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Wissenschaft informiert Parlament über Klimakrise – SVP bleibt fern

Die Sitze der SVP blieben am Treffen mit den Klimawissenschaftlern leer.
Die Sitze der SVP blieben am Treffen mit den Klimawissenschaftlern leer. montage: watson

Wissenschaft informiert Parlamentarier über die Klimakrise – SVP schwänzt den Event

Namhafte Fachleute aus der Wissenschaft brachten am Montag die Bundesparlamentarier auf den neusten Stand zum Thema Klimakrise. Die SVP glänzte mit Abwesenheit.
03.05.2022, 17:05
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Vertreter von Wissenschaft und Politik haben sich am Montag im Bundeshaus zum Thema Klima- und Biodiversitätskrise ausgetauscht. Am Treffen wurde der neuste Stand vermittelt, aufgrund der Berichte des Weltklimarates und des Weltbiodiversitätsrats. Die Politikerinnen und Politiker erhielten dabei aus erster Hand Informationen von namhaften Wissenschaftlerinnen.

Eingeladen hatten Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne) und Ständeratspräsident Thomas Hefti (FDP). «Ein direkter Austausch schafft Verständnis», schrieb Kälin in der Einladung. Rund 100 Parlamentsmitglieder hätten am Treffen mit den Forscherinnen und Forschern im Nationalratssaal teilgenommen, berichtete die höchste Schweizerin am Montagabend vor den Medien. Die Linke sei allerdings stärker vertreten gewesen.

Tatsächlich zeigen Fotos aus dem Nationalraatssaal viele leere Sitze auf der rechten Seite des Raumes. Der Klimaaktivist Jonas Kampus veröffentlichte dazu einen Screenshot der Liveübertragung auf Twitter und schrieb: «Man beachte, wie sich der Nationalratssaal nach rechts immer weiter leert und bei der SVP genau eine Person anwesend ist bei der live übertragenen Debatte zur Klima- und Biodiversitätskrise.»

Doch das Foto der leeren rechten Ratsseite sei trügerisch, sagen mehrere Teilnehmer des Treffens auf Nachfrage. Es habe freie Platzwahl gegolten und auf der linken Seite hätten nebst den Parlamentarierinnen auch die Wissenschaftler gesessen.

«So entstehen Fakenews», ärgert sich der FDP-Nationalrat Damien Cottier auf Twitter. Die Parlamentsdienste habe die Hälfte der linken Reihen für die Experten reserviert. «Dann wird das Bild kommentiert, indem man sagt, die linken Reihen seien voll, die rechten leer.» Zum Beweis, dass nebst ihm auch weitere Bürgerliche dem Event beigewohnt haben, postet er ein Selfie mit den FDP-Politikern Laurent Wehrli, Matthias Michel, Johanna Gapany und Andri Silberschmidt. «In Wirklichkeit fehlt nur die SVP fast vollständig», so Cottier.

Am Treffen gesichtet wurden lediglich die SVP-Nationalräte Albert Rösti, Jean-Pierre Grin und Michaël Buffat. Deren Ratskollegin Monika Rüegg sagt, sie habe eigentlich am Treffen teilnehmen wollen. «Ich habe mir den Termin sogar eingeschrieben. Aber dann konnte ich doch nicht gehen.» Auf die Frage, warum der Event bei ihrer Partei nicht auf Anklang stiess, antwortet sie: «Ich denke, viele Bürgerliche haben es satt, ständig nur über Ideologien zu sprechen. Sie wollen Lösungen sehen.» Die Schweiz steuere auf eine Energiekrise zu. Da könne man nicht die Wünsche von Klimaaktivisten erfüllen.

SVP-Nationalrat Christian Imark, der wie Rüegg in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie sitzt, wird noch deutlicher: «Ich bin nicht Berufspolitiker, der an jeder Hundsverlochete teilnehmen kann.» Ausserdem sei es ja nicht so, dass die Wissenschaftler neue Erkenntnisse liefern. Bei solchen Events gehe es um Klimaaktivismus, anstatt dass konkrete Lösungen für das Kernproblem diskutiert werden. «Würde die Fragestellung auf die Stromlücke fokussieren, dann würde ein Austausch mit der Wissenschaft durchaus Sinn ergeben.»

FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt findet es falsch, wenn politische Themen gegeneinander ausgespielt werden. «Natürlich ist es wichtig, dass bei der Stromversorgung Lösungen gefunden werden. Ansonsten könnte das extrem teuer werden. Gleichzeitig ist auch der Klimawandel ein wichtiges Thema. Auch da werden längerfristig grosse Kosten auf uns zukommen.» Er ist der Meinung: Man sollte das eine tun und das andere nicht lassen.

Die Organisatorin des Treffens, Grünen-Nationalratspräsidentin Irène Kälin, sagte nach dem Treffen: «Grün denken und handeln darf keine Ideologie mehr sein, sondern muss zum Handlungsgrundsatz werden.» Trotz des Fernbleibens des politisch rechten Lagers zieht sie ein positives Fazit. Politik und Wissenschaft habe ihre Dialogbereitschaft unter Beweis gestellt und den Klimadialog akzentuiert. «Das war wichtig und richtig angesichts der voranschreitenden Klimakrise. Nun ist es an der Politik, zu handeln.»

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215 Kommentare
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Michel Henkel
03.05.2022 17:16registriert Juni 2019
Wissenschaftler vermitteln Fakten aber an Fakten war die SVP ja noch nie interessiert. Quod erat demonstrandum.
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MarGo
03.05.2022 17:11registriert Juni 2015
Genau! Jede Hundsverlochete... goht doch nöd!

Ist ja nur das wichtigste Thema überhaupt und hat ganz offensichtlich noch viel Spielraum für Sensibilisierung!

Ich würde solche Leute ja umgehend ihres Amtes entheben...
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Der_Andere
03.05.2022 17:15registriert Juni 2018
Klimaprobleme im Jahre 2022 immer noch Ideologie nennen…

Das Traurige ist eigentlich nicht einmal, dass die SVP diesen Event schwänzt. Das wirklich Traurige ist, dass es mich immer noch überrascht, dass dieser Saftverein laufend immer noch tiefer sinken kann.

Kindischer gehts kaum.
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