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Am Donnerstag lagen die R-Werte in elf Schweizer Kantonen wieder über der kritischen Grenze von 1. Einen Tag später liegen nur noch Genf (1,03) und Freiburg (1,01) über der Marke. Auch der gesamtschweizerische R-Wert sackte von 1,01 am Donnerstag auf 0,88 am Freitag ab.
Trotzdem: Auch das ist zu hoch. Der Bundesrat peilt einen R-Wert von 0,80 an, damit sich die Fallzahlen alle zwei Wochen halbieren, Isabella Eckerle, die Leiterin des Zentrums für Viruserkrankungen in Genf, forderte heute Mittag auf Twitter einen R-Wert von unter 0,70. Unter anderem schreibt sie: «Wie immer ist uns das Virus mehrere Schritte voraus.»
Wie schon im Herbst sind auch aktuell mit Genf, Fribourg und der Waadt die bevölkerungsreichen Kantone der Romandie in den Top 4. Nur der Thurgau drängt sich mit einem R-Wert von 0,99 noch dazwischen. Mehr dazu in Punkt 2.
Warum geht der Wert ausgerechnet in der Romandie wieder nach oben? Blaise Genton, Chefarzt für Allgemeinmedizin der Universität Lausanne, erklärte dem «Tages-Anzeiger»: «Wir gehen davon aus, dass der Anstieg der Infektionen auf die Zirkulation der britischen Virusvariante zurückzuführen ist.» Die Taskforce schätzte diese in der letzten Woche auf 15 bis 20 Prozent der positiven Fälle (mehr unter Punkt 4).
Das Szenario kommt uns bekannt vor. Schon die zweite Welle begann in der Romandie, wenig später war die Deutschschweiz ebenso betroffen. Wiederholt sich das?
Die Experten in der Romandie wollen in der momentanen Situation nicht vom Beginn einer dritten Welle reden. Es gäbe einige Hotspots mit vermehrten Fällen, aber noch blieben die Fallzahlen zumindest konstant.
Blicken wir in die Deutschschweiz. Hier liegen die R-Werte überall unter 1. Allerdings bewegen sie sich in den bevölkerungsreichen Kantonen ebenfalls aufwärts. In Zürich stieg der Wert im Vergleich mit vor zwei Wochen beispielsweise von 0,76 auf 0,90, im Thurgau gar von 0,69 auf 0,99. St.Gallen stieg von 0,79 auf 0,88 – obwohl der R-Wert in den letzten Tagen zurück ging. Wenig veränderte sich dagegen im Aargau, wo der Wert bei 0,85 ungefähr konstant blieb.
Aber auch hier gilt: Den vom Bundesrat angepeilte Wert unter 0,80 erfüllen momentan nur Nidwalden (0,76), Uri (0,73), Luzern (0,68) und Obwalden 0,62). Vor zwei Wochen lagen noch zehn Kantone unter diesem Grenzwert.
Die täglichen Fallzahlen sinken bekanntlich seit einigen Wochen. Das ist sicherlich mal die gute Botschaft. Am Freitag wurden dem BAG 1584 neue Corona-Fälle gemeldet. Allerdings hat der Bundesrat auch einen Shutdown verhängt, würden die Zahlen nicht sinken, wäre das gar kein gutes Zeichen. Zudem hat sich die Geschwindigkeit, mit der die Zahlen fallen, zuletzt offensichtlich verlangsamt.
Vergleicht man den Stand der letzten Tage mit jenem von vor sieben Tagen, sieht man, wie stark das Tempo gebremst wurde. In den letzten Wochen wurde die Abnahme gegenüber sieben Tagen zuvor langsam kleiner. Am 31. Januar betrug sie noch 1%:
Da mit Nachmeldungen gerechnet werden muss, dürften sich die Fallzahlen in den letzten Tagen noch erhöhen und insbesondere die Veränderungen vom 1. bis 3. Februar beeinflussen. Möglich, dass wir bald erstmals wieder seit rund einem Monat eine Zunahme verzeichnen werden. Und das, obwohl das wirtschaftliche und soziale Leben stark beeinträchtigt ist.
Kommen wir zurück auf die in Punkt 1 erwähnte Verteilung der Virusmutationen. Das BAG meldete am Freitag 3492 Mutationen, 268 mehr als noch am Donnerstag. Neben der britischen Variante (B.1.1.7) ist unter anderen auch die südafrikanische im Umlauf. Diese entwickelte sich zuletzt im Tirol weiter. Das Problem: Die südafrikanische Variante (B1.351) ist schwieriger in der Behandlung, die Impfung soll gemäss ersten Erkenntnissen weniger nützen.
Wie die Mutation im Tirol eingedämmt werden soll, ist noch offen. Bis am Sonntag soll entschieden werden, ob die ganze Region in den Lockdown muss.
In der Schweiz hinkt die Sequenzierung der Proben hinterher, wodurch mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen ist. Das BAG merkt zu den Mutanten-Zahlen jeweils an, dass sie nicht repräsentativ seien, da in diversen Kantonen mit «starken Unterschätzungen» zu rechnen ist. Vor einer Woche schätzte die Taskforce die Verbreitung der Mutanten auf 15 bis 20 Prozent.
In der Romandie wird aktuell mit einem Anteil von 30 bis 40 Prozent der Virus-Mutationen gerechnet. Klar ist: sie verbreiten sich in der Schweiz. Hier die aktuelle Situation der nachgewiesenen Virus-Mutationen:
daily interpolated #B117 and similar cases in Switzerland. pic.twitter.com/GgRrPcJS3E
— B117 Science Information (@b117science) February 5, 2021
Die Entwicklung der Positivitätsrate geht in die richtige Richtung. In den letzten zwei Wochen sank sie im 7-Tage-Mittel von 10,7% auf 7,6%. Am Freitag lag sie bei 5,0% – so tief wie zuletzt am 2. Oktober und damit vor der zweiten Welle.
Zur Erinnerung: Die WHO gibt einen Wert von 5 Prozent oder tiefer vor. Liegt die Positivitätsrate höher, ist mit einer erhöhten Dunkelziffer zu rechnen. Neu sind wir da also in der Marge und die Tendenz zeigt nach unten.
Die Fallzahlen sind rückläufig, und auch die Anzahl Covid-Patienten in den Spitälern geht zurück. Am Donnerstag belegten sie noch 26,5% der verfügbaren Betten.
Dies ermöglicht den Spitälern vermehrt, verschobene Operationen durchzuführen, weshalb die Auslastung sich noch immer um rund 70 Prozent bewegt. Würde die Situation wieder anziehen, könnten diese Non-Covid-Operationen erneut verschoben werden.
In den Spitälern zeigt sich die Entspannung also nur langsam, in einigen Kantonen sind die Betten weiterhin deutlich höher ausgelastet. Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, erklärte an der letzten Pressekonferenz: «Der Druck auf die Spitäler hat trotz sinkender Hospitalisationen nicht nachgelassen.»
Wenn der Druck bei sinkenden Hospitalisationen nicht nachlässt, nimmt er dann bei steigenden auch nicht zu?
Mit meiner Zählweise komme ich auf 6 Punkte...