Die gestrige Zustimmung zum Covid-19-Gesetz war deutlich: Die Stimmbevölkerung sagte mit 62 Prozent deutlicher «Ja» zum laut kritisierten Gesetz, als es dies schon im Sommer tat. Die Stimmbeteiligung war hoch – sie war statistisch gesehen aber nicht der Grund für das «Ja». Eine Auswertung von watson zeigt zwar keinen Zusammenhang mit der Mobilisierung, dafür aber mit drei anderen Pandemie-Grössen: Der Sprachregion, der Impfquote und den Fallzahlen.
Ersteres fiel am Abstimmungssonntag bereits Politologinnen und Politologen auf: Irgendetwas ist mit den Sprachregionen passiert. Nur war bisher unklar, was genau. So zeigte eine erste Analyse, dass die Zustimmung zum Covid-Gesetz in der Westschweiz und im Tessin zum Teil massiv abstürzte, wie folgende Grafik zeigt.
Die Gemeinde Yens am Genfersee wandelte sich etwa zwischen der Covid-Gesetz-Abstimmung im Juni und der gestrigen von einer deutlichen Ja-Gemeinde (72%) zu einer deutlichen Nein-Gemeinde (36%). Yens GE mag eine kleine Gemeinde sein, doch der Trend ist deutlich und bestätigt sich auch in grösseren Städten wie Lausanne, Genf oder Locarno.
Der Zusammenhang hat zwei Gründe: Lateinische Gemeinden hatten einerseits die erste Phase der Pandemie besonders stark erlebt und entsprechend deutlich «Ja» zum Covid-Gesetz im Sommer gesagt. Andererseits wütet die aktuell vierte Corona-Welle weniger stark in der Romandie und im Tessin als in der Deutschschweiz.
Der Zusammenhang zur 14-Tage-Inzidenz ist statistisch gesehen nicht riesig. Deutlicher ist die Korrelation mit der Impfquote, genauer genommen mit dem Anteil der vollständig geimpften Personen. Die kantonalen Ergebnisse von gestern passen so deutlich zur Impfquote, dass praktisch alle Kantone in unmittelbarer Nähe der Trendlinie auf der nächsten Grafik stehen.
So gelten die Kantone Appenzell Innerrhoden und Schwyz zu den Schlusslichtern bei der Impfkampagne – sie waren auch die einzigen Kantone, die das Covid-Gesetz erneut abgelehnt hatten. Die welschen Kantone und das Tessin mögen zwar Sympathien für das Covid-Gesetz verloren haben, sie stimmten aber als Vorbildkantone bezüglich der Durchimpfung immer noch deutlich «Ja».
Der Zusammenhang zeigt sich auch kleinräumiger, etwa auf Bezirksebene: So bestätigen Impfdaten aus den Zürcher Bezirken die Beziehung zwischen Durchimpfungsquote und der Zustimmung zum Covid-Gesetz. Eine schweizweite Auswertung war am Sonntagabend nicht möglich, da der Bund (bzw. die Kantone) nicht alle kantonalen Impfdaten auf Bezirks- oder Gemeindeebene veröffentlicht.
Die Daten zeigen zudem, dass Kantone in aller Regel bei ihrer Meinung blieben. Wer im Sommer das Covid-Gesetz befürwortete, befürwortete auch die Änderung vom November. Das sieht man deutlich bei den «Ausreisser»-Gemeinden, die bereits im Sommer aufgefallen sind: Zwischbergen im Wallis stimmte gestern mit 85,7 Prozent noch deutlicher «Ja», und auch in Unteriberg VS fanden mit 18,7 Prozent ein paar neue Covid-Gesetz-Befürwortende den Weg zur Urne.
Die «Wechsel-Gemeinden» befinden sich in der folgenden Grafik unterhalb der durchgezogenen Linie: So gabs in Yens GE und Bosco TI tiefere «Ja»-Resultate, in Unterramsern SO oder Ferden VS stieg der «Ja»-Anteil gegenüber der Sommer-Abstimmung.