Schweiz
Landwirtschaft

Bio Suisse lockert wegen Ukraine-Krieg Bedingungen für Knospen-Label

«Bio Suisse» ändert seine Standards – das musst du dazu wissen

Der Verein «Bio Suisse» lockert die Bedingungen für sein Bio-Label «Knospe», um die Futterknappheit für die Tiere aufgrund des Ukraine-Krieges zu umgehen – was dies für die Konsumenten bedeutet.
13.04.2022, 20:0914.04.2022, 12:24
Anna Böhler
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Laut «Bio Suisse» importierte die Schweiz 18 Prozent der Rohstoffe (Raps, Soja, Sonnenblume, Lein, ohne Getreide), die als Futtermittel für Hühner und Schweine dienen, aus der Ukraine. Weil das Futtermittel nun aufgrund des Ukraine-Kriegs fehlt, ändert «Bio Suisse» seine Bestimmungen.

Was ist nun erlaubt?

24.05.2021, Brandenburg, Wentow: Der Raps bl
Bild: keystone

Wie «Bio Suisse» in einer Medienmitteilung schreibt, trat am 1. April eine Sonderregelung in Kraft, die bis Ende des Jahres für ihre «Knospe»-Produkte gelten soll. Diese erlaubt, dass 15 Prozent der Bedarf an Raps- und Leinsamen sowie Sonnenblumenkernen nun auch in EU-Bio-Qualität aus Europa oder in Knospe-Qualität aus Übersee stammen dürfen.

Bei Sojabohnen gilt die Sonderbewilligung gar für 40 Prozent der benötigten Menge. Und auch bei den Eiern gibt es eine Anpassung. Angesicht der aktuellen Lage stuft die Eier-Branche ihren Anspruch von 100 Prozent Bio-Futter herunter auf 95 Prozent. Damit entsprechen sie immer noch den Vorgaben von «Bio Suisse».

Wie unterscheiden sich die verschiedenen Labels?

Die «Knospe» gehört zu den strengsten Bio-Standards der Welt. «Bio Suisse» und das EU-Bio-Siegel unterscheiden sich stark. Gemäss «Knospe»-Richtlinien muss beispielsweise der ganze Betrieb biologisch geführt werden, damit das Knospe-Label vergeben wird. In der EU sind auch nur Teilbereiche biologischen Anbaus erlaubt. So dürfe man in der EU konventionell Kühe halten und nebenan Soja in Bio-Qualität anbauen, erklärt der Pressesprecher David Herrmann gegenüber watson.

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Bild: KEYSTONE

Auch beim Futter gibt es andere Bestimmungen. Bei «Bio Suisse» gilt seit diesem Jahr die Regel, dass nur 5 Prozent der Nahrung aus Kraftfutter, wie Getreide oder Soja, bestehen darf. Beim Bio-Standard der EU sind es hingegen 40 Prozent.

Weitere Differenzen gibt es bei der Verarbeitung der Lebensmittel. «Bio Suisse» schreibt auch hier strengere Richtlinien vor: Es dürfen keine Zusätze verwendet werden, die das Produkt verfälschen und weniger authentisch machen. Beispielsweise darf einem Erdbeer-Jogurt kein Randensaft beigemischt werden, um das Jogurt farbintensiver wirken zu lassen.

Was bedeutet das für die Qualität und den Preis?

Wie David Herrmann von «Bio Suisse» gegenüber watson sagt, sollte die Sonderregelung betreffend Futter keinen markanten Unterschied machen. Besonders, weil der Anteil ausländischen Futters auch zeitlich stark begrenzt sei, werden allfällige Qualitätsunterschiede kaum wahrnehmbar sein.

Betreffend Preis meint David Herrmann: «Ob die Preise steigen, ist von vielen Faktoren abhängig. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Preise für Agrarprodukte zurzeit auf der ganzen Welt steigen – wenn das Futter teurer wird, werden auch Fleisch und Eier teurer». Nicht betroffen von der Knappheit sind die Bio-Milch- und Rindfleischproduktion.

Wie könnte eine nachhaltigere Zukunft aussehen?

«Es geht darum, die Ernährung der Ernährungspyramide anzupassen: weniger tierische Produkte und wann, dann aus biologischem Anbau», sagt David Herrmann. Würden die Konsumenten nicht so viele tierische Produkte verzehren, wäre der Bedarf nach Futtermittel weniger gross – und das Problem weniger drastisch.

Eine 2018 publizierte Studie der «ZHaW» im Auftrag von «Greenpeace» legt nahe, dass die Schweiz nachhaltigere Landwirtschaft betreiben könnte, wenn sie sich auf die Produktion von Rindfleisch und Milch beschränken würde. Der Grund dafür ist, dass dem Vieh in der Schweiz zur Genüge Wiesenland zur Verfügung steht, an dem es sich satt essen kann.

Ein Rind in einem Freilaufgehege beschnuppert mit seiner feuchten Nase den Fruehling am Dienstag, 30. April 2013, im buendnerischen Schanfigg. (KEYSTONE/Arno Balzarini)
Bild: KEYSTONE

Die grössten Veränderungen für eine nachhaltige Zukunft würden das Halten von Hühnern und Schweinen betreffen: Laut dem angewandten Zukunftsmodell wird kaum noch Ackerland für den Anbau von Tierfutter benötigt. Ausserdem sollen die Tiere einen doppelten Nutzen haben. Sprich: Rinder werden gehalten für die Produktion von Milch und Fleisch und erfüllen damit gleich zwei Funktionen, was nachhaltiger ist.

Wie «Bio Suisse» in seiner Medienmitteilung schreibt, führe uns die aktuelle Lage vor Augen, dass wir unsere Essgewohnheiten drastisch umstellen müssten, wenn wir in Zukunft weniger importieren wollen.

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38 Kommentare
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Waschgiri
13.04.2022 22:15registriert September 2014
Aber wir verfüttern weiterhin Getreide an Schweine. Getreide, das anderswo Menschen ernähren könnte.
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Erwin71
13.04.2022 23:08registriert Juni 2019
Hätte man die Volksabstimmung angenommen, wo nur so viel Tiere erlaut wären wie man eigenes Futter herstellen kann, hätten wir jetzt nicht solche Probleme. Und das Getreide aus EU und Übersee wär zb für Leute da wo hungern müssen. Der Mensch, der Egoist!
Deshalb bin ich Vegetarier geworten und habe lieber Tiere als Menschen!
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Pal_01
14.04.2022 08:18registriert Juli 2020
Wir sollten in der Schweiz gar kein Tierfutter importieren.
Führt zu weltweit hohen Getreidepreisen, Regenwaldabholzung und Überdüngung hierzulande.

Esst mehr Pflanzen.
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