Kommen sie zurück? Steigen die Pendler wieder in die Züge der SBB, nehmen sie wieder im Postauto Platz und warten sie wieder an der Tramhaltestelle, wenn die Coronakrise vorbei ist? Über diese Frage zerbrechen sich die Verantwortlichen des öffentlichen Verkehr derzeit den Kopf.
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Denn in den letzten Wochen, als 80 bis 90 Prozent der Fahrgäste wegblieben, tat sich ein Loch auf. Eine halbe Milliarde Franken an Einnahmen fielen jeden Monat weg. Auf Dauer lässt sich der gut ausgebaute Schweizer ÖV so nicht finanzieren.
Die Unsicherheit ist gross. So gross, dass ein ÖV-Unternehmen eine Umfrage in Auftrag gegeben hat, um den Puls der Kunden zu fühlen. Ein Zürcher Marktforschungsinstitut hat in den letzten Tagen knapp 1300 Menschen aus allen Regionen online befragt. Die Resultate liegen dieser Zeitung vor. Sie stimmen wenig optimistisch.
Fast jeder vierte bisherige Nutzer des ÖV will in Zukunft weniger mit Bahn, Bus und Tram unterwegs sein, fast jeder zehnte sogar deutlich weniger. Bei den Intensivnutzern, die häufiger mit der SBB und Co. unterwegs sind als der Durchschnitt, ist die Zahl mit 36 Prozent noch höher. Im Papier heisst es:
Die Ergebnisse haben die Branche aufgeschreckt. Ueli Stückelberger, Direktor des Verband öffentlichen Verkehr (VöV), sagt etwa, er hoffe nicht, dass die Situation andauere: «Umso wichtiger ist es nun, das Vertrauen zurückzugewinnen».
Die Umfrage zeigt:
Die Angst vor einer Ansteckung im ÖV ist aber bei allen Befragten gross:
Die Autoren haben herausgearbeitet, welche Erwartungen die Menschen an die ÖV-Branche haben. Zentral sind demnach:
Letzteres ist allerdings nicht vorgesehen, heisst es bei den SBB. Ein Sprecher sagt:
Das von der Branche erarbeitete Schutzkonzept setze auf Eigenverantwortung und Solidarität. Die Resultate der Umfrage erstaunten die SBB nicht: «Während des Lockdown galten viele Einschränkungen, auch von unnötigen Reisen mit dem ÖV wurde abgeraten.»
Nun trete man aber in eine neue Phase ein. Wer die Empfehlungen des Bundes und das Schutzkonzept befolge, das etwa das Maskentragen empfiehlt, wenn der Abstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann, reise sicher. «Unsere Botschaft an die Kunden lautet: Herzlich willkommen zurück!», sagt der Sprecher der Bahn.
Die Umfrage zeigt auch: Die Coronakrise schadet dem ÖV nicht nur, sie eröffnet auch Chancen. So gaben 41 Prozent der Befragten an, in der näheren Zukunft mehr Ferien in der Schweiz verbringen zu wollen – Reisen, die mit dem ÖV gemacht werden könnten.
Zudem will fast jeder vierte Befragte häufiger die Nebenverkehrszeiten nutzen – ein Verhalten, das die Branche mit bisher eher überschaubarem Erfolg seit langem fördert. Denn je gleichmässiger die Auslastung im öffentlichen Verkehr ist, desto höher ist der Kostendeckungsgrad, sagt VöV-Direktor Ueli Stückelberger.
Allerdings: Beim vielleicht wichtigsten Kriterium kann die Branche nichts ausrichten. «Die Wiederaufnahme der ÖV-Nutzung hängt stark von der Verfügbarkeit eines Impfstoffs ab», heisst es in der Umfrage. Da seien sich die Befragten einig. Das sieht auch Thomas Sauter-Servaes so. Er leitet den Studiengang Verkehrssysteme an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Er sagt:
Und weiter: «Wer die Chance hat, aufs Auto oder Velo umzusteigen, wird dies tun.»
Der ÖV könne dann von der Krise profitieren, wenn er sich aus alten Denkmustern befreie. «Unsere Mobilität ist im normalen Alltag stark durch Routinen geprägt, die nun durch das Bleib-Zuhause-Gebot unterbrochen werden.» Nach der Krise könnten sich viele neu orientieren, weil sie positive Erfahrungen mit Alternativen gemacht hätten – etwa dem Online-Meeting statt der Flugreise. «Die Krise ist eine Herausforderung für den ÖV, aber vielleicht kommt diese auch zur richtigen Zeit, um ihn aus alten Denkmustern herauszuholen und kreativen neuen Angeboten zum Durchbruch zu verhelfen».
Ausgerechnet das Homeoffice könnte dabei helfen. Die Umfrage unter den ÖV-Nutzern zeigt, dass 39 Prozent der Befragten künftig häufiger von zu Hause aus arbeiten wollen. Darauf könne der ÖV reagieren, sagt Sauter-Servaes. «Gefragt sind preislich attraktive Angebote, die zum Testen einer neuer Mobilität verführen. Warum nicht jetzt experimentieren mit öV-Monatstickets, die etwa an drei Werktagen erst ab 12 Uhr gültig sind?».
So könnten jene abgeholt werden, die künftig das Arbeiten im Büro und das Homeoffice kombinieren. «Machen wir die Kombination von Homeoffice und ÖV so bequem und preislich attraktiv wie möglich», schlägt Sauter-Servaes vor. Für kurze Zeit gebe es nun ein Fenster für solche Möglichkeiten – «bevor die Menschen wieder in ihr altes Verhalten zurückfallen». (aargauerzeitung.ch)
Die Angst wird schneller vergehen, wie sie gekommen ist.
Aber vielleicht verzichtet man einfach generell darauf, Wege zurückzulegen und entlastet das System. Das wäre natürlich ganz grundsätzlich zu begrüssen!