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Die 11 wichtigsten Ergebnisse der EU-Sondierungsgespräche der Schweiz

epa10752872 Swiss Federal Councillor for Foreign Affairs Ignazio Cassis (L) meets with Vice President of the European Commission Maros Sefcovic (R) at the EU Commission in Brussels, Belgium, 18 July 2 ...
Haben gemeinsam die Sondierungen vorangetrieben: Bundesrat Ignazio Cassis (r.) begrüsst Maros Sefcovic, Vizepräsident der EU-Kommission, bei seinem Besuch in Bern im März.Bild: keystone

EU-Richter, Lohnschutz und Sozialwerke – die 11 wichtigsten Ergebnisse der EU-Gespräche

Welche Zugeständnisse erhält die Schweiz? Wo muss sie sich selbst bewegen? Was wird nicht erwähnt? Nun ist das über Monate geheim gehaltene Dokument der Sondierungsgespräche öffentlich.
15.12.2023, 17:3315.12.2023, 18:06
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Lange Zeit war es das bestgehütete Geheimnis zwischen Bern und Brüssel. Jetzt ist es publik: Das schriftliche Schlussresultat der fast zwei Jahre andauernden Sondierungsgespräche. Hier sind die wichtigsten Punkte:

Lohnschutz

Allfällige Senkungen des Lohnschutzes in der EU sollen durch eine sogenannte Nicht-Regressions-Klausel verhindert werden. Die Schweiz soll ihre Arbeitskontrollen weiterhin eigenständig umsetzen können.

Die Schweizer Gewerkschaften müssten aber auch Kröten schlucken: So soll die Kautionspflicht nur noch für Unternehmen gelten, die bereits einmal gegen Schweizer Gesetze verstossen haben. Ausserdem wird die Voranmeldepflicht für entsendete Arbeitnehmer von acht auf vier Tage abgesenkt.

Nicht erwähnt ist die EU-Spesenregelung, wonach entsandte Arbeitnehmer nach Sätzen des Heimatlandes entschädigt werden und die von den Gewerkschaften kritisiert wird.

Ausschaffung und Sozialhilfe

Die Schweiz soll eine Ausnahme bei der Weiterentwicklung der Personenfreizügigkeit erhalten. Dies soll sicherstellen, dass die Ausschaffungsinitiative weiterhin umgesetzt werden kann. Ausschaffungen sollen zudem unter gewissen Umständen auch bei Personen möglich sein, die keiner Arbeit nachgehen und auch keine suchen.

Staatsbeihilfen

Eine Überwachung von Staats-Subventionen soll sich auf das Luftverkehrs- und das Landverkehrsabkommen sowie das künftige Stromabkommen beschränken. Die Schweiz würde die Überwachung selbstständig durchführen. Service-Publique-Leistungen sollen erhalten bleiben.

Rechtsübernahme und EU-Richter

Wie beim Rahmenabkommen verpflichtet sich die Schweiz zur dynamischen Rechtsübernahme. Auch bei der Streitschlichtung kommt das Modell des Rahmenabkommens zur Anwendung. Das heisst: Die Schweiz akzeptiert, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine verbindliche Einschätzung abgibt, sobald EU-Binnenmarktrecht betroffen ist. Ein bilaterales Schiedsgericht behandelt die Fälle und urteilt auch über die Angemessenheit von Gegenmassnahmen.

Forschung

Der Zugang zu EU-Programmen wie der Forschungskooperation «Horizon Europe» oder Erasmus ist garantiert. Als «Zückerchen» sollen Schweizer Forscher in einer Übergangslösung bereits ab sofort wieder zugelassen werden. Aber: Geld gibt es erst, wenn sich der Bundesrat und Brüssel geeinigt haben.

Kohäsion

Die Schweiz verpflichtet sich zu regelmässigen und «fairen» Kohäsionszahlungen an die EU ab 2027.

Guillotine

Eine juristisch bindende Guillotine-Klausel wird namentlich zwar nicht mehr erwähnt. Aber die Schweiz und die EU sind sich einig, dass die bilateralen Abkommen ein «zusammenhängendes Ganzes» sind.

Neue Abkommen

Angekündigt werden ein Gesundheitsabkommen, ein Abkommen zur Lebensmittelsicherheit und am wichtigsten: Strom. Hier soll ein Recht auf Grundversorgung für Private und Unternehmen die Schweizer Ängste über eine volle Strommarktliberalisierung abfedern.

Mitspracherechte

Die Schweiz erhält über das sogenannte Decision Shaping ein Mitspracherecht, wenn es um die Ausarbeitung neuer EU-Regelungen geht, die sie betreffen.

Modus Vivendi

Die Schweiz und die EU einigen sich auf ein gutes Auskommen, solange die Verhandlungen über das neue Paket vorankommen. Dazu gehört insbesondere die Gewährleistung «operativer Sicherheit» beim Strom.

Freihandel

Die im Rahmenabkommen erwähnte Aktualisierung des Freihandelsabkommens von 1972 wird nicht mehr erwähnt. Das heisst: Sie fällt weg. Die Schweizer Kantone hatten bezüglich einer Aktualisierung Bedenken, zum Beispiel, wenn es um Steueranreize zur Standortförderung geht.

Bundesrat verabschiedet Entwurf für Verhandlungsmandat mit der EU
Der Bundesrat hat am Freitag den Entwurf für ein Verhandlungsmandat mit der EU verabschiedet. Beginnen sollen die Verhandlungen, sobald sowohl die EU als auch der Bundesrat das Mandat definitiv verabschiedet haben.

Die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen mit der EU sei unabdingbar, sagte Aussenminister Ignazio Cassis vor den Medien in Bern. Nach rund siebzig bilateralen Treffen auf den verschiedensten Ebenen sei man nun so weit, einen Mandatsentwurf zu präsentieren. Gleichzeitig publizierten die EU und die Schweiz eine gemeinsame Erklärung.

Diese schaffe die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). In der Erklärung seien Landezonen definiert, die man dann bei den Verhandlungen auf Landepunkte reduzieren müsse, sagte Cassis weiter.

Darin bekräftigen Bern und Brüssel den von der Schweiz vorgeschlagenen Paketansatz. So soll es neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit geben. Auch ein Abkommen zur systematischen Teilnahme an EU-Programmen gehört zum Paket sowie regelmässige Kohäsionsbeiträge an die EU. Wie hoch diese sein werden, ist aktuell noch offen.

Der Mandatsentwurf des Bundesrats geht nun in die Konsultation ins Parlament und zu den Kantonen. Das definitive Verhandlungsmandat dürfte in zwei bis drei Monaten stehen. Auf Seite der EU muss die EU-Kommission den Mandatsentwurf noch zuhanden der EU-Mitgliedstaaten verabschieden. Dies dürfte voraussichtlich am kommenden Mittwoch der Fall sein. (sda)

(aargauerzeitung.ch)

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