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Müller Reformhäuser: So reagiert die Kundschaft auf den Konkurs

«Alnatura stinkt mir»: Kundschaft nach Schliessung von Reformhaus Müller entsetzt

37 Filialen der Müller Reformhäuser sind geschlossen, 300 Personen sind ihren Job los. Die Nachricht ist auch ein Schock für die Kundschaft und hat bisweilen Entsetzten ausgelöst. Der Geschäftsführer der Firma sagt, der Entscheid, die Bilanz zu deponieren, habe ihm das Herz gebrochen.
04.01.2023, 14:4704.01.2023, 16:37
Alessandro Crippa / ch media
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Die Filiale der Ladenkette Reformhaus Mueller am Zuercher Rennweg, aufgenommen am Dienstag, 3. Januar 2023 in Zuerich. 37 Filialen an 17 Standorten in der Schweiz schliessen ihren Geschaeftsbetrieb pe ...
Die Filiale der Ladenkette Reformhaus Müller am Zürcher Rennweg, aufgenommen am Dienstag, 3. Januar 2023 in Zürich.Bild: keystone

Seit Mittwochmorgen sind die 37 Filialen der Müller-Reformhäuser geschlossen. Das Unternehmen ist pleite. Und das, nachdem am Freitag der vergangenen Woche auf der Website noch neue Jobs ausgeschrieben worden sind. Diese Konkurs-Nachricht verbreitete sich am Dienstag in der Region wie ein Lauffeuer. 300 Angestellte verlieren ihren Job.

Wie ein Stammkunde der Aarauer Reformhaus-Filiale an der Pelzgasse gegenüber unserer Zeitung verraten hat, zeichnete sich die Schliessung schon seit Wochen ab. Die Regale hätten sich zusehends geleert, immer weniger Produkte seien erhältlich gewesen. Zu Jahresende herrschte Totalausverkauf. Auf Nachfragen hätten die Mitarbeitenden aber nur geantwortet, sie dürften nichts sagen.

Geschäftsführer: Entscheid bricht uns das Herz

Der Preisdruck und zu wenig Kundinnen und Kunden seien dem Familienunternehmen schliesslich zum Verhängnis geworden. Gegenüber dem Fernsehsender Tele M1 sagt Geschäftsführer Mischa Felber: «Irgendwann ist uns der Schnauf ausgegangen. So mussten wir den Entscheid treffen, der uns allen das Herz gebrochen hat.»

Mischa Felber.
Bild: screenshot Tele M1

Auch ein AZ-Leser schreibt zu den hohen Preisen: «Wer kann und will diese exorbitant hohen Preise bezahlen?» Ein abgepackter Salat zum Mitnehmen habe im Reformhaus Müller an der Stockerstrasse in Zürich «stolze CHF 19.50» gekostet. So könne das Ende nicht verhindert werden. Höhere Preise würden funktionieren, aber exorbitante Preise eben nicht. Der Leser bedauert: «Schade, sie hatten gute Produkte aber eben einfach zu teuer.»

Kundin, die sich neu orientieren muss: «Alnatura stinkt mir»

Der Schock sitzt auch bei den letzten Kundinnen und Kunden tief, wie ein Augenschein von Tele M1 am Dienstagabend vor Ort zeigt. «Ich kann mich fast nicht mehr beruhigen. Jetzt komme ich hierhin, will einkaufen und lese, dass der Laden morgen zugeht. Das kann doch nicht sein», sagt eine entsetzte Kundin. «Ich bin fassungslos. Ich denke, dass man in diesen Zeiten die kleineren Läden mehr unterstützen sollte», ergänzt eine weitere.

Gegenüber CH Media haben sich auch weitere Kundinnen und Kunden am Dienstag zu den Schliessungen geäussert. Eine Frau sagt beispielsweise: «Ich bin sehr frustriert und finde es extrem schade.» Sie habe gerne in den Reformhäusern eingekauft. «Man kriegt dort alles, was man braucht», sagt sie. Für die Zukunft werde sie sich gut überlegen müssen, wo sie einkaufe.

Video: extern / rest/CH Media

Eine Ausweichmöglichkeit bieten etwa die Alnatura-Läden. Eine Müller-Kundin winkt aber gleich ab. Sie sagt entschieden: «Alnatura stinkt mir.» Sie gehe zwar ab und an auch dorthin, doch bei den Müller Reformhäusern habe sie immer wieder Spezial-Produkte gefunden, die es nirgendwo sonst gibt.

Die Konkurrenz für die Reformhäuser wuchs in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stetig. Um das Jahr 2000 war die Rede von einer Branche in der Krise. Die Grossverteiler Coop und Migros nahmen Marken wie Weleda oder Kneipp ins Sortiment auf und setzten auch auf Bioprodukte. Besonders kleinere Reformhäuser mussten schliessen. Nun, 20 Jahre später, steht das Reformhaus-Geschäft erneut an einem Wendepunkt. Zwar sorgte die Pandemie kurzzeitig dafür, dass gerade kleinere Bioläden ausgezeichnete Zahlen vermelden konnten.

Doch dieser Corona-Effekt ist verpufft. Die steigenden Preise und der Krieg in der Ukraine haben dem Coronawachstum in der Bio- und Reformhaus-Branche ein jähes Ende bereitet.

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116 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
04.01.2023 15:47registriert August 2018
Ein abgepackter Salat zum Mitnehmen habe im Reformhaus Müller an der Stockerstrasse in Zürich «stolze CHF 19.50» gekostet.

Das ist doch eine Zeitungsente?

Kein Mensch auf der Welt zahlt für einen Salat 20 Hämmer. Oder gibt es jemand, der sich hier outet?
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B-M
04.01.2023 15:06registriert Februar 2021
Die Schliessung der Reformhäuser ist für Normalsterbliche unbedeutend, da sich sowieso niemand diese Preise leisten konnte.
Ein Wunder dass sie nicht früher bankrott gegangen sind.
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Thomas Meister
04.01.2023 15:37registriert April 2019
Diese Kette hat sich jahrelang eine goldene Nase verdient da viele Produkte unglaublich teuer waren. Man hat die Situation ausgenutzt dass viele Produkte nur bei Ihnen vorhanden waren. Als dann die Konkurrenz grösser wurde und auch die Preise unter Druck kamen wurde es verpasst die Geschäftstaktik anzupassen. Man verlor mehr und mehr Kunden und wollte dies mit Preiserhöhungen auffangen was von Anfang an nicht aufgehen konnte.
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