In der Schweiz entscheiden sich viele für einen Schönheitseingriff. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Laut der Gesellschaft Swiss Plastic Surgery werden in der Schweiz pro Jahr schätzungsweise rund 90’000 Schönheitsoperationen durchgeführt. 85 Prozent der Kundschaft sind Frauen. Was steckt hinter dieser Selbstoptimierung? Der SRF-DOK «Das optimierte Gesicht» geht dieser Frage nach.
Die Sendung startet mit einer interessanten Frage der Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle: «Was ist am Schluss wichtiger, eine schöne Visage oder ein gelebtes Leben?» Für sie ist es unverständlich, warum man Risiken eingeht, um sich selbst zu gefallen. Sind es die Komplimente? Grössere Chancen auf einen Partner? Mehr Glücksgefühle? Das sagen diese sechs Menschen zu ihren Schönheitsoperationen:
Die ehemalige Sekretärin war schon immer eine Ästhetikerin. «So alt wie auf den (Ausweis-)Papieren, fühle ich mich nicht», sagt sie. Seit geraumer Zeit stört sie sich über ihren «Truthahnhals», welcher immer schlimmer werde. Nachdem sich eine ihrer Freundinnen die überschüssiger Haut am Hals hat entfernen lassen, möchte auch Maria Müller ein Halslifting vornehmen. Kostenpunkt: 12'500 Franken.
Vier Monate nach der Operation geht es Maria Müller hervorragend. «Mein Alltag ist durch den Eingriff viel besser geworden. Ich habe viel mehr Lebensfreude als vorher und ich gefalle mir wieder.» Schmerzen hätte sie aufgrund der Behandlung nie gehabt.
Den Wunsch, sich die Augenlider zu operieren, hat die Unternehmerin schon seit sie 40 ist. Zu ihrem 50. Geburtstag will sie sich unters Messer legen. Der Druck auf die Schlupflider werden je länger je mehr zur alltäglichen Belastung und lösen bei Anita Buche starke Kopfschmerzen aus.
Bei ihrer Augenlid-Optimierung kommen zwei Eingriffe in Frage: Ein Eingriff mit Hyaluronsäure, die sich aber nach zirka sechs Monaten wieder abbaut und man wiederholen müsste, oder die langfristige Variante: Eine Eigenfetttransplantation. Anita Bucher entscheidet sich für letzteres. Um noch einen Tick frischer auszusehen, lässt sie sich auch noch die Mundwinkel-Falten wegspritzen. Kostenpunkt: 5900 Franken.
Drei Monate später ist Bucher zufrieden mit ihrem Eingriff. «Ich fühle mich viel freier. Ich kann mit den Augen besser gestikulieren und ich habe keine Kopfschmerzen mehr, da ich mehr mit den Augen sprechen kann.»
Die bald 37-jährige medizinische Praxisassistentin stattet dem Beauty-Doc halbjährlich einen Besuch ab. Immer dann, wenn es wieder «nötig» sei.
«Mir ist es wichtig, dass ich mir selber gefalle, wenn ich mich im Spiegel ansehe. Es sind nur kleine Dinge, die man mit wenig Aufwand verbessern kann», sagt Manuela Andelo vor ihrer Vampirlift-Behandlung. Die blutige Technik der Gesichtsbehandlung soll einer Hautalterung entgegenwirken.
Auch der Fitnesstrainer Kevin Rossi ist nicht das erste Mal beim Beauty-Doc. Durch kleine Eingriffe fühle er sich attraktiver und könne dadurch selbstbewusster auftreten.
In der Sendung äussert er gleich drei Wünsche. Er will sich die Falten auf der Stirn und in den Mundwinkeln entfernen lassen sowie die Kieferwinkel unterspritzen. «Ich habe das Gefühl, man sieht etwas männlicher aus, wenn man mehr Kanten im Gesicht hat», sagt er kurz vor seinem Eingriff.
Die Hausfrau Zuzana Reijmanova hat drei kleine Kinder. Umso wichtiger ist es ihr, auch als Mutter jung und frisch auszusehen. «Nicht das man denkt, dass die Kinder mit der Grossmutter unterwegs sind.»
Erfahrungen mit Schönheitsoperationen hat Reijmanova bereits. Nach der Schwangerschaft hat sich Reijmanova die Brüste machen lassen. Während der Sendung nimmt sie Fillereingriffe an den Lippen und an der Stirn vor. Die Kosten dafür übernehme ihr Ehemann.
Auch Judith Buerli, Filialleiterin eines Modegeschäft, ist eine glückliche Kundin: «Seitdem ich das erste Mal etwas gemacht habe, ist meine Ausstrahlung ganz anders. Mein Lachen kommt viel besser zur Geltung und die Leute sagen mir, dass ich entspannter aussehe.»
Zu ihrer Beauty-Routine gehören Fillerbehandlungen. Wichtig ist ihr, dass die Optimierungen natürlich wirken, die Mimik will sie nämlich nicht verlieren.
Haben Botoxbehandlungen tatsächlich einen Effekt auf die Mimik? Ja, sagt die Neurowissenschaftlerin Charlotte Baumeister, die in einer Studie herausgefunden hat, dass sich Botulinumtoxin unsere Emotionen lähmt. Konkret heisst das: Durch Botox im eigenen Gesicht erkennt man die Emotionen der anderen Personen weniger schnell. «Den Menschen fiel es nach einer Botulinumtoxin-Behandlung schwerer, Emotionen aus ihrer Umwelt, die nicht sehr ausgeprägt waren, richtig zu verstehen», so Baumeister.
Auch die Individualität leide immer mehr an den Folgen der Schönheitseingriffe. Man wolle sich einem gewissen Gesellschaftsbild anpassen, findet Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle, die Schönheitsoperationen weiterhin kritisch gegenüber steht. «Je mehr wir so verbissen an der Illusion festhängen, dass wir alles kontrollieren können, desto weniger leben wir», sagt sie zum Schluss der Sendung. Und nochmals taucht die Frage auf: «Was ist am Schluss wichtiger, eine schöne Visage oder ein gelebtes Leben?».
Die SRF-Sendung «Das optimierte Gesicht» kannst du dir hier in voller Länge anschauen.
Aber diese Luxusmedizin, die zur 'Optimierung' des Aussehens dient, werde ich nie verstehen.
Eine Psychotherapie zur besseren Einordnung von Selbst- und Fremdwahrnehmung wäre wohl nachhaltiger. Und nachhaltiger.