Angefangen hat alles vor mehr als zwei Jahren mit den sogenannten Crypto-Leaks. Damals kam es zu ersten Indiskretionen: Details aus einem geheimen Untersuchungsbericht rund um die Zuger Crypto AG fanden ihren Weg in die Medien. In der Folge wurde ein Sonderermittler eingesetzt, der E-Mails möglicher Beteiligter untersuchte. Zu den Crypto-Leaks fand er wenig heraus, doch plötzlich stiess er auf mögliche andere Indiskretionen. Bei diesen ging es um die Pandemiepolitik des Bundesrats. Möglich wurde dies, weil die Informatikdienste aus dem Finanzdepartement viel mehr Mails herausrückten als eigentlich gefordert.
Anfang Jahr machte diese Zeitung publik, dass der Sonderermittler seinen Fokus neu ausrichtet: Im Zentrum seiner Ermittlung stand nicht mehr die Zuger Crypto-Affäre, sondern Peter Lauener, bis Juni 2022 Informationschef von Gesundheitsminister Alain Berset. Er steht unter Verdacht, in E-Mails den Chef des Medienkonzerns Ringier, Marc Walder, vorab mit Informationen zur Pandemiepolitik des Bundesrats bedient zu haben. Dies, so die Vermutung, um sich wohlgesonnene Berichterstattung zu sichern.
Die Sache hat auch eine staatspolitische Dimension. Wichtig ist der Zeitpunkt der jeweiligen Informationsleaks: Es besteht der Verdacht, das Gesundheitsdepartement wollte die öffentliche Meinung beeinflussen, bevor der Bundesrat definitiv entschieden hatte. Dies vor dem Hintergrund, dass die politischen Entscheide jener Zeit eine grosse Tragweite hatten - und der Bundesrat sich in wesentlichen Fragen offenbar nicht immer einig war. Was aussergewöhnlich ist, ist die schiere Fülle des Mailverkehrs zwischen Lauener und Walder. CH Media hatte Einblick darin, womit sich sagen lässt: Die Indiskretionen hatten System.
Das ist die grosse Frage. Alain Berset sagt: Nein, er habe nichts von Laueners Aktivitäten gewusst. So hat er es auch der Gesamtregierung mitgeteilt. Die Geschäftsprüfungskommissionen des National- und Ständerats formierten eine Arbeitsgruppe, um den Fall zu untersuchen.
Es hat lange gedauert, aber nun soll dieser Untersuchungsbericht der Geschäftsprüfungskommissionen vorliegen, zumindest wird dies in verschiedenen Medienberichten behauptet.
Nein. Die Wirkungsmacht dieser politischen Untersuchung ist tatsächlich begrenzt. Sie kann letztlich lediglich den angekündigten Abgang von Alain Berset in ein anderes Licht rücken, sofern ihm eine Mitwisserschaft nachgewiesen werden kann. Mindestens so entscheidend ist allerdings die juristische Aufarbeitung. Im Raum steht der Tatbestand der Amtsgeheimnisverletzung.
Die Ermittlungen starteten spektakulär, mehrere Kaderangestellte des Bundes wurden kurzzeitig in Untersuchungshaft gesetzt. Vieles hat sich inzwischen abgekühlt: Sonderermittler Peter Marti, der die ganze Affäre ins Rollen gebracht hat, ist mittlerweile nicht mehr mit der Untersuchung betreut. Ein Nachfolger konnte nicht gefunden werden, die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Die Crypto-Untersuchung wurde eingestellt, einzig das Verfahren zu den Corona-Leaks wurde aufrechterhalten. Doch auch dort gibt es einen Stillstand.
Weil sich der Anfangsverdacht auf Mails stützt, welche die Informatikdienste nicht hätten herausgeben dürfen, wurden sie versiegelt. Ob diese geöffnet und in einem Strafverfahren untersucht werden dürfen, muss das Berner Zwangsmassnahmengericht entscheiden. Das Gericht muss auch darüber befinden, ob Geräte, die bei Peter Lauener sichergestellt worden sind, ausgewertet werden dürfen. Der Entscheid steht seit ungefähr eineinhalb Jahren aus - eine ungewöhnlich lange Dauer. (aargauerzeitung.ch)
Das sagt eigentlich alles zum Zustand der Justiz aus.
Oder ist das einfach das übliche Tempo der Berner?