Die Autobranche verkündet am Genfer Salon Rekordverkäufe. Und in der Zukunft wird sich die Autoindustrie radikal verändern: Alle grossen Hersteller forschen an Autos, die nicht mehr vom Menschen, sondern vom Computer gesteuert werden. Die Industrie sei «in wenigen Jahren bereit», sagt Morten Hannesbo, Chef der Amag (u. a. VW und Audi), gegenüber der Schweiz am Sonntag.
Doch heute verunmöglicht das Verkehrsrecht selbstfahrende Autos: Das Gesetz verlangt, dass der Führer «das Fahrzeug ständig beherrschen» muss und das Lenkrad «nicht loslassen» darf. Diese Vorschrift könnte bald aufgeweicht werden, wie die Zeitung schreibt. Beim Bundesamt für Strassen (ASTRA) bestätigt man die Pläne: «Das ASTRA überprüft aktuell, ob und inwiefern das geltende Recht angepasst werden muss im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Assistenzsysteme, die immer mehr Fahrerfunktionen übernehmen.» Es gehe um Fragen der Haftpflicht und der Ausbildung der Fahrer.
Noch verhindert das Wiener Übereinkommen über den Strassenverkehr, an das die Schweiz gebunden ist, eine «Legalisierung» des automatisierten Fahrens. Doch das Abkommen wurde soeben revidiert und tritt voraussichtlich 2016 in Kraft; es würde eine Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die neuen Technologien ermöglichen.
Verkehrsministerin Doris Leuthard zeigt sich gegenüber dem «smart drive» aufgeschlossen. Sie sagt zwar: «Es müssen Fragen der Sicherheit, der Haftung und der Verkehrsregeln geklärt werden.» Aber: «Was in den USA demonstriert wurde, sollte doch auch in Europa möglich sein.» Leuthard regt eine Teststrecke an.
Ford-Schweiz-Chef Paul Fratter wünscht sich, dass die Schweiz bei der Gesetzgebung vorangeht: «Sie könnte eine Pionierrolle übernehmen», sagt er. Offen ist auch der TCS-Vizepräsident Thierry Burkart: «Das ist ein wichtiges Zukunftsthema.» Allerdings müsse die Sicherheit im Vordergrund stehen, und bei selbstfahrenden Autos müsse die Haftung beim Hersteller und nicht mehr beim Führer liegen.
Zurück in die Gegenwart und zum Autosalon in Genf. Ausgerechnet dem Direktor der Importeur-Vereinigung Auto Schweiz bereiten die Rekordverkäufe Sorgen. «Bald stehen wir auch nachts ständig im Stau», sagt Andreas Burgener zu Sonntagsblick. Die Massnahmen des Bundes seien «zu wenig gegen unser enormes Stauproblem».
Burgeners Vision: doppelstöckige Autobahnen. Die neuen Strassen sollen alle technischen Voraussetzungen für Fahrzeuge bieten, «die autonom fahren und Routen so berechnen, dass Stau gar nicht erst entsteht».
Von einem Ingenieur liess er bereits Skizzen seiner Vision anfertigen. Nah- und Schwerverkehr sollen die bestehenden Strassen nutzen. Eine Etage höher rollt der Transitverkehr. Technisch sei dies schon heute möglich, auch die Finanzierung realistisch. Evi Allemann, SP-Nationalrätin und Zentralpräsidentin VCS, widerspricht: «Doppelstöckige Autobahnen lösen das Stauproblem nicht, sondern verschärfen es.» Wer Strassen baue, generiere mehr Verkehr – und in der Folge auch mehr Stau. (feb)