Es geht ja. Es geht, wenn jemand wie Nemo eine perfekte Performance mit einer grossartigen Gesangseinlage liefert. Es geht, wenn man einen Song wie «The Code» hat, der mal aus der Reihe tanzt. Der endlich mal aufhorchen lässt.
Bereits im Vorfeld wurde Nemos Talent vom Publikum erkannt. Europaweit. «The Code» wurde als haushoher Favorit gehandelt. Dies, obwohl der Song, na ja, durchaus etwas ... frickelig daherkam; etwas zu sehr wie ein Lego-Konstrukt, das man aus musikalisch scheinbar nicht verwandten Versatzstücken zusammengeschustert hatte.
Doch ein Hinhörer ist «The Code» alleweil. Und ein Ohrwurm noch dazu. Dieser Falsettgesang! Diese Rap-Einlage! Kein Wunder, waren sich ESC-Fans in aller Welt sicher, dass wir es hier mit einem Winner zu tun hatten.
Doch nach den Halbfinals sackte Nemo in den Wettquoten ab. War just die Tatsache, dass Nemo wunderbar sympathisch und zugänglich war, dass der Song perfekt die eklektische Kreativität des Zeitgeistes widerspiegelte, am Ende vielleicht auch eine Schwäche? War der Schweizer Beitrag wieder einmal – *flüster* – es bitzli lieb? Nett? Brav? So wie die Schweiz selbst halt?
«‹The Code› ist ungemein kreativ» ... doch da kommt Irland und ist ein klein wenig kreativer. Und kompromissloser. Und die Kroaten legen zwar einen stumpfen Stampfsong hin, doch mit einem ungemeinen Drive und jener entscheidenden Portion Rotz. Oder anders ausgedrückt: Dem Schweizer Beitrag wird rundum Qualität attestiert und Respekt gezollt. Aber mit dem Kroaten will man ins Bett.
THE WINK AND THE SMIRK AT THE END THO 😭🥵 #Eurovision2024 #ESC #Eurovision #BabyLasagna pic.twitter.com/9A5XKi3Leb
— Globus Hystericus (@Prkan_708) May 7, 2024
Nö. Fehlanzeige. Äussere Umstände konnten Nemos Sieg nichts anhaben. Dass bald einmal die Israel-Kontroverse den ESC dominierte, kam der Schweiz vielleicht gar zu Hilfe. Inmitten des Tohuwabohus über Pro-Palästina-Demos in Malmö, Brüskierungen der israelischen Sängerin Eden Golan durch ihre Konkurrenten und Rivalinnen (we're looking at you, Greece) und der Frage, ob ESC-Fans die Veranstaltung boykottieren sollten (und damit auch die Televoting-Stimmabgaben), wollten Publikum wie Jurys am Ende einfach was Gutes gewinnen sehen.
Man darf es ruhig nochmals konstatieren: Nemo machte das super. Maximum Respect.
Und: BOAH, heuer war's ein spannender ESC!