Klicks, Streams und Plays sind die Währungen im modernen Musikbusiness. Und offenbar hat es da viel Falschgeld dabei. Eine deutsche Dokumentation hat mittels eines anonymen Informanten aufgedeckt, dass angeblich viele Künstler ihre Klick-Zahlen künstlich hochschrauben.
Gegen eine Gebühr würden die Macher Programme starten, die einen gewünschten Song immer und immer wieder abspielen. Das führe dazu, dass Songs innert weniger Stunden und Tagen mehrere Millionen Plays auf Plattformen wie Spotify und Youtube haben.
So hatte beispielsweise der Song «Romeo & Juliet» von der Luzerner Rapperin Loredana und Mozzik nach wenigen Tagen 5 Millionen Klicks auf Youtube – mittlerweile sind es 46 Millionen. Veröffentlicht wurde das Video am 31. Januar dieses Jahres.
Loredana kommt in dieser Dokumentation nicht explizit vor, aber dafür ihr Label Groove Attack Trax. Und dabei besonders im Fokus: der Rapper Mero. Aus seiner Feder stammen Songs wie «Baller los» und «Hobby Hobby», beide in den Charts, beide längst Klickmillionäre.
Normalerweise wäre man früher ob solcher Klickzahlen misstrauisch geworden. Von null auf eine Million in ein paar Tagen ist für einen Newcomer grundsätzlich verdächtig. Aber: Solche Zahlen sind keine Besonderheit mehr.
Eine Vielzahl der neuen Generation von deutschen Rappern bewegt sich im Millionen-Plays-Bereich. Bislang vermutete man dahinter einfach einen Trend. Die Jungen würden halt diese Art von Musik hören. Jetzt hat es zumindest ein kleines Betrugs-Gschmäckle bekommen.
Fraglich ist aber erstens, ob die in der Dokumentation aufgebrachten Vorwürfe wahr sind, und zweitens, ob es eine durchgängige Masche ist.
Fast wahrscheinlicher ist dagegen, dass es als eine Art «Anschubfinanzierung» gebraucht wird. Sprich: Man pusht den ersten und vielleicht noch den zweiten Song eines Künstlers in luftige Klick-Höhen.
Hat er genug Höhe erreicht, fliegt er dann meistens von allein. Auch auf Spotify und Co. wollen viele Hörer hören, was schon viele andere hören.
Schweizer Labelchef Andreas Ryser, der für Musiker Kurse zum Umgang mit Spotify gibt, kann sich «sehr gut vorstellen», dass auf diese Art betrogen wird. Ganz grundsätzlich sei das Musikgeschäft schon immer anfällig für Betrug gewesen:
Das in der Dokumentation vorgestellte System sei besonders ausgefuchst, weil es sich in bestehende Spotify-Accounts einhackt.
Der Hacker übernimmt also die Accounts von Normalbürgern und lässt diese gewünschte Songs ständig wiederholen. Damit der Betrug nicht entdeckt wird, werden die zu pushenden Songs in Playlists mit erfolgreichen und genreverwandten Liedern verpackt.
Ryser sagt , dass «einfache» Betrügereien auf den Streamingplattformen rasch erkannt werden: «Allerdings ist gerade Streaming durch die technischen Möglichkeiten recht anfällig für Manipulation.»
Auch weil die nackte Popularität von einem Song von den Algorithmen belohnt wird: «Streamingdienste wollen ja abbilden, was gehört wird. Da kann sich ein gekaufter Boost ganz gut machen», sagt Ryser.
Ganz überzeugt, ob die in der Dokumentation entlarvte Masche Tatsache ist, ist Ryser nicht restlos. «Es ist aber gut, dass solche Zahlen jetzt mal hinterfragt werden.»
Das angeschossene Label reagiert auf vielen Kanälen. In einem Statement schreibt Groove Attack, dass «wir zu keinem Zeitpunkt Klicks gekauft oder sonstige Manipulationsbestrebungen unternommen haben, um Artists künstlich zu Ruhm zu verhelfen».
Und Labelchef Xatar, selber Rapper, wehrt sich in Videos auf Instagram und Youtube gegen die Anschuldigungen. Mal wütend, mal gelassen, aber durchaus glaubhaft.
Um das eigene Beispiel glaubhaft zu machen, hat der Journalist der Dokumentation selber einen durchschnittlichen Rapsong aufgenommen, den sein Informant dann pushte. Nach wenigen Tagen hatte er 200'000 Klicks auf Youtube und 10000 Streams bei Spotify. Dann hörte der Informant auf. Mehr gebe es nur gegen Geld.
Ich bin zu 99% sicher dass es so ist.
Dolla dolla bill ya..