Schweiz
Aargau

Schweizer Gewässer sind verschmutzter als man denkt

Mitglieder des Vereins Abfalltaucher füllen eine Abfallmulde.
Mitglieder des Vereins Abfalltaucher füllen eine Abfallmulde.bild: instagram/abfalltaucher

Der unsichtbare Müll in Schweizer Gewässern

12.08.2019, 20:08
Mehr «Schweiz»

Schweizer Gewässer gleichen unter Wasser stellenweise einer Müllhalde. Flaschen, Gartenstühle, sogar Skis und Tonnen von Plastikmüll liegen am Grund von Seen und Flüssen. Freiwillige, zum Beispiel des Vereins Abfalltaucher Schweiz, holen den Müll an die Oberfläche. Pro Einsatz sammeln die Taucher zwischen 500 Kilogramm und sieben Tonnen Müll.

Am vergangenen Samstag führten 16 Taucher im Wasser und 12 Helfer an Land einen «Cleanup» am Hallwilersee bei Mosen LU durch. Während rund drei Stunden sammelten die Freiwilligen insgesamt 600 Kilogramm Abfall. «Es liegt noch viel mehr da unten» sagte Vereinspräsident Matthias Ardizzon zu Keystone-SDA, «jedoch war die Sichtweite unter Wasser eine Katastrophe.» Wegen Plankton und anderen Schwebstoffen im Wasser betrug die Sichtweite zum Teil weniger als einen Meter.

Besonders schlimm sei die Müllbelastung im Zürcher Seebecken. Bis zu sieben Tonnen Abfall werden dort pro Einsatz durch die Taucher aus dem Wasser gefischt. Bei drei Einsätzen pro Jahr an dieser Stelle entspricht das einer Abfallmenge von 21 Tonnen.

«Man weiss nie, was man finden wird. Das macht für viele Taucher auch den Reiz aus, mitzuhelfen.»
Matthias Ardizzon

Unter den «Fundstücken» in Zürich seien auffällig viele teure Gegenstände wie Smartphones, E-Trottinette, Markenvelos, Motorräder und Portemonnaies. Matthias Ardizzon hat ausgerechnet, dass der geborgene Müll bei ihrem letzten Einsatz einen Wert von rund 60'000 Franken hatte. «Jeder Mülltauchgang ist auch ein wenig eine Schatzsuche» sagt Ardizzon. «Man weiss nie, was man finden wird. Das macht für viele Taucher auch den Reiz aus, mitzuhelfen.»

115 Tonnen Plastik pro Jahr in Gewässern

Der Swiss Litter Report untersuchte 2018 den Zustand der Abfallverschmutzung an den Ufern der Schweizer Gewässer. Er kam zum Ergebnis, dass in Sommermonaten durchschnittlich auf jedem Quadratmeter Ufer ein Stück Müll liegt. In Schweizer Gewässern landen jährlich 115 Tonnen Plastikmüll, so eine im Juli 2019 erschienene Untersuchung der Empa im Auftrag des Bundes.

Erst langsam wachse das Bewusstsein in der Bevölkerung, dass Umweltschutz nicht an der Wasseroberfläche aufhört, sagen Umweltschützer, Fischer und Taucher seit längerem. Die Mitglieder des Vereins Abfalltaucher Schweiz wissen, dass ihre Arbeit nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist. Jedoch, so sagen sie optimistisch, «steter Tropfen höhlt den Stein.» Nichts zu unternehmen, sei auch keine Lösung.

Die Schweizer Abfalltaucher existieren seit rund zehn Jahren. Die Taucher und Helfer arbeiten ohne Entlohnung. Auch die teure Tauchausrüstung stellen die Freiwilligen selbst. Der Verein finanziert sich über Mitgliederbeiträge und Spenden.

Die Entsorgung des Mülls bezahlen die «Verursacher», was in der Praxis bedeutet, dass oft die Seeanrainergemeinden, Hafenbetreiber oder Betreiber von Strandbädern für die Kosten aufkommen. Die Taucher sind bis zu zweimal pro Monat in verschiedenen Gewässern der Schweiz im Einsatz. (sda/jaw)

Mehr Informationen zu den Abfalltauchern findest du auf ihrer Website, und zwar hier.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Plastikmüll im Meer
1 / 21
Plastikmüll im Meer
Plastikmüll ist tödlich. (Bild: myplasticfreelife.com)
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Die Schweiz braucht zu viel Plastik
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Bündn0r
12.08.2019 20:21registriert Januar 2018
Und unter dem Streetparade Artikel behaupteten einige voller Ernst, es entstände gar keine zusätzliche Verschmutzung durch den Anlass. Der Müll würde einfach nicht zuhause entsorgt...

Vielen Dank an die ganzen Freiwilligen die unsere Gewässer sauber halten!
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Coffeetime ☕
12.08.2019 20:18registriert Dezember 2018
Ach und dann gibt es die, die behaupten, in der schönen Schweiz gäbe es kein Plastik in den Flüssen und Seen... 🤔
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wurst Hans
12.08.2019 20:53registriert September 2014
Besten Dank an alle Taucher, welche sich daran beteiligen 👍.

Bei der Aktion im Hallwilersee, wurde da kein Gummi-Kaiman gefunden?
Nur so, würde dann das Rätsel um das Monster aus Loch Hallwil endgültig lösen 🤣.
00
Melden
Zum Kommentar
15
Der Lidl-Chef kündigt neue Jobs an: «Das sind 300 neue Stellen pro Jahr»
Nicholas Pennanen ist seit letztem Jahr der neue Chef des deutschen Discounters in der Schweiz. In seinem ersten Interview verrät er die speziellen Vorlieben der Schweizer Kundschaft und sagt, weshalb seine Kühlregale trotz Öko-Kritik nicht geschlossen sind.

Die Migros geht in die Preisoffensive und hat laut verkündet, dass es keinen Grund mehr gebe, zum Discounter zu gehen. Macht Sie das nervös?
Nicholas Pennanen: Überhaupt nicht. Preissenkungen sind für uns normal. Wir haben dieses Jahr schon bei über 1000 Lebensmitteln die Preise gesenkt, im Non-Food-Bereich sogar bei über 1500. Wir haben das nicht so gross kommuniziert, bei uns sieht man das direkt im Regal. Aber der Preis ist nicht das einzige Kriterium.

Zur Story