Ilaria Schnyder gehört zur neuen Schweizer Starlink-Community. Auf X zeigte sie Bilder eines Routers auf dem Dach einer Berghütte im Tessiner Verzascatal und schrieb dazu: «Danke, Starlink.»
Auch der deutsche Websiteentwickler Adrian Schnell gehört dieser Community an. Auf X publizierte der digitale Nomade Bilder davon, wie er im Kanton Bern vorübergehend auf 900 Metern über Meer im Freien gearbeitet hat – mit Campingwagen, Tisch, Stuhl und Starlink-Router.
Starlink ist ein Satellitennetzwerk, das von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX betrieben wird. Es bietet Internetzugang über Satelliten und ist weltweit in 118 Ländern, auf allen sieben Kontinenten und den Ozeanen, zugänglich. Gemäss SpaceX nutzen heute weltweit 4,6 Millionen Menschen Starlink – Tendenz rasant steigend.
SpaceX ist mit Abstand der grösste Satellitenbetreiber weltweit. Unter der Marke Starlink hat das Unternehmen ein Netzwerk mit 7600 Satelliten aufgebaut, wie Astronom Jonathan McDowell errechnet hat. Er verfolgt auf seiner Website die Lebensdauer jedes einzelnen Satelliten. Sie umkreisen die Erde in einer Höhe von rund 550 Kilometern. Später sollen 42'000 weitere Satelliten dazukommen.
Seit August 2023 hat Starlink auch eine Konzession in der Schweiz und darf seine Dienstleistungen hier anbieten, wie das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bestätigt. Wie viele Kunden das Unternehmen hier inzwischen hat, ist unklar. SpaceX reagierte nicht auf eine Anfrage von CH Media.
Das Unternehmen bietet seinen Internetdienst Privathaushalten in der Schweiz für 50 Franken pro Monat an. Starlink Mini fürs Reisen mit geringen Datenmengen kostet 40 Franken, Reisen mit unbegrenzten Datenmengen 75 Franken. Dazu kommen einmalige Hardwarekosten von 329 Franken – für Ständer, Router, Kabel, Stromkabel und Netzteil.
Ein Starlink-Abo gilt vor allem dort als interessante Alternative, wo die anderen Internetanbieter schlechten Zugang anbieten – auf abgelegenen Bauernhöfen und Häusern oder in Berghütten. Starlink bietet eine Downloadgeschwindigkeit von 50 bis 250 Megabit pro Sekunde an. Meist liegt sie aber bei 100 Megabit pro Sekunde, wie Tests zeigen. Mit dem Tempo von Glasfasernetzen (bis zu 10 Gigabit pro Sekunde) kann der Satellitendienst nicht mithalten. Er liegt in etwa im Bereich der alten Kupferleitungen: 100 bis 300 Megabit pro Sekunde.
Starlink hat noch ein zweites Einfallstor in die Schweiz – über Salt. Der drittgrösste Schweizer Telekommunikationsanbieter hat 2023 als erster Mobilfunkanbieter in Europa einen Nutzungsvertrag mit Starlink abgeschlossen. Er will seine Netzabdeckung in Gebieten ohne Handyantennen verbessern.
Die Mobilfunkbranche arbeitet zurzeit an einer Direct-to-Cell-Satelliten-Technologie. Sie soll eine direkte Verbindung von Smartphones zu Satelliten ermöglichen. «Die bisherigen Tests in den USA und Neuseeland bestätigen, dass die Technologie hervorragend funktioniert», sagt Salt-Sprecherin Viola Lebel. Sie ersetze das traditionelle Salt-Mobilfunknetz aber nicht, sondern ergänze es für Notfallverbindungen etwa bei Naturkatastrophen.
Nur ist der Nutzungsvertrag von Salt vorläufig blockiert. Die Regulierungsbehörden müssen zuerst die Rahmenbedingungen für eine kommerzielle Nutzung der Technologie schaffen. Dieser Prozess dauere «länger als ursprünglich angenommen», sagt Lebel – trotz «offensichtlicher Vorteile».
Salt wird sich noch mindestens bis 2027 gedulden müssen. Es gebe eine Arbeitsgruppe der European Conference of Postal and Telecommunications Administrations (CEPT) zur neuen Technologie, heisst es im Bakom. Das Thema müsse international besprochen werden. Das sei erst an der Tagung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) von 2027 möglich. Salt könnte zwar eine Versuchskonzession erhalten, betont das Bakom. Mit dieser sei aber ein kommerzieller Betrieb des Satellitendienstes nicht möglich.
Kritiker orten einen heiklen Punkt bei Starlink: den Datenschutz. Dieser ist auch für den St. Galler Schriftsteller Sebastian Schinnerl ein Thema. «Starlink ist nicht sicher», schrieb er auf X. «Sämtliche Daten werden zwischengespeichert, ausgewertet und verkauft.»
Indizien lassen vermuten, dass der Datenschutz tatsächlich ein Problem sein könnte. Denn SpaceX und Starlink sind nicht zu finden auf der Liste von zertifizierten US-Unternehmen, die bei Personendaten einen angemessenen Schutz bieten.
Die Liste ist Bestandteil des Swiss-US Data Privacy Framework, das der Bundesrat im August als neuen Datenschutzrahmen zwischen der Schweiz und den USA beschlossen hat. Es erlaubt die Übermittlung von Personendaten aus der Schweiz an zertifizierte Unternehmen in den USA ohne zusätzliche Garantien, weil ein angemessener Datenschutz gewährleistet ist.
Auch hat Starlink in seiner Datenschutzerklärung zum EWR+ (Europäischer Wirtschaftsraum plus Grossbritannien und die Schweiz) keine Vertretung in der Schweiz benannt, obwohl das Unternehmen dazu gemäss Artikel 14 des Schweizer Datenschutzgesetzes verpflichtet wäre.
Rechtsanwalt David Vasella, Partner der Anwaltskanzlei Walder Wyss, ist spezialisiert auf Datenrecht. Er rät generell zur Vorsicht. «Werden Daten an einen Provider übermittelt, muss man sich fragen, wer genau sie einsehen kann», sagt er. «Und es besteht ein Risiko, dass ausländische Behörden darauf zugreifen.»
Die Übermittlung von Personendaten in die USA sei für ein Unternehmen nur beschränkt möglich, betont Vasella. Ausser das Unternehmen befinde sich auf der Liste der zertifizierten US-Unternehmen. «Oder es hat einen entsprechenden Vertrag.» Ob Starlink und SpaceX solche Verträge haben, ist unklar.
Die fehlende Vertretung von Starlink in der Schweiz hingegen relativiert Vasella. «Google und Facebook haben eine solche Vertretung in der Schweiz», sagt er. «Sehr viele US-Unternehmen hingegen nicht.» Die Schwelle für die Pflicht, eine Vertretung zu bestellen, sei sehr hoch. «Und der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte kontrolliert das auch nicht wirklich.»
Damit konfrontiert, kontert das Büro des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Edöb) entschieden. «Der Edöb hat internationale Konzerne erfolgreich dazu aufgefordert, eine Vertretung in der Schweiz zu bezeichnen», sagt Medienchefin Katja Zürcher. Die Gespräche seien aber teilweise langwierig, weil sie mit Konzernzentralen geführt werden müssten, die mit dem Schweizer Recht wenig vertraut seien.
Leider ist es aber eine fragile, zentralisierte und korrumpierbare Konstruktion mit einem streitbaren König in der Mitte.