Über 5300 Kilometer misst das Schienennetz im Bahnland Schweiz. Das bedeutet nicht nur ein gut ausgebautes ÖV-System, sondern auch viel brachliegende Fläche. So ist der eineinhalb Meter breite Bereich zwischen den Gleisen heute ungenutzt.
Ändern will das ein Neuenburger Pilotprojekt. Auf einer rund 100 Meter langen Strecke bei Buttes im Val-de-Travers wird voraussichtlich im Frühling 2025 das Bahntrassee mit Solarpanels ausgestattet – eine Premiere. Würde das landesweit gemacht, liessen sich etwa zwei Prozent des nationalen Stromverbrauchs abdecken.
Kürzlich hat das Projekt des Westschweizer Start-ups Sun-Ways und der Neuenburger Verkehrsbetriebe transN vom Bund grünes Licht erhalten. Die Zustimmung mag überraschen: Noch im Sommer 2023 kam das Bundesamt für Verkehr (BAV) zum Schluss, dass Solarpanels im Bereich der Gleise in der geplanten Form nicht bewilligungsfähig sind – insbesondere wegen Sicherheitsbedenken. Die Gleiskontrolle sei nicht mehr ausreichend sichergestellt, hiess es. Zudem drohten bei Wartungsarbeiten Störungen des Zugverkehrs.
Wie kam es zur Kehrtwende? Zunächst muss man wissen, dass die Haltung des Bundes letzten Sommer eine Antwort auf eine Voranfrage der transN und Sun-Ways war. Der negative Entscheid liess den Initianten die Möglichkeit offen, einen offiziellen Antrag für ein (überarbeitetes) Projekt einzureichen.
Sun-Ways stellte in der Folge Prototypen her und liess sie von zwei Professoren für Maschinenbau der Waadtländer Ingenieurschule HEIG testen. Sie validierten die Konstruktion für vorbeifahrende Züge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 km/h. In Buttes liegt das Tempolimit bei 90 km/h. Sun-Ways-CEO Joseph Scuderi sagt:
Begeisterungsstürme gibt es beim Bundesamt für Verkehr aber nach wie vor keine. «Aus Sicht des BAV bestehen weiterhin offene Fragen», teilt Sprecherin Florence Pictet mit. Darum hat der Bund das Einsetzen der Solarpanels in Buttes nur unter Auflagen bewilligt. Er verlangt, dass die Testphase über mindestens drei Jahre läuft – und nicht über sechs Monate, wie von den Projektinitianten vorgesehen. Unter realen Bedingungen sollen so Erfahrungen gesammelt werden. «Das Verhalten der Fahrbahn, etwa in Bezug auf Ermüdung und Verschleiss, lässt sich nur langfristig beobachten», führt Pictet aus.
Schwarz auf weiss findet sich die weiterhin kritische Haltung des Bundesamts im schriftlichen Entscheid zuhanden der Neuenburger Verkehrsbetriebe wieder. «Das BAV ist der Ansicht, dass die Gleise grundsätzlich nicht für die Installation von Solarmodulen geeignet sind», heisst es dort. Zwar stelle das Projekt kein «unkontrollierbares Sicherheitsrisiko» dar, doch bezweifle man, dass die Integration von Solarpanels in das Bahnsystem reibungslos erfolgen könne. Die Testphase muss nun das Gegenteil beweisen.
Dabei übernimmt der Bund keine Verantwortung. Die Bahnunternehmen seien für den sicheren Betrieb ihrer Anlagen verantwortlich, stellt BAV-Sprecherin Pictet klar.
Sun-Ways-CEO Joseph Scuderi versichert, dass alles überwacht werde. Die Solarpanels, die sich für Wartungsarbeiten entfernen lassen, stellten «kein Sicherheitsrisiko» für die Fahrgäste dar, sagt der Firmengründer. Das könne man sich nur schon deshalb nicht leisten, weil dem 585'000 Franken teuren Projekt Strahlkraft zukomme.
Erstes Interesse manifestieren die SBB. Die Bundesbahnen teilen mit, dass sie mit Sun-Ways in Kontakt stehen und das Projekt mitverfolgen. Konkret geplant werden derzeit aber nur Solaranlagen auf SBB-Gebäuden, Freiflächen oder Lärmschutzwänden.
Es ist verrückt: Die Schweiz hat auf Industriebauten, öffentlichen und privaten Gebäuden und anderen Standorten weit einfachere und idealere Bedingungen. Nur will oder darf man dort nicht.
Hallo Politik? Hallo Stromlobby?
Der Unterhalt dieser Panels auf den Schienen wäre sehr aufwändig. Dafür, dass "nur" 2% des Stromverbrauchs gedeckt wären, falls das gesamte Streckennetz ausgerüstet werde. Es gibt noch genügend Dächer mit Solarpotenzial ;)