Hunderttausende hören ihm immer noch zu, regelmässig. Der selbst ernannte «König des Popschlagers» klingt dann so: «Ich bin Michael Wendler, ich habe keine Angst. Ich hab einen auf den Kopf bekommen. Da müssen euch doch alle Lichter angehen. Es gibt kein Normal mehr.»
Freiwillig lauschen die Menschen diesen Abstrusitäten nicht. Sie werden davon überrumpelt: durch Jan Böhmermann und Olli Schulz. In deren Podcast «Fest und Flauschig», der nach Angaben von Spotify zu den erfolgreichsten Hörformaten Deutschlands zählt, erklingen diese Verschwörungsversatzstücke Wendlers, mal mittwochs, mal sonntags. Eingespielt als launige Abwechslung, die zeigt: Diesen Mann kann keiner mehr ernst nehmen.
Es sind Äusserungen des in den Verschwörungssumpf von Telegram abgerutschten USA-Auswanderers aus dem Oktober 2020. Damals blies er einen fünfminütigen Monolog in die Abgründe des Internets, warf der Presse vor, ihn «deformieren» zu wollen, und meinte vermutlich, es diffamiere ihn jemand. Michael Wendlers Verwirrtheitsgrad scheint keine Grenzen zu kennen. Das wurde spätestens zu dieser Zeit klar.
Der Herbst 2020 wird zu Wendlers Wendepunkt, seine Bruchlandung mit Ansage. Er äussert sich in einem irritierenden Video zur Corona-Politik in Deutschland. Der Sender RTL, der ihn als Juror für die Castingshow «Deutschland sucht den Superstar» engagiert hat, nennt ihn daraufhin einen Verschwörungstheoretiker und distanziert sich von ihm. Als Michael Wendler Deutschland ein «KZ» nennt, schneidet ihn die Produktion komplett aus der Sendung. Sprechblasen ersetzen fortan Wortmeldungen von ihm. Eilig erstellte Verpixelungen des Ex-Jurors werden zum viel belächelten Internetphänomen.
Dass Wendler versucht, im Nachhinein «KZ» als Abkürzung für «Krisen Zentrum» darzustellen, reiht sich ein in das Kuriositätenkabinett, dessen Urheber er ist. Längst nimmt dem Mann, der an diesem Mittwoch 50 Jahre alt wird, niemand mehr seine Rechtfertigungen ab. Er ist ein gefallener Star. Ein Inbegriff dafür, wie schnell ein Aufstieg in einen Absturz münden kann.
In den 2000er Jahren erlebt Wendler, wie sehr ihm seine Fans am Ballermann oder in den Grossraumdiscos Nordrhein-Westfalens an den Lippen hängen, wenn er «Sie liebt den DJ» trällert. Er ist erfolgreich, inszeniert sich als «die geilste Sau der Welt» und landet mit seiner Machomasche in nahezu allen deutschen Reality-Shows: Dschungelcamp, «Schlag den Star», «Promi Big Brother», «Sommerhaus der Stars» – überall ist er ein Trash-Kandidat mit Quotenpotenzial.
Doch mit dem Phänomen ist es vorbei. Da hilft ihm auch keine fast 30 Jahre jüngere Partnerin. Dabei bringt ihm Laura Müller aus Tangermünde an der Elbe 2019 reihenweise Schlagzeilen ein. Die öffentliche Liebelei wird angereichert mit bizarren Videos aus der gemeinsamen Wahlheimat Florida. Ein angeblich von Laura Müller an ihn verschenktes Protzauto gerät zur dankbaren Parodievorlage, «Schatz, was ist das?» wird zum geflügelten Wendler-Schenkelklopfer. Es folgen ein «Playboy»-Shooting seiner damals 18-jährigen Freundin und eine standesamtliche Trauung.
Statt «Playboy» wird nun vermeintlich Erotisches auf OnlyFans angeboten. Es ist die offenbar letzte verbliebene Möglichkeit für das Paar, aus den einstigen Errungenschaften Kapital zu schlagen. Die Bilder und Videos auf der Erotikplattform sind für 35 US-Dollar monatlich zu haben. Wie viele Abonnenten dieses Angebot tatsächlich nutzen, lässt sich schwer nachvollziehen, doch die Zahl der «Gefällt mir»-Angaben auf dem Profil spricht nicht von durchschlagendem Erfolg.
Gerade mal 7'600 Menschen begeistern sich für Bilder der barbusigen Laura Müller. Überschrieben sind die in aller Regel mit einem Lockangebot wie diesem: «Mein neues sexy Video wird dich umhauen». Alles in Grossbuchstaben geschrieben. «Schreibe mir NAKED WHIRLPOOL für Dein heisses persönliches Video Angebot», heisst es weiter. Wer solche Mätzchen mitmacht, ist nicht bekannt. Wie viel Geld das Wendler-Paar für seine privat verschickten Inhalte verlangt, ebenso wenig.
Auffällig ist nur, wie sehr sich die Freizügigkeit der inzwischen 21-jährigen Laura Müller in den vergangenen Monaten gesteigert hat. Ob im Wald, auf einem Boot, im Auto oder am Pool: Unterwäsche ist das Maximum an Körperbedeckung. Die Posen der einst erfolgreichen Influencerin gleichen dabei denen von Erotikmodels auf ganz anderen Schmuddelseiten im Internet. Michael Wendler ist nur der Mann im Hintergrund. Er schiesst die Fotos, kommuniziert mit der Community – und zeigt sich nur in Ausnahmefällen mal in einem Video, zum Beispiel, wenn er Laura Müller beim Erdbeereinkauf in einer Supermarktfiliale filmt.
So sieht das Leben von Michael Wendler heute aus. Was er den lieben langen Tag treibt? Unklar. Auf seiner Homepage michaelwendler.de scheint er jedenfalls nicht aktiv zu sein. «Hier entsteht eine neue Internetpräsenz!», ist dort neben einem Baustellenschild zu lesen. Auf Instagram ist sein Kanal nach wie vor gesperrt. Auf Facebook gibt es sein Profil zwar noch, aber der letzte Eintrag ist über ein Jahr alt. Ihm bleibt neben OnlyFans also nur noch Telegram. Dort findet er Zuflucht bei Menschen, die mit ihm fleissig Verschwörungserzählungen verbreiten. Sätze wie «Wer jetzt nichts merkt, ist nicht mehr zu retten» stehen beispielhaft für den Ton, den er dort anschlägt – natürlich geschrieben in Grossbuchstaben.
Sonst ist wenig zu hören. Wo auch? Musik, die der Wendler noch vergangenes Jahr vollmundig angekündigt hat, sucht man vergebens. Konzerttermine? Mangelware. «Die Leute reden davon, meine Karriere ist vorbei. Meine Karriere ist nicht vorbei! Ich stehe am Anfang. So oft hat man mir das schon abgesprochen. Ich bin Michael Wendler, ich habe keine Angst. Leute, versteht das endlich, macht euch frei.» Weitere Sätze aus dem Wendler-Monolog von 2020. Auch wenn nur Teile davon, leicht verfremdet, regelmässig an Podcast-Hörer gelangen: Sie sprechen für sich.
Verwendete Quellen:
Oben steht: "Die Bilder und Videos auf der Erotikplattform sind für 35 US-Dollar monatlich zu haben." "Gerade mal 7'600 Menschen begeistern sich für Bilder der barbusigen Laura Müller."
Also wenn die olle Tante wirklich 7600 Deppen hat die ihr monatlich 35 Dollar überweisen sind das nach Adam Riese 266'000 Dollar jeden Monat. Aber evtl. habe ich das falsch gerechnet weil ich, wie gesagt, Only Fans nur vom hören sagen kenne.