Schweiz
Coronavirus

Corona-Öffnungsrichtwerte des BAG in Kritik

Eine Pflegerin im Gespraech mit einer Covid-19 Patientin im Kantonsspital Fribourg HFR, am Donnerstag, 12. November 2020 in Fribourg. Angesichts der sanitaeren Lage und der Zunahme der Fallzahlen am F ...
Die Hospitalisierungsrate ist eine der Öffnungsrichtwerte des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Bild: KEYSTONE

Die 5 Öffnungsrichtwerte des BAG und warum einige davon kritisiert werden

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat fünf Richtwerte definiert, auf deren Grundlage am Mittwoch über mögliche Öffnungen diskutiert werden soll. Doch nicht alle sind mit diesen Kriterien zufrieden.
13.04.2021, 09:5413.04.2021, 12:03
Helene Obrist
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Die Schweiz wartet auf Corona-Lockerungen. Ob wir bald auf Sonnenterrassen dinieren können, hängt von der epidemiologischen Lage ab. Ende März gab der Bundesrat bekannt, welche konkreten Richtwerte für die Beurteilung der pandemischen Lage dabei eine Rolle spielen.

  • 14-Tages-Inzidenz der Fälle
  • Belegung der Intensivstationen
  • Wie viel andere Personen steckt eine infizierte Person im Durchschnitt an (R-Wert)
  • 7-Tages-Schnitt der Hospitalisationen
  • 7-Tages-Schnitt der Todesfälle

Rausgefallen ist die Positivitätsrate. Weil die Schweiz nun viel offensiver testet, sei dieser Richtwert nicht mehr aussagekräftig, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die ausgeweitete Teststrategie der Schweiz treibt aber nicht nur die Positivitätsrate in die Höhe – sondern auch die Fallzahlen und den R-Wert.

«Mit den Selbsttests haben wir keinen Überblick mehr darüber, wie viele Menschen sich insgesamt testen lassen. Deshalb ist der Prozentsatz der positiven Tests nicht mehr aussagekräftig», sagt Didier Trono. Er ist Leiter der Expertengruppe Diagnostik und Tests der Corona-Taskforce des Bundes.

Martin Bühler, Leiter des Corona-Krisenstabs in Graubünden und Raphael Ben Nescher vom Berner Covid-Krisenstab sehen das ähnlich. «Fallzahlen und R-Wert verlieren durch das Testen an Gehalt», so Nescher gegenüber dem «Sonntagsblick».

Andere Kriterien miteinbeziehen

Soll der Bundesrat folglich nur noch Kriterien zurate ziehen, die über die Auslastung des Gesundheitssystems Auskunft geben? Trono von der Covid-Taskforce sieht das kritisch. «Die Plätze auf den Intensivstationen können als Kriterium herangezogen werden, wenn wir uns in einer Notsituation befinden. Das ist aber aktuell nicht der Fall.» Der Diagnostiker wünscht sich einen qualitativeren Ansatz im Hinblick auf Öffnungsdiskussionen. «Auch Langzeitfolgen wie Long-Covid müssen unbedingt miteinbezogen werden.»

Trono rät von vorschnellen Lockerungen ab. «Die Pandemiebekämpfung ist ein Marathon. Wir befinden uns im Zieleinlauf, brauchen aber noch etwa zwei bis zweieinhalb Monate Geduld, bis genügend Menschen geimpft sind.»

Impfrate der Bevölkerung

Neben den konkreten Richtwerten hat das BAG drei verschiedene Phasen definiert, bei denen auch die Impfrate in der Bevölkerung eine Rolle spielt. In Phase 1 werden Personen aus der Risikogruppe geimpft. Die zweite Phase beginnt, sobald alle impfwilligen Risikopersonen eine Impfung erhalten haben. Sobald die zweite Phase erreicht ist, können die oben aufgeführten fünf Richtwerte höhere Werte aufweisen. In der dritten Phase sind alle impfwilligen Menschen geimpft.

Noch befindet sich die Schweiz in der ersten Phase. Für die zweite Phase müssen die Richtwerte noch genauer definiert werden, schreibt das BAG in einer Mitteilung. Morgen Mittwoch wird der Bundesrat über weitere Lockerungsschritte informieren. Doch der Spielraum ist aufgrund der epidemiologischen Lage begrenzt.

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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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c'est moi
13.04.2021 10:28registriert Juli 2018
Wieso kann man die Intensivstations auslastung zahlen nur in Notfällen gebrauchen?
Meiner Meinung nach der wichtigste Wert...
20227
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GenerationY
13.04.2021 10:42registriert Dezember 2017
Auch die Richtwerte „14-Tages-Inzidenz“ und „R-Wert“ verlieren mit der forlaufenden Impfkampagne an Aussagekraft.

Eine neue Ansteckung von „heute“ kann nicht mehr mit einer Ansteckung von „gestern“ verglichen werden. Weil immer mehr Risikopersonen geimpft sind, schlagen höhere Fallzahlen immer weniger auf Hospitalisation- und Todesfallrate.
13732
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Sapere Aude
13.04.2021 10:27registriert April 2015
Kritik und Diskussion über die Kriterien ist notwendig, aber sicherlich nicht auf die unfundierte Art und Weise, wie es der Arbeitgeberverband und die Economiesuisse tut. Diese blendet die Problematik der Langzeitfolgen aus und berücksichtigt ebenso wenig den Impffortschritt.
170122
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