Schweiz
Abstimmungen 2024

Abstimmung zum Mietrecht: Bei der Untermiete ist ein Ja möglich

The letters AIRBNB and key boxes numbered 0 to 12 at a residential building at Zypressenstrasse in Zurich, Switzerland, on 6. April 2019. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Airbnb-Schlüsselboxen in Zürich. Der Anbieter stösst in immer mehr Städten auf Widerstand. Bild: KEYSTONE

Reizwort Airbnb: Warum es beim Mietrecht zumindest ein Ja geben könnte

Im November stimmen wir über zwei Vorlagen ab, die die Rechte der Vermieter stärken. Im Prinzip haben sie kaum eine Chance, doch bei der Untermiete gibt es Gründe für ein Ja.
09.10.2024, 15:5009.10.2024, 16:47
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Wie verkauft man einem «Volk von Mietern» zwei Vorlagen, die in erster Linie den Vermietern nützen? Mit dieser heiklen Ausgangslage muss sich ein ausschliesslich aus bürgerlichen Politikern bestehendes Ja-Komitee herumschlagen, das am Dienstag vor die Medien trat. Und sich Mühe gab, die Tragweite beider Änderungen des Mietrechts herunterzuspielen.

Der Mieterinnen- und Mieterverband hatte dagegen das Referendum ergriffen. Dies sei «etwas erstaunlich» und dem Wahljahr 2023 geschuldet, meinte der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, seit Juni Präsident des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV). Denn die Vorlagen würden nur «einen kleinen Teil der Mietverhältnisse» berühren.

Die Nationalraete Vincent Maitre, Mitte-GE, Patrizia von Falkenstein, FDP-BS, Gregor Rutz, SVP-ZH, Philipp Matthias Bregy, Mitte-VS, Olivier Feller, FDP-VD, und Paolo Pamini, SVP-TI, von links, vom ue ...
Die Medienkonferenz des Ja-Komitees vom Dienstag.Bild: keystone

Alles halb so wild? Immerhin will die erste Vorlage die Kündigung eines Mietvertrags bei Eigenbedarf des Vermieters erleichtern. Die zweite verschärft die Regeln für eine Untervermietung. Es braucht dafür künftig zwingend die schriftliche Zustimmung des Vermieters. Im Grundsatz soll eine Untermiete zudem auf zwei Jahre befristet werden.

Eine kleine Minderheit profitiert

In einer Zeit verschärften Wohnungsmangels scheinen die Vorlagen quer in der politischen Landschaft zu stehen. Denn strukturell ist das Komitee im Nachteil. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung sind Mieterinnen und Mieter, und wer Wohneigentum besitzt, nutzt es in der Regel selbst. Nur Inhaber von Mietobjekten profitieren davon, also eine kleine Minderheit.

Die Befürworter versuchen, diesen Nachteil zu kontern, indem sie einen «Bund für mehr Wohnraum» gegründet haben. Doch selbst Gregor Rutz räumte im Gespräch mit watson ein, dass wegen der «kleinen» Mietrechtsänderungen keine einzige zusätzliche Wohnung gebaut werden dürfte. Offen ist auch, wie viel Unterstützung es «von oben» geben wird.

Parmelin war dagegen

Die beiden Vorlagen aus der «Küche» des HEV wurden von der bürgerlichen Mehrheit im Parlament durchgedrückt, gegen den Widerstand des zuständigen Bundesrats Guy Parmelin (SVP), der sie als «ungerechtfertigt» bezeichnete. Sechseinhalb Wochen vor der Abstimmung am 24. November gibt es noch nicht einmal einen Termin für die bundesrätliche Medienkonferenz.

Angesichts dieser für die Befürworter schwierigen Umstände ist es bemerkenswert, dass beide Vorlagen in der ersten Tamedia-Umfrage auf einen Ja-Anteil von mehr als 40 Prozent kommen. Allerdings zeigt sich eine interessante Differenz. Beim Eigenbedarf ist das Nein klar im Vorteil, während bei der Untermiete mehr Ja- als Nein-Stimmen verzeichnet wurden.

Das kann ein Zufall sein und bedeutet zum jetzigen Zeitpunkt wenig. Doch es gibt Gründe, warum es am 24. November zu einem differenzierten Resultat kommen könnte.

Eigenbedarf

Die Kündigung einer Wohnung für den Eigenbedarf ist schon heute möglich. Allerdings führt sie häufig zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten. Es gebe Fälle, bei denen sieben Jahre bis zu einem Urteil vergingen, sagte der Genfer Mitte-Nationalrat Vincent Maître. Man kann den Ärger der Hauseigentümer nachvollziehen. Aber was haben die Mietenden davon?

Die neuen Regeln seien für beide Seiten «fair und klar», sagte der Walliser Nationalrat und Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy im Gespräch. Er zeigte sich überzeugt, dass die Verfahren kürzer und effizienter würden. Allerdings sind nicht alle seine Mitstreiter davon überzeugt. Alles hängt davon ab, wie die Gerichte die neuen Regeln anwenden würden.

Die Formulierung im Initiativtext, wonach die Vermieter «einen bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» geltend machen können, bietet viel Spielraum und «Juristenfutter». Letztlich konnte an der Medienkonferenz niemand einen handfesten Grund nennen, warum das Stimmvolk diese Vorlage befürworten sollte.

Untermiete

The letters ESC (Eurovision Song Contest) and a Basel emblem can be seen in the courtyard of Basel's town hall in Basel, on Friday, August 30, 2024. The ESC 2025 will be held in Basel. This was a ...
Die Vergabe des ESC 2025 an Basel liess die Preise auf Airbnb explodieren.Bild: keystone

Etwas anders sieht es bei der zweiten Vorlage aus. Von schriftlichen Abmachungen würden auch Untermieter profitieren, sagte die Basler LDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein: «Sie bieten mehr Rechtssicherheit und schützen sie vor Missbrauch und Willkür.» Auch seien Zeiträume über zwei Jahre und Wohngemeinschaften weiterhin möglich.

Beides ist wichtig für Studierende, die für längere Zeit ein Zimmer benötigen. Besonders wirksam könnte die Warnung vor einer Bereicherung mit Airbnb und Business-Apartments werden. Es sind veritable Kampfbegriffe gerade in den «linken» Städten, die für den HEV sonst ein steiniger Boden sind. Beides entzieht dem Markt bezahlbare Mietwohnungen.

In Luzern stimmten letztes Jahr fast zwei Drittel für eine Beschränkung von Vermietungen via Airbnb auf 90 Tage pro Jahr, gegen den Widerstand von Stadtregierung und Parlament. Auch Tourismusorte wie Interlaken, St. Moritz und Zermatt klagen, es gebe kaum noch Wohnraum für Einheimische sowie Beschäftigte im Fremdenverkehr.

Viel würde die Untermiet-Vorlage kaum bewirken, denn auch für die Vermieter sind Airbnb und Business-Apartments lukrativ. Das zeigt sich beim Eurovision Song Contest 2025 in Basel. Seit der Zusage durch die SRG seien die Angebote und Preise auf Airbnb in einer Weise explodiert, die Patricia von Falkenstein als «unverschämt» bezeichnete.

Trotzdem oder vielleicht deswegen könnte dies der Untermiete zum Durchbruch verhelfen. Gegen ein unterschiedliches Votum spricht, dass beide Vorlagen miteinander verknüpft werden, von der Ja- wie der Nein-Kampagne. Letztere wird nächste Woche lanciert.

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86 Kommentare
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Hadock50
09.10.2024 16:09registriert Juli 2020
Denn die Vorlagen würden nur «einen kleinen Teil der Mietverhältnisse» berühren.
Ja, dann ist es auch nicht so Schlimm, wenn man die Vorlage ablehnt. 😂
2 x NEIN
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Platon
09.10.2024 16:45registriert September 2016
Offenbar ist der Scheinheiligkeit bei den bürgerlichen Argumenten keine Grenze gesetzt. Den Bürgerlichen ist Air BnB schnurzegal, solange es den Vermietern nützt. Das sieht man bei jeder Gelegenheit, wo die Linke versucht Air BnB einzuschränken. Wenn jedoch der Mieter Air BnB betreibt, ist es den Bürgerlichen ein Dorn im Auge. Air BnB muss reguliert werden, aber bitte konsequent und nicht nur auf Mieterseite!
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Massalia
09.10.2024 16:07registriert Juni 2021
Als ob es den Vermietern um Mieterinteressen oder Airbnb gehen würde. Die Vermieter vermieten ja ganze Wohnblöcke als Airbnb- Wohnungen. Das einzige, vor dem sie Angst haben ist, dass ihnen noch mehr Kohle entgehen könnte. Pervers.

Das zeigt die ganze Verlogenheit des Ja- Kommitees... Ihre Vorlage ist derart krass mieterschädlich, so dass das Stimmvolk kurzerhand einfach verarscht wird.

Wer noch unentschlossen ist, soll sich doch mal den CV vom lieben Herr Rutz ansehen, der sich als HEV Präsident nun plötzlich Sorgen um die armen Mieter machen will... Wer's glaubt!
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