Politiker der Alternative für Deutschland (AfD) schielen gerne zur schweizerischen SVP, dem Vorbild vieler Rechtskonservativen in Europa. Ihr gelingt es wie kaum einer anderen Partei in Europa, das rechte Wählerspektrum abzuschöpfen. In Süddeutschland können die Rechtskonservativen davon nur träumen: In Baden-Württemberg kam die AfD bei den Landtagswahlen am letzten Sonntag auf 15 Prozent. In der Schweiz schafft die SVP nahezu das Doppelte.
Da kann es nichts schaden, von den erfolgreichen Schweizer Nationalkonservativen zu lernen. Und so landete vor der Landtagswahl in jedem zweiten Briefkasten ein Kampfblatt mit dem Titel «Extrablatt», das für die AfD warb. Es erinnert nicht nur mit seinem Namen, sondern auch stilistisch und inhaltlich stark an das «Extrablatt» der SVP.
SVP-Extrablätter fischen wir in unregelmässigen Abständen seit dem Jahr 2012 immer wieder aus unseren Briefkästen. Zuletzt vor den Wahlen im Herbst und im Vorfeld der Abstimmung über die Durchsetzungs-Initiative Anfang Jahr.
Herausgeberin des deutschen Extrablatts ist zwar nicht die Partei selbst. Hinter der Aktion steckt eine «Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten». Als Chefredaktor ist ein Josef Konrad aufgeführt. Konrad ist Inhaber eines Leipziger Verlags und einer Marketing-Agentur mit Sitz in Bayreuth. Konrad selbst ist AfD-Mitglied. Der Name Extrablatt sei Wunsch der auftraggebenden Vereinigung gewesen, so Konrad gegenüber der «Nordwestschweiz». Er selbst fungiere nur als Ansprechpartner. Die Mitglieder der Vereinigung wollten anonym bleiben.
Auf Seite 2 der Postille interviewt ein nicht namentlich erwähnter Autor den AfD-Bundessprecher und am Sonntag in den Landtag von Baden-Württemberg gewählten Jörg Meuthen. Darunter die Wahlempfehlung des Herausgebers, mit Hinweis auf die Kölner Silvesternacht, bei der Frauen von ausländischen Männern begrapscht, beklaut und sogar sexuell missbraucht worden sind: «Nur meckern nützt nichts! Wählen Sie bei den Landtagswahlen am 13. März 2016 AfD – das Original!»
In der Publikation finden sich dieselben Schlagwörter, derer sich die SVP ebenso gerne bedient: Masseneinwanderung und Asylchaos stoppen! Grenzen schützen!
Extrablatt-Herausgeber Konrad kennt laut eigenen Angaben keine SVP-Politiker. Das Extrablatt sei unabhängig von Partnern aus der Schweiz entstanden.
An AfD-Veranstaltungen treten Professoren auf und referieren über die direkte Demokratie in der Schweiz, AfD-Politiker kopieren den Stil der SVP und die Bundesvorsitzende Frauke Petry ist begeistert. «Wir orientieren uns an der SVP», sagte sie in der «SonntagsZeitung». Die Liebe zwischen den beiden Parteien aber ist eine einseitige. Offiziell unterhält die SVP-Parteileitung keine Kontakte zu ausländischen Parteien wie der AfD. Vom Extrablatt der AfD hat die stellvertretende Generalsekretärin Silvia Bär noch nie etwas gehört, wie sie sagt. Ihr sei auch nicht bekannt, «dass die AfD einmal auf die SVP Schweiz zugekommen wäre». Dass die AfD die SVP kopiert, stört Bär nicht.
Wie Bär sagt, gebe es hin und wieder Anfragen von verschiedenen europäischen Parteien zur Zusammenarbeit. «Wir wollen die Souveränität und Unabhängigkeit vom Ausland wahren, wie wir das für die Schweiz ja auch immer wieder fordern», sagt Bär.
Das sehen einzelne SVP-Politiker anders. So unterhält der Walliser Staatsrat Oskar Freysinger regen Kontakt zu ausländischen Rechtspopulisten, auch zur AfD. «Die AfD ist das Double der SVP», sagte er gestern zu 20min.ch. Mit diesem Befund kam Freysinger von einem Besuch bei der AfD im Bundesland Hessen nach Hause. Ob er mehr über die Hintermänner des AfD-Extrablatts weiss, bleibt unbekannt. Freysinger antwortete nicht auf eine Anfrage der «Nordwestschweiz».