Die krisengeschüttelte Lebensmittelgruppe Orior hat eine harte Restrukturierung eingeleitet und will rund 90 Stellen streichen. Zudem soll die belgische Fertigmenü-Tochter Culinor verkauft werden. Das Unternehmen will seine Verschuldung in den kommenden 18 Monaten um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag senken.
Besonders betroffen ist die Trockenfleisch-Tochter Albert Spiess: Dort wird die ganze Produktion ohne Bezug zum Bündnerland nach Stabio verlagert und der Standort Schiers auf ein Minimum reduziert. Der traditionsreiche Ganda-Shop in Landquart wird geschlossen. Von den rund 130 Mitarbeitenden in Schiers verlieren wohl etwa 90 ihre Stelle. Insgesamt zählt die Gruppe rund 2100 Stellen.
Orior-Chefin Monika Friedli-Walser sprach von einem schmerzhaften Schritt. Sie sieht die Restrukturierung aber als Voraussetzung, um die Gruppe widerstandsfähiger und profitabler aufzustellen, wie sie an einer Videokonferenz mit Analysten am Donnerstag sagte.
Auch auf Gruppenebene setzt Orior den Rotstift an und verschlankt die Organisation. Zugleich hat die Unternehmensführung den Verkauf der belgischen Fertigmenü-Tochter Culinor auf den Tisch gelegt. Ein Käufer soll bis spätestens im ersten Quartal 2026 gefunden werden. Sollte sich kein Partner finden, will Orior das Geschäft stärker in die Gruppe integrieren, wie Friedli-Walser sagte.
Der zuständige Analyst der ZKB beziffert den möglichen Verkaufspreis auf 50 bis 100 Millionen Franken. Finanzchef Sacha Gerber wollte dazu keine Angabe machen.
Culinor hatte seit der Übernahme 2016 die erhofften Synergien nicht geliefert und verlor jüngst den Grosskunden Albert Heijn. Zwar soll Ikea als neuer Abnehmer mittelfristig entgangene Volumen ersetzen, doch sieht die Konzernspitze den Fokus künftig auf dem Heimmarkt Schweiz. Dagegen sollen das Biotta-Schwesterunternehmen Gesa, die Flughafen-Gastronomie Casualfood sowie die italienische Pasta-Manufaktur Gaetarelli ausgebaut werden.
Die Sanierung ist auch durch die angespannte Finanzlage getrieben. Zwar konnte Orior im ersten Halbjahr 2025 die Nettoverschuldung leicht auf 173 Millionen Franken senken – getragen von einem verbesserten Free Cash Flow von 11 Millionen nach einem Minus im Vorjahr. Doch liegt der Verschuldungsgrad mit 5,2-fachen des operativen Gewinns auf Stufe EBITDA weiterhin weit über dem Zielwert von unter 2,5.
Orior musste daher mit einem Bankenkonsortium eine Verlängerung seines Kreditrahmens bis 2029 aushandeln. Von einer weiteren Kapitalerhöhung war vorerst keine Rede. Das Unternehmen setzt auch auf Immobilienverkäufe und Sale-and-Lease-back-Transaktionen, um die Bilanz zu entlasten.
Operativ fiel das Halbjahresergebnis schwächer aus als vor einem Jahr: Der Umsatz sank um knapp 3 Prozent auf 305 Millionen Franken, die operative Marge schrumpfte auf 5,4 von 8,5 Prozent. Belastungen kamen von Ausschreibungsverlusten, hohen Rohstoffpreisen und Nachwirkungen aus dem Vorjahr. Positiv wirkte der freie Cashflow. Für das volle Jahr 2025 erwartet Orior einen Umsatzrückgang zwischen 2 und 4 Prozent und eine Marge von 5,9 bis 6,3 Prozent.
Die Börse reagierte einigermassen gelassen: Die Orior-Titel fielen im frühen Handel um 2 Prozent, nachdem sie die Tage davor stark gestiegen waren.
Der ZKB-Analyst wertete den Umsatzrückgang als weniger stark als befürchtet. Die Cashflow-Verbesserung sei zudem positiv – ob sie nachhaltig sei, bleibe aber fraglich. Positive Impulse könnten seiner Meinung nach sinkende Fleischpreise, eine weitere Cashflow-Stabilisierung oder ein überzeugender neuer CEO bringen. (sda/awp)