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Verhöhnt, angefeindet, bedroht: Was Bundesratsmitglieder ertragen müssen

Le conseiller federal Martin Pfister quitte le podium sous les huees des manifestants pro-palestiniens qui ont interrompu la conference-debate sur le theme "Les nouveaux accords bilateraux avec l ...
Weil sein Auftritt gestört wurde, verliess Bundesrat Martin Pfister vorübergehend den Saal.Bild: keystone

Verhöhnt, angefeindet, bedroht: Was Bundesratsmitglieder ertragen müssen

Ein «annus horribilis» für Karin Keller-Sutter, Drohungen gegen Ignazio Cassis, Pöbeleien bei Auftritten: Was ist los im Land, wo Bundesräte Tram fahren wie alle anderen Menschen?
22.11.2025, 13:0522.11.2025, 13:05
Patrik Müller / ch media

Die Schwelle für Mitleid liegt hoch, in Franken ausgedrückt bei fast einer halben Million. So viel verdienen Bundesrätinnen und Bundesräte im Jahr. Und ja, es gibt Jobs, für die es schwieriger ist, gute Bewerber zu finden. Aber es darf einmal festgehalten sein: Bundesratsmitglieder müssen einiges aushalten. Meine Kollegin Doris Kleck hat das anlässlich des «annus horribilis» von Karin Keller-Sutter nachgezeichnet.

Auch Chefs grosser Firmen stecken viel ein, sie verdienen aber 20- bis 30-mal mehr, zumindest bei UBS oder in der Pharma. Zudem kommen sie selten mit dem Volk in Kontakt, sie werden abgeschirmt.

Mir hat einst ein Bundesratsmitglied Einblick in die Post gegeben, die bei ihm einging. Das ist teilweise sehr übel. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass Bundesräte darüber nicht öffentlich reden. Schon gar nicht über Todesdrohungen. Sie wollen nicht weinerlich wirken und keine Nachahmer provozieren. Manchmal äussern sie sich nach ihrem Rücktritt dazu. Ueli Maurer erzählte, zwei seiner Kinder seien ausgewandert, weil sie die Anfeindungen nicht mehr ertragen hätten.

Auffallend ist aber auch: Werden Bundesräte angegriffen, erfahren sie meist breite Solidarität. Karin Keller-Sutter bekam kurz nach dem verunglückten Telefonat mit Donald Trump und der darauf folgenden Häme rund 600 aufmunternde Briefe. Ein gesunder Inschutznahme-Reflex, der in diesem Ausmass wohl nur den sieben Landesvätern und -müttern zuteil wird.

Nötig ist er mehr denn je. Während Karin Keller-Sutter vor allem verbal und medial attackiert wird, haben drei Amtskollegen jüngst physische Störungen erlebt. Ignazio Cassis musste bei einer Veranstaltung vor gewaltbereiten Gaza-Demonstranten ins Auto flüchten. Martin Pfister brach eine Rede ab, weil propalästinensische Aktivisten den Auftritt störten. Albert Rösti war ohne Polizeischutz unterwegs und wurde von Umweltaktivisten bedrängt.

Solche Vorfälle passen nicht zu einem Land, in dem Bundesrätinnen und Bundesräte Tram fahren und selber einkaufen. Wer ihnen begegnet und etwas Nettes sagt, vielleicht sogar «danke», wird bei ihnen etwas auslösen. Sie sind auch nur Menschen. (aargauerzeitung.ch)

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