In den letzten Tagen war mehrere Male von Dutzenden, teils Hunderten Personen zu lesen, die sich wegen einer infizierten Person in Quarantäne begeben mussten. Party in Grenchen: 280 Personen in Quarantäne. Zwei Schulen im Kanton Jura: 50 Lehrkräfte und 360 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne. Die Liste der Hotspots ist bereits lang.
Das Aufspüren der Infektionsketten und die Anordnung der zehntägigen Quarantäne liegt bei den Kantonen. Doch wie effizient ist das Ganze? Dem Tages-Anzeiger liegen bislang noch unveröffentlichte Daten des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vor, die Antworten zu geben vermögen.
Um die Wirksamkeit des kantonalen Contact-Tracings beurteilen zu können, analysiert das BAG den Anteil neuer Corona-Fälle, die sich bereits in Quarantäne befanden, als die Infektion bestätigt wurde. Auffallend sind die kantonalen Unterschiede.
Yippee #COVID19 #ContactTracing outcome data for Switzerland. Nearly 54% new cases already in quarantine. Stopping transmission with #CombinationPrevention
— Nicola Low #StopCovid19 #StillFBPE (@nicolamlow) July 10, 2020
Congratulations to cantonal physicians and contact tracers.
Thanks to @yannickw3 @titusplattner https://t.co/DWQXWJjaDe pic.twitter.com/gwZ7C2Aj1G
Eine schlechte Bilanz verzeichnen die Kantone Baselland, Tessin und Uri. In diesen Kantonen haben sich weniger als ein Viertel der neu bestätigten Corona-Fälle bereits zuvor in Quarantäne befunden. Das heisst, viele wussten nicht, dass sie Kontakt mit einer infizierten Person hatten, und konnten so möglicherweise selbst Menschen anstecken.
Eine sehr gute Bilanz zeigt das jurassische Contact-Tracing: Von 17 neu bestätigten Fällen befanden sich 12 bereits in kantonal verordneter Quarantäne. Auch im Kanton Aargau konnten über 60 Prozent der 45 Fälle rechtzeitig gewarnt werden.
Die Bilanzen von Appenzell Ausserrhoden, Obwalden sowie Schaffhausen eignen sich kaum als Bewertung der Wirksamkeit des Contact-Tracings, da alle drei Kantone nur einen oder zwei Corona-Fälle in den letzten zwei Monaten zu melden hatten.
Rund 54 Prozent aller neuen Fälle befanden sich gemäss den BAG-Daten schon zuvor in Quarantäne. Gut die Hälfte der Kantone, deren Daten erfasst sind, liegt über diesem Wert.
«54 Prozent sind ein sehr guter Wert», sagt Manuel Battegay, Chefarzt der Infektiologie am Universitätsspital Basel und Mitglied der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes, gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Eindrücklich sei vor allem, dass der Wert ziemlich stabil sei, obwohl die Zahl der Corona-Fälle in der Schweiz jüngst wieder zugenommen hätten.
Denn es gilt: Je mehr Fälle, desto schwieriger ist es mit der Nachverfolgung. In Kantonen, deren Infektionszahl steigt, erhöht sich der behördliche Aufwand enorm. Für Kantone mit tiefen Zahlen ist die Nachverfolgung meist problemlos zu bewältigen.
Derzeit befinden sich dem BAG zufolge 2948 Personen in der Schweiz in Quarantäne. «Wir werden nie alle Übertragungsketten nachverfolgen können», sagt Infektiologe Battegay gegenüber dem «Tages-Anzeiger», «aber das Contact-Tracing ist sehr wichtig, wie die Zahlen zeigen.» (adi)