konnte.
Baruch erzählte frei von der Leber weg und sorgte mit seinen Ausführungen gar für Gelächter im Prozesssaal. Er sagte, er habe sich sofort in Amber verliebt, als er sie kennenlernte. Sie sei immer sehr respektvoll und humorvoll gewesen. Über die Beziehung von Depp zu Heard sagte er, er habe sie stets zärtlich und liebevoll wahrgenommen. Er hätte Depp und Heard zwar auch streiten erlebt, daran sei aber nichts Aussergewöhnliches gewesen.
Baruch hätte aber aufgehört, mit Amber Heard zu sprechen, nachdem sie diese Vorwürfe von Missbrauch durch Depp erfunden hätte. Er sagte dabei aus, Heard hätte ihm einmal erzählt, wie Johnny Depp ein Telefon nach ihrem Gesicht geworfen hätte. Er hätte aber zu keiner Zeit, als er neben dem Ehepaar gewohnt hatte, bei Heard physische Anzeichen von Verletzungen gesehen, auch nicht Tage nach dem angeblichen Übergriff.
Während Baruch's Verhör wurden allerdings auch Details diskutiert, die den Schauspieler belasten. So wurden Textnachrichten vom Oktober 2016 zwischen Depp und Baruch enthüllt. Darin schrieb Depp beispielsweise, er hoffe, dass Heards «verrottende Leiche im verdammten Kofferraum eines Honda Civic verwest». Baruch bestätigte vor Gericht, dass die Nachricht gesendet wurde.
Baruch wurde während des Verhörs aber auch emotional, als er darüber sprach, wie sich Heards Anschuldigungen auf Depp und diejenigen auswirkten, die dem Schauspieler nahestehen. «Seine Familie ist durch all diese Dinge völlig zerstört worden, und das ist nicht fair», sagte Baruch. «Es ist nicht richtig, was sie getan hat. ... Es ist wahnsinnig.»
Auch eine frühere Eheberaterin der seit 2017 geschiedenen Schauspieler zu Wort gekommen. Sie habe von beiden Seiten missbräuchliches Verhalten wahrgenommen, sagte die Therapeutin Laurel Anderson. Heard habe durch ihr Verhalten Depp provoziert und Streitereien begonnen. Bei einem Besuch im Dezember 2015 habe die Schauspielerin blaue Flecken im Gesicht gehabt.
Andersons Aussage war im Februar aufgezeichnet worden. Das Video wurde am Donnerstag vor Geschworenen in einem Gericht im Bezirk Fairfax im US-Bundesstaat Virginia abgespielt. Per Videoaussage kam auch eine frühere Assistentin von Heard zu Wort. Kate James gab an, dass sie keine Handgreiflichkeiten zwischen dem Paar erlebt oder Verletzungen bei der Schauspielerin bemerkt habe. Sie selbst sei aber häufig von Heard beschimpft worden, sagte James in der Aufzeichnung.
Es wird davon ausgegangen, dass der Prozess mehrere Wochen dauern wird. In dessen Verlauf werden auch Heard und Depp selber noch aussagen. (lak)