Vor etwas mehr als zwei Jahren trat das Schweizer Nachrichtendienstgesetz in Kraft. Nun ist das Gesetz bereits wieder revidiert – das Verteidigungsdepartement wurde vom Bundesrat mit der Revision beauftragt.
Im Dezember konnte die Überarbeitung abgeschlossen werden und entsprechend zeigt sich nun, was sich konkret verändert. Gemäss der «NZZ am Sonntag», darf der Schweizer Geheimdienst in Zukunft auch gewalttätige Links- beziehungsweise Rechtsextremisten, sowie radikale Tierschützer mit «genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen» überwachen können. Diese Information stammt von mehreren gut informierten Personen.
Diese Beschaffungsmassnahmen greifen ziemlich weit. So umfassen sie die Verwanzung privater Wohnungen und Häuser mit Video- und Audiogeräten, die Überwachung von Computern mittels Trojaner, die Telefon- und Postüberwachung, sowie die Lokalisierung von Verdächtigen.
Derzeit ist es noch so, dass solche Massnahmen nur bei gröberer Bedrohung erlaubt sind. Dazu zählen Terrorismus, Spionage, Atom-, Bio- und Chemiewaffen und Angriffe auf wichtige inländische Infrastrukturanlagen.
Seitens des Nachrichtendienstes wird darauf verwiesen, dass «mehrere Optionen» zur geplanten Gesetzesrevision geprüft werden. Verläuft alles nach Plan, wird die Revision vom Bundesrat im Juni 2020 in die Vernehmlassung geschickt.
SVP-Nationalrat Alfred Heer sagte der «NZZ am Sonntag» in seiner Funktion als Vizepräsident der parlamentarischen Geschäftsprüfungsdelegation, die den Geheimdienst beaufsichtigt: «Das Verteidigungsdepartement hat die Geschäftsprüfungsdelegation dieses Jahr über seine Überlegungen informiert, genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen künftig auch zur Überwachung des gewalttätigen Extremismus einzusetzen und dafür das Nachrichtendienstgesetz zu revidieren.»
Der Nachrichtendienst soll also mehr Macht erhalten – was aus zwei Gründen bedenklich ist:
Die Aussagen von Maurer über die Anzahl Fälle war in der damaligen Abstimmung ein zentrales Argument der Befürworter. Dürfen künftig auch Links- und Rechtsextreme überwacht werden, wird diese Zahl wohl steigen. Der neue Machtgewinn des Nachrichtendienstes spaltet die Geister innerhalb der Politik.
Gegenüber der «NZZ am Sonntag» sagt CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann zur geplanten Änderung: «Ich begrüsse es, wenn der Nachrichtendienst künftig auch gewalttätige Links- und Rechtsextremisten überwachen kann. Die letzten zwei, drei Jahre haben gezeigt, dass von ihnen eine beträchtliche Gefahr ausgeht.»
Auf ihrer Seite ist auch der Wallisser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod: «Es ist wichtig, dass die Behörden genügend Ressourcen und die juristisch notwendigen Instrumente zur Verfügung haben, um die Sicherheit zu gewährleisten.»
Ganz anders steht Priska Seiler Graf, SP-Nationalrätin, der Neuerung gegenüber: «Das Nachrichtendienstgesetz ist erst seit 1. September 2017 in Kraft. Das Versprechen, dass keine Bespitzelung aufgrund der politischen Gesinnung möglich sei, war im Abstimmungskampf zentral. Das darf nach so kurzer Zeit nicht schon wieder umgestossen werden.»
Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft hatte bereits vor zwei Jahren das Referendum gegen das Gesetz ergriffen. Der jetzigen Revision steht er daher noch kritischer gegenüber: «Wenn das Nachrichtendienstgesetz revidiert werden soll, dann so, dass der Nachrichtendienst zurückgebaut wird und nicht mehr als mächtige Sicherheitsbehörde operiert, die ohne wirksame Aufsicht die Bevölkerung ohne Anlass und Verdacht überwacht.»
Gemäss dem Schweizer Nachrichtendienst geht eine zunehmende Gefahr von Links- und Rechtsextremisten aus. Im letzten Jahr sollen solche Vorfälle den Höchststand erreicht haben: Total wurden 279 Ereignisse registriert – davon war bei 78 Gewalt im Spiel.
(mim)