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Trockenheit Schweiz: Das sind die unsichtbaren Folgen

Der Bootsstegt liegt teilweise auf dem Trockenen am Untersee, aufgenommen am Mittwoch 9. April 2025 im thurgauischen Ermatingen. Wegen zu wenig Regen und Schmelzwasser ist der Wasserstand am Bodensee  ...
Am Untersee in Ermatingen zeigt sich die Trockenheit aktuell deutlich. Die Folgen für das Grundwasser bleiben verdeckt.Bild: keystone

Das sind die unsichtbaren Folgen der Trockenheit in der Schweiz

Die trockenen Wochen zeigen sich in der Schweiz mit tiefen Wasserständen am Bodensee oder wenig Wasser am Rheinfall. Doch auch unter der Erde hat der fehlende Regen Auswirkungen.
11.04.2025, 12:2811.04.2025, 13:56
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Der Wasserpegel des Bodensees liegt so tief wie seit 40 Jahren nicht mehr zu dieser Jahreszeit. Der mächtige Rheinfall verkommt zum Rinnsal und hat aktuell einen Abfluss von rund 170 Kubikmeter pro Sekunde. Der Mittelwert für den April liegt bei knapp 300 Kubikmeter pro Sekunde. Wer aktuell den grössten Wasserfall Europas auf der Schaffhauser Seite besucht, dem stechen die im Trockenen liegenden Felsen ins Auge.

Die aktuelle Situation am Rheinfall.Video: watson/reto fehr, lucas zollinger
Zu wenig Wasser: Schiffe auf Untersee und Rhein fahren erst ab Mai
Wegen des äusserst niedrigen Wasserstands können die Schiffe auf dem Untersee und dem Rhein nicht wie geplant ab Karfreitag wieder ablegen. Die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) hat den Saisonstart auf Anfang Mai verschoben.

Grosse Sandbänke und Steinablagerungen sowie massive Felsbrocken in der Schifffahrtsrinne bildeten «unüberwindbare Hindernisse», teilte die URh am Freitag mit.

Zudem äussert die Schifffahrtsgesellschaft Sicherheitsbedenken. Die Zu- und Ausstiege an den Landestellen würden mit dem tiefen Wasserstand zu steil, heisst es weiter. Die Schiffstreppen, also die Rampen vom Land zum Schiff, liegen laut URh an mehreren Landestellen in einem derart steilen Winkel, dass dies zu Unfällen führen könnte.

Alle bereits gebuchten Brunch-Schifffahrten mit der URh könnten ab Schaffhausen durchgeführt werden, heisst es weiter. (sda)

Soweit die offensichtlichen Folgen des ausbleibenden Regens und des (noch) fehlenden Schmelzwassers. Doch es gibt auch unsichtbare Folgen: Rund ein Sechstel der Schweizer Grundwasser-Messstationen haben derzeit den Status «tief» (Normalwerte zwischen dem 10%- und dem 90%-Perzentil).

Grundwasserpegel Schweiz 11. April 2025
Aktuelle Pegelstände der Grundwasser-Messstationen der Schweiz (Normalwerte zwischen dem 10%- und dem 90%-Perzentil). Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Tiefe Pegel in der Ost- und Zentralschweiz

Insbesondere Kluft- und Karst-Stationen in der Ost- und Zentralschweiz weisen aktuell tiefe Wasserpegel aus. Jana von Freyberg, Hydrologin beim Bundesamt für Umwelt (BAFU), erklärte gegenüber SRF: «Das sind häufig Regionen, wo das Grundwasser durch Regen gespeist wird. Wenn dieser Regen ausbleibt, sinken die Grundwasserstände.»

Entwicklung des Grundwasserpegels

grundwasserpegel in der schweiz, 11. April 2025 Gossau Hirschberg
Grundwasserpegel in Gossau SG.Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Wichtig zu wissen dabei: Grundwasserpegel reagieren mit Verzögerung. Die unterirdischen Reservoire werden durch Regen gefüllt. Es dürfte darum in den nächsten Tagen erstmals weiter eher nach unten gehen. Anfang März stand im Grundwasser-Bulletin des BAFU noch, dass die Pegel sich in den meisten Regionen der Schweiz im normalen Bereich befinden. Mit dem Update vom 9. April heisst es:

«Aufgrund der aussergewöhnlich trockenen Verhältnisse im Februar und März liegen die Grundwasserstände und Quellabflüsse in den meisten Regionen der Schweiz im normalen bis tiefen Bereich. Die Tendenzen sind nördlich und südlich der Alpen mehrheitlich fallend. In den Alpen hingegen steigen die Grundwasserstände und Quellabflüsse, begünstigt durch das milde Wetter und die damit einhergehende Schneeschmelze.»

Entwicklung des Grundwasserpegels

grundwasserpegel in der schweiz, 11. April 2025 Sennwald - Salez, Bifang 6523
Grundwasserpegel in Cormoret BE.Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Die Schweiz verfügt über sehr grosse Grundwasservorkommen. Allerdings sind diese unterschiedlich verteilt und bei Trockenheit «kommt es bereits heute lokal und temporär vermehrt zu Engpässen bei der Verfügbarkeit von Grundwasser», wie das BAFU schreibt.

Entwicklung des Grundwasserpegels

grundwasserpegel in der schweiz, 11. April 2025 Stans - Obermilchbrunnen 6904
Grundwasserpegel in Stans NW.Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Der wichtigste und grösste Wasserspeicher der Schweiz wird sich infolge der erwarteten Zunahme der Winterniederschläge, des höheren Regenanteils und der früheren Schneeschmelze eher im Winter und Anfang Frühling füllen.

Entwicklung des Grundwasserpegels

grundwasserpegel in der schweiz, 11. April 2025 Sennwald - Salez, Bifang 6523
Grundwasserpegel in Sennwald SG.Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Im Sommer weniger Grundwasserbildung

Im Sommer wird die Grundwasserbildung zurückgehen. Allerdings: «Solange über mehrere Jahre hinweg gesehen die Gesamtmenge der Grundwasserneubildung jedoch ausreicht, die Speicher zu füllen, wird sich am Gesamtvolumen auch mit dem Klimawandel wenig ändern.»

Grundwasserpegel 11. April 2025 Schaffhausen - Roggenäcker
Grundwasserpegel in Schaffhausen - Roggenäcker.Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU

Die aktuell tiefen Grundwasserpegel bei einem Sechstel der Messstationen ist deshalb grundsätzlich kein Problem. Anders sei dies bei kleinen Grundwasserreserven. Von Freyberg: «Diese reagieren sensibel. Die Grundwasserpegel können hier stark absinken oder die Quellen gar trocken fallen.»

Wichtig sei darum, dass Gemeinden die Wasserversorgung auf verschiedene Standorte abstützen und nicht nur auf kleine Grundwasserquellen.

Die aktuelle Lage am Bodensee

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Niedrigwasser im Bodensee
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Landwirtschaft profitierte – jetzt braucht's aber Regen

Übrigens: Die Trockenheit der letzten Wochen kam der Landwirtschaft entgegen. Es herrschten «idealste Bedingungen» für Arbeiten auf den Feldern. Daniel Blättler, stellvertretender Mediensprecher des Schweizerischen Bauernverbands, sagt gegenüber watson am Telefon: «Die Bodenstruktur konnte dank den trockenen Verhältnissen geschont werden. Das war im nassen letzten Jahr überhaupt nicht der Fall.»

Jetzt allerdings hofft auch Blättler auf Regen: «Das Wachstum braucht Feuchtigkeit. In der Schweiz wird normalerweise gesamtheitlich nicht viel bewässert. Wir hoffen, dass der Regen jetzt dann kommt.» Das sei nicht nur für die Landwirtschaft wichtig, sondern auch für Wälder, damit eine gute Basis für den kommenden Sommer gelegt wird.

Und der Wetterwechsel kündigt sich ja an. Bis Ostern dürfte es einiges an Niederschlag geben. Blättler sagt: «Verregnete Ostern sind zwar schade für die Bevölkerung, aber für die Natur wäre das wichtig.»

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154 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
11.04.2025 11:10registriert Juni 2016
Deittling: Ich lebe gerne in wärmeren Zeiten...
Mal schauen ob er das immer noch sagt, wenn ihm als Landwirt das Wasser und Futter ausgeht für sein Vieh.
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Emil Eugster
11.04.2025 11:11registriert April 2024
Wer braucht schon Wasser?!
Wir brauchen Autobahnen, SUVs und USA Reisen.
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Pafeld
11.04.2025 13:07registriert August 2014
Ich würde ja gerne das Gesicht des Aha!-Moments sehen, wenn Marcel Dettling kapiert, dass das Wasser im Wasserschloss Europas nicht auf magische Art und Weise aus dem Boden sprudelt, sondern irgendwann mal vom Himmel gefallen sein muss.
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