Seit gut einer Woche vermeldet das Bundesamt für Gesundheit weniger als 100 Neuinfizierte pro Tag. Dazu wo sich diese Patienten angesteckt haben, hat das BAG keine Zahlen geliefert.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Doch zwei einzelne Kantone geben Einblick in die Ansteckungsquellen in der Schweiz. Ausserdem hat die schottische Virologin Dr. Muge Cevik mehrere Studien dazu in einem vielbeachteten Twitter-Thread aufgeführt. Das sind die Ergebnisse:
Das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt hat am 24. April 2020 Details zur Ausbreitung des Coronavirus im Kanton veröffentlicht. Bei rund 60% aller Infizierten konnte man herausfinden, wo sich die Person angesteckt hat. Das Ergebnis: Die allermeisten (19%) haben sich im familiären Umfeld mit Sars-Cov-2 infiziert. Danach folgen Ansteckungen in Institutionen wie Spitälern (12%) und bei der Arbeit (10%).
Der Kanton Basel-Stadt hatte bis zur Veröffentlichung dieser Studie 936 positiv Getestete.
Auch im Kanton Zug wurden bereits Angaben zu den Ansteckungen veröffentlicht. Dank den geringen Fallzahlen konnte der Kanton laut der NZZ während der ganzen Krisenzeit flächendeckende Kontaktverfolgungen bei gemeldeten Infizierten durchziehen.
Auch hier liessen sich nicht alle Ansteckungsquellen festmachen, insgesamt aber doch in 70% aller Fälle. Demnach war in Zug die häufigste Ansteckungsquelle das Ausland und Reisen (19%), danach folgt die Familie (14%).
Achtung: Der Kanton Zug verwendet andere Kategorien als Basel-Stadt, die Zahlen lassen sich daher nicht 1:1 vergleichen.
Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat die Ansteckungskette von über 4000 Fällen nachverfolgt (aktuellste Daten stammen vom 8. Mai 2020).
Davon fallen jeweils über 1000 Patienten – also gut ein Viertel – in die Kategorie «Freizeitaktivität und Haushalt» und «Senioren-/Alten-/Pflegeheim».
Eine chinesische Studie hat über 2'147 enge Kontakt von 157 Infizierten untersucht. Die untersuchten Infizierten haben 6,3% der untersuchten Kontakt angesteckt.
Die grössten Ansteckungsfälle waren bei dieser Untersuchung das gemeinsame Zusammenleben (13%), der Gebrauch von Transportmöglichkeiten (12%) und das gemeinsame Essen (7%). Infektionen durch den Umgang mit Patienten im Krankenhaus gab es laut der Studie in knapp 2% aller Fälle.
Eine andere chinesische Studie vom Center für Krankheitsbekämpfung und Prävention in Shenzhen hat im Zeitraum vom 14. Januar bis zum 12. Februar 2020 insgesamt 391 Infizierte und deren 1'286 enge Kontakte untersucht. Auch hier resultierte eine Ansteckungsquote von 6 bis 7 Prozent.
Lebt die infizierte Person allerdings im gleichen Haushalt, steigt die Gefahr, angesteckt zu werden, auf 11 Prozent.
Im Vergleich zu den beiden chinesischen Studien mit gut 6% Ansteckungsrate kam diese US-amerikanische Untersuchung nur gerade auf 1%. Sie untersuchten von insgesamt 10 Infizierten über einen Zeitraum von 14 Tagen die Symptome von 445 engen Kontakten.
Als grösster Risikofaktor hebt diese Studie das gemeinsame Wohnen hervor: Sie spricht von einer Ansteckquote von über 10% bei Haushaltsmitgliedern.
Im Twitter-Thread der schottischen Virologin Dr. Muge Cevik finden sich noch weitere Studien zu Ansteckungsquoten und -quellen. Obwohl die Aussagekraft vieler dieser Studien aufgrund der tiefen Fallzahlen beschränkt ist, lässt sich doch festhalten, was vom Bundesrat seit längerem gepredigt wird: Je länger der enge Kontakt in geschlossenen Räumen erfolgt, umso höher ist die Ansteckungsgefahr.
Ein Grossteil der bisherigen Corona-Patienten steckte sich gemäss den meisten Studien im engsten familiären Umfeld, respektive im gleichen Haushalt an. Ausserdem besonders oft erwähnte «Brandherde» sind Pflege- und Altersheime.
Cevik empfiehlt daher in ihrer Schlussfolgerung: «Wir müssen unsere Arbeits- und Wohnräume überdenken und bessere, belüftete Umgebungen schaffen. Ausserdem soll man enge und andauernde Kontakte in Innenräumen und im ÖV vermeiden und die Hygiene-Regeln beachten.»
(lea)