Die Schweizer Stimmbevölkerung hatte es vor einigen Tagen eigentlich klar ausgedrückt: Es steht hinter dem Covid-Gesetz. Dieses regelte ursprünglich finanzielle Unterstützungsmassnahmen für die Pandemie-geplagte Wirtschaft. Argumente der Gegnerschaft, wonach mit einem «Nein» auch gesundheitliche Massnahmen wie Einschränkungen, Maskenpflicht oder etwa das Covid-Zertifikat fallen würden, überzeugten nicht.
Was danach kam, ist mittlerweile bekannt: Das Covid-Zertifikat wurde schon über zwei Millionen Mal schweizweit ausgestellt und feiert damit beinahe schon einen Erfolg. Zudem kündigte der Bundesrat eine regelrechte Öffnungsorgie an: Wer ein Zertifikat besitzt, soll bereits ab nächsten Samstag eine Vielzahl von Freiheiten zurückgewinnen.
Vertreterinnen und Vertreter der Jungen SVP und Covid-skeptischen Kreisen lassen sich davon mit ihrem Angriff gegen das Covid-Gesetz nicht abhalten. Sie sammeln derzeit erneut Unterschriften für ein Referendum – diesmal gegen die Parlamentsentscheide, durch die das Covid-Zertifikat rechtlich legitimiert wurden.
Nur läuft die Unterschriftsammlung noch nicht so, wie man es sich wünscht. Aktuell wurden nur 19'336 Unterschriften gesammelt wurden. 50'000 wären für eine Abstimmung nötig, 60'000 werden zur Sicherheit angepeilt. David Trachsel, Präsident der Jungen SVP, bestätigt dies. «Es handelt sich dabei um eine konsolidierte Zahl und sie ist tatsächlich noch nicht dort, wo ich sie mir wünsche. Es dürfte ein Fotofinish werden.»
Trachsel erwähnt, dass er selbst Unterschriften sammeln ging und derzeit deren 52 noch zuhause hätte. «Ich werde sie heute noch dem Komitee schicken und rufe alle Unterstützer dazu auf, dies auch zu tun. Dann kann es klappen!», sagt der SVP-Politiker Trachsel. Er bleibt also optimistisch, was derzeit etwas überrascht. Seine Partei ergriff zusammen mit anderen politischen Bewegungen das Referendum, weil sie grundrechtliche und datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Covid-Zertifikat hat.
«Es geht um Grundsätzliches: Der Staat definiert, bei welcher Krankheit man beweisen muss, dass man sie nicht hat. Wenn man dies nicht beweisen kann, stehen einem Grundrechte nur noch bedingt zu. Das ist total absurd und schafft bei der Umsetzung Diskriminierungen. Das geht einfach nicht», begründet Trachsel. Er erwähnt dabei die Kritik am PCR-Test, die jüngst nach einer Studie im Fachmagazin «Journal of Infection» aufkam. Diese wiederholte die bekannte Tatsache, dass ein positiver PCR-Test keine eindeutige Aussage über die Infektiosität erlaubt.
Für Trachsel heisst das: Corona hat aus gesundheitlicher Sicht keine Relevanz mehr. Dies sieht er auch nicht bei der Delta-Variante und wittert Panikmache: «Die bringt man jetzt nur auf, damit man die Grundrechtseinschränkungen noch rechtfertigen kann.» Der jüngste Lockerungsschritt beruhigt ihn dabei nicht wirklich: «Mit der Verschärfung der Diskriminierung von Ungeimpften verschlimmert der Bundesrat die Situation sogar. Zudem verbleibt der Bundesrat in seinem Vollmachtenregime, mit dem er auch im Herbst die Bevölkerung noch bevormunden kann.»
Zeit fürs Unterschriftensammeln bleibt aber nicht mehr viel. Sie müssen spätestens am 8. Juli bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Das Komitee kämpft derweil nicht nur mit noch fehlenden Unterschriften, sondern auch mit falsch ausgefüllten Bögen. Die Organisationen hinter dem Referendum haben reagiert und im Internet eine Anleitung publiziert, in der sie Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern erklären, wie man ein Referendum unterschreibt.
Sollte das Referendum zustande kommen, könnte das Covid-Zertifikat tatsächlich an der Urne fallen. Das bestätigt auch der Bundesrat in einer Stellungnahme. Diesen theoretischen Erfolg werden die Referendumsführer aber erst spät feiern können – die nächsten freien Abstimmungstermine liegen in ferner Zukunft, konkret Ende November 2021 bzw. im Februar 2022. Geht es nach dem Bundesrat, sollen Covid-Zertifikate bis dann gar nicht mehr notwendig sein.
Das einzige was hier nicht zusammen geht ist Logik, Realität und SVP.