Einige Schweizer Städte wie Zürich und Winterthur liebäugeln mit einer flächendeckenden Einführung der Höchstgeschwindigkeit 30. Dieses Vorhaben hat sich in den vergangenen Jahren zu einem viel diskutierten Politikum entwickelt. Von verschiedenen Seiten hagelt es Kritik. Unter anderem haben die FDP und SVP im Kanton Zürich eine Initiative gegen Tempo 30 eingereicht.
Der Schweizerische Städteverband verlangt nun, dass Tempo 30 in allen Städten zur Norm wird. Das Hauptargument ist, dass diese Geschwindigkeitsanpassung den Verkehrslärm reduzieren würde. Das Beispiel von Genf zeigt jedoch, dass die Umsetzung dieser Forderung harzig werden könnte.
Auf der anderen Seite des Röstigrabens ist die Geschwindigkeitsreduktion ebenfalls schon lange Diskussionsthema. Lausanne hat die Geschwindigkeitsreduktion während der Nacht erfolgreich durchgesetzt und positive Bilanz in puncto Lärmreduktion gezogen.
Genf plante die Tempo-30-Einführung in der Innenstadt. Dieses Projekt wollte man eigentlich noch dieses Jahr umsetzen. Im Oktober 2022 stellte der Kanton eine Geschwindigkeitsstrategie vor. Diese sollte das Leben der Bürgerinnen und Bürger erleichtern und den Strassenlärm bekämpfen.
watson hat eine Genferin nach ihrer Einschätzung gefragt. Sie berichtet: «Ich bewege mich fast täglich in der Innenstadt. Es ist noch immer sehr laut und auf fast allen Strassen staut es zwischen 16 und 19 Uhr.»
Die genannte Strategie umfasst zwei Punkte: Zum einen soll es Geschwindigkeitsregulierungen auf mehreren Verkehrsachsen geben, da der Lärm auf diesen Strassen die vorgegebenen Normen überschreitet. Zum anderen soll die allgemeine Einführung von 30 km/h im Stadtzentrum vorangetrieben werden.
Zum letzten Punkt wurde bereits ein Test an der zentral gelegenen Rue de Caroline ausgeführt. Die Strasse wurde von einer 50er-Zone in eine Tempo-30-Zone umgewandelt. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) dokumentierte den Ablauf. Es hält fest, dass die Strasse insgesamt zwei Dezibel leiser war am Tag und drei Dezibel in der Nacht. Dies, obwohl der durchschnittliche tägliche Verkehr von 8'900 Fahrzeugen auf 10'150 Fahrzeuge stieg. Dieser Anstieg impliziert einen besseren Verkehrsfluss.
Obwohl die Bilanz des Tests positiv scheint, kann die Strategie des Kantons Genf nicht durchgeführt werden. Grund dafür: Einsprachen von der FDP, der SVP und der MCG, letztere ist eine lokalpatriotische Protestpartei.
Ein Kritikpunkt ist, dass solche Strategien die Wirtschaft, insbesondere KMU schwächen, weil gewisse Aufträge nicht in nützlicher Frist erledigt werden könnten. watson hat den Kanton Genf mit diesem Vorwurf konfrontiert. Die Medienstelle entgegnet: «Studien haben gezeigt, dass niedrigere Geschwindigkeiten in Innenstädten zu einem besseren Verkehrsfluss führen und daher nicht nachteilig für den Berufsverkehr sind. Neben der Lärmbekämpfung führt die Senkung der Geschwindigkeit zu einer Beruhigung des Verkehrs und einer Verringerung der Unfallzahlen.»
Doch der Kanton ist sich auch sicher, dass noch weitere Massnahmen ergriffen werden müssen, um den Autoverkehr in der Stadt zu verringern. «Beispielsweise mit Fahrgemeinschaften, Mobilitätsplänen von Unternehmen, Erhöhung des Angebots an Bussen und Strassenbahnen und der Radwegen», so die Medienstelle.
Der Kanton Genf hat eine Vision: «Letztlich besteht unser Konzept darin, die Nutzung des Privatautos in der Stadt so weit wie möglich einzuschränken. Es braucht gute Alternativen, um die Änderungen der Gewohnheiten voranzutreiben. So kann man die Nutzung der Strasse für diejenigen priorisieren, die keine Alternative haben, z. B. Unternehmen und Behinderte.»