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Rücktritt Viola Amherd: Das schreiben die Schweizer Medien

Viola Amherd, President of the Swiss Confederation, center, speak during the official bilateral talks at the Bernerhof, next to Swiss Federal Councillors Albert Roesti, Guy Parmelin, Ignazio Cassis, a ...
Viola Amherd beäugt (mutmasslich) ihre SVP-Bundesratskollegen Parmelin und Rösti: Einer war ihr Vorgänger im VBS und der andere könnte ihr Nachfolger werden.Bild: keystone

«Helm auf, Albert Rösti!» – so reagieren die Schweizer Medien auf Amherds Rücktritt

Viola Amherd tritt überraschend zurück und sorgt damit für ein kleineres Erdbeben in der Schweizer Politlandschaft. Während die Medien ihre Bilanz durchzogen beurteilen, nehmen sie unter anderem die SVP und damit Umweltminister Albert Rösti in die Pflicht.
16.01.2025, 06:5016.01.2025, 13:26
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Nur ein paar Tage ist es her, da forderte die SVP öffentlich den Rücktritt von Amherd. Dass die Walliserin der Rechtspartei derart schnell den Wunsch erfüllt, hätte diese wohl selbst nicht erwartet. SVP-Chef Marcel Dettling reagierte durchaus ein wenig überrumpelt, wie auch andere Vertreter der Schweizer Politik.

Ob die Forderung der SVPler einen Einfluss auf die Entscheidung der Bundesrätin hatte, ist unklar. So oder so nimmt diese Dettling und Co. aber mit dem unvermittelten Rücktritt den Wind aus den Segeln – denn nun ergeben sich auch für die Volkspartei neue Fragen. So beschäftigen sich die Schweizer Medien in ihren Kommentaren nebst den Einschätzungen zu Amherds Bilanz unter anderem auch mit der Frage, ob Albert Rösti nun nach all der SVP-Kritik an Amherd nicht ins VBS wechseln müsste.

Eine Übersicht zu den Pressestimmen.

Bevor du liest, was die anderen so schreiben – hier ist unser Kommentar zu Amherds Rücktritt:

CH Media

Für die CH-Media-Redaktion ist klar: Die SVP und ihre kürzlich gestartete Kampagne gegen Amherd hatten keinen Einfluss auf die Entscheidung der Mitte-Magistratin:

«Amherd signalisiert eine gewisse Gelassenheit gegenüber politischem Lärm wie jenem der Rücktrittsaufforderung der SVP an ihre Adresse von diesem Wochenende. Es ist ausgeschlossen, dass die Walliser Mitte-Bundesrätin, deren Abneigung gegen die SVP fast mit Händen zu greifen ist, mit ihrer Rücktrittsankündigung auf Ende März nun ausgerechnet der SVP gehorcht.»

Amherd habe ihren Entscheid allein oder gar einsam gefällt, so die Einschätzung. Und diese habe für die Mitte weitreichende Folgen:

«Sie stellt damit die Mitte bis zur Ersatzwahl im März vor eine Zerreissprobe, bei der mithin die Zukunft der Partei auf dem Spiel steht.»

Welche Fragen sich die Mitte (und auch die FDP) jetzt stellen muss, liest du hier:

NZZ

«Die lächelnde Sphinx bleibt sich auch im Abgang treu»

Für die NZZ ist nicht ganz so klar, dass die SVP-Rücktrittsforderung keine Rolle bei der Entscheidung gespielt hat. Doch man werde das nie erfahren, so die Einschätzung, denn: Amherd lasse sich bei ihrem Abgang genauso wenig in die Karten blicken wie während ihrer Amtszeit.

Die Zeitung attestiert ihr eine «aussenpolitische Bilanz, die sich sehen lässt», und eine innenpolitische, bei der «es anders aussieht». Das führt zum Durchschnittsverdikt «durchzogen» für Amherds Zeit in der Landesregierung.

SRF

Ähnlich sehen es die Kommentatoren bei SRF. Amherd habe ihren Rücktritt als Bundesrätin in einem Moment grossen Drucks angekündigt. Mit der SVP habe die grösste Partei ihren Rücktritt gefordert, mehrere Grossprojekte aus ihrem Departement seien in Schieflage, die Ruag sorge für Skandale und die Diskussionen um eine reale oder fiktive Finanzlücke in der Armee klängen nach.

Doch Amherd habe in ihrer sechsjährigen Amtszeit «durchaus auch Pflöcke einschlagen» können. So habe sie es im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Ueli Maurer im Herbst 2020 geschafft, das Stimmvolk von neuen Kampfjets zu überzeugen.

Blick

«Helm auf, Albert Rösti!»

Der Blick meint, dass Amherd den Laden zwar «auch nicht im Griff», viele Probleme aber von ihren SVP-Vorgängern geerbt habe. Und er nimmt die Volkspartei deshalb in die Pflicht – Umweltminister Albert Rösti habe die besten Voraussetzungen und soll deshalb nun ins VBS wechseln.

«Man darf die grösste Partei in die Pflicht nehmen. Wer so massiv kritisiert, sollte auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen.»

Tagesanzeiger

Der Tagesanzeiger äussert sich wohlwollend zu Amherds Leistungsausweis als Bundesrätin. Sie habe zwar einige «strategische Fehler» gemacht, ihre Bilanz lasse sich aber sehen.

Amherd sei in ihrer Funktion und ihrem Wirken in mehrfacher Hinsicht eine Pionierin gewesen:

«Amherd versteht sich auf Pioniertaten: 2018 gewählt, wurde die Walliserin die erste Verteidigungsministerin der Schweiz. In ihrem Departement sorgte sie – zumindest zu Beginn – für mehr Ruhe und einen Geist des Aufbruchs.»

Die Walliserin habe manchmal zwar «unglücklich kommuniziert» und gegen Ende ihrer Amtszeit mit den Indiskretionen in ihrem Departement zu kämpfen gehabt – doch gleichzeitig habe sie in ihrem Präsidialjahr 2024 unter anderem mit der Bürgenstock-Konferenz einen ihrer grössten Erfolge gefeiert.

(con mit Material der Nachrichtenagentur sda)

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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aragon62
16.01.2025 07:08registriert Januar 2024
Die SVP will schwierige Departemente nicht übernehmen. Sonst müsste sie ja an Lösungen arbeiten. Das ist schrecklich mühsam und erfordert Verantwortungsbewusstsein. Wie viel erinfacher ist es da, Probleme zu bewirtschaften, allen andern die Schuld zu geben und denen, die an Lösungen arbeiten, Unfähigkeit vorzuwerfen.
Dieses feige „Wadenbeissen“ geht mir sowas von auf den Sack.
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Linus Luchs
16.01.2025 07:33registriert Juli 2014
Rösti hat aber keine Lust auf das VBS, weil er dort weder die Medien schwächen, noch den Umweltschutz zurückbinden, noch der Autolobby dienen und auch nicht die Atomenergie pushen kann.
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ELMatador
16.01.2025 07:42registriert Februar 2020
Jedes Departement, das die SVP einem anderen BR überlässt, ist voller Baustellen, die sie anschliessen lang und breit kritisieren....

Egal ob es ein Maurer war, der VBS und das Finanzdepartement zersaust hat --> CS Auflösung

Ein Parmelin der das VB komplett vernachlässigt und nichts gemacht hat, ausser Abstimmungen zu verdrehen.

Oder eine Rösti, der jetzt den UVEK Kopf stellt und versucht jeden Volksentscheid mit Eigenentscheidungen zu drehen, es ist immer dieselbe Leier.

Es wird an der Zeit, dass dies die anderen Parteien anprangern, und zwar im grossen Rahmen.
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