Der «Skandal» passierte kurz vor Ostern dieses Jahres. Eine Praktikantin machte in einem Berner Anwaltsbüro für eine Stunde eine Pause, um an ein externes Vorstellungsgespräch zu gehen.
In der Zeiterfassung gab die Frau an, an der Uni eine Vorlesung besucht zu haben. Doch irgendwie bekam ihr Chef Wind von der Sache. Allerdings erst, als die Praktikantin bereits gekündigt hatte. Doch er kannte kein Pardon, stellte die Frau frei und reichte Strafanzeige ein. Das berichtet die Berner Zeitung am Mittwoch.
Doch die Richter zuckten beim Fall nur mit den Schultern: Es fehle die strafbare Handlung; der finanzielle Schaden sei zu gering. Kein Wunder: Der Monatslohn der Praktikantin betrug 2000 Franken – oder 12.50 pro Stunde.
Trotzdem wollte der Anwalt die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er zog den Fall ans Obergericht weiter.
Sein Schaden sei höher: Weil er der Frau auch nach der geschwänzten Stunde noch Lohn bezahlt und Zeit «in Erwartung einer längerfristigen Zusammenarbeit» investiert habe. Weil er eine Nachfolgerin habe einarbeiten müssen. Er verlangte eine Strafuntersuchung und eine angemessene Sanktion, schreibt die Zeitung weiter.
Doch das Obergericht liess sich davon nicht beeindrucken. Die Falschbuchung begründe weder eine für den Betrug vorausgesetzte Bereicherungsabsicht, noch sei eine arglistige Täuschung im strafrechtlichen Sinn erkennbar.
Eine «Strafe» hingegen erhielt der Anwalt: Das Gericht brummte ihm die Prozesskosten von 1000 Franken auf. Zudem muss er seiner Praktikantin eine Entschädigung von 629 Franken zahlen.
(amü)