Wort des Jahres in der Deutschschweiz ist Doppeladler und gesto dell'aquila (Geste des Doppeladlers) in der italienischen Schweiz. In beiden Landesteilen hat die Geste zweier Fussballer den Nerv der Gesellschaft getroffen, heisst es in einer Mitteilung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Zur Wahl nutzten Forschende der ZHAW die grösste Textdatenbank der Schweiz und das Sprachgefühl einer zehnköpfigen Fach-Jury.
Die drei Podestplätze der Deutschschweiz – samt Begründung der Jury:
Doppeladler
Der doppelte Doppel-Adler.Bild: KEYSTONE
«Jubelnd formen Fussballspieler der Schweizer Nationalmannschaft im Spiel gegen Serbien mit ihren Händen den Doppeladler, der auf der Flagge Albaniens abgebildet ist. Dies führt zu heftigen Diskussionen, die weit über den Fussball hinaus reichen. Im Doppeladler konzentrieren sich so hochaktuelle und tiefgründige Themen wie Polarisierung und Ausgrenzung, Nationalismus und die Loyalität von Doppelbürgern. Der Doppeladler hat 2018 weite Kreise gezogen und ist im Alltag der Schweiz gelandet; die Debatten darum werden uns noch lange beschäftigen.»
Rahmenabkommen
Bild: shutterstock.com
«Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU dauern seit 2014 an. Festgelegt werden soll, wie die Schweiz Neuerungen des EU-Rechts übernimmt, ohne immer wieder nachverhandeln zu müssen. Während es Widerstand von Gewerkschaften sowie Kritik der Parteien von links bis rechts gibt, strebt der Bundesrat noch in diesem Jahr einen Durchbruch an. Das Rahmenabkommen beschreibt einen langfristig bedeutsamen politischen Prozess, der aber für viele nicht begreifbar ist – und damit den Rahmen der Vorstellung sprengt.»
«Das Lied 079 wurde Anfang 2018 veröffentlicht und erzählt von einem Mann, der sich in die Telefonistin der Auskunft verliebt. Er fragt nach ihrer Telefonnummer, erhält aber nur die Vorwahl 079. Er gibt nicht auf und nach tausenden durchgewählten Rufnummer-Kombinationen hört er endlich ihre Stimme – da überfährt ihn das Tram. Tragische Liebesgeschichte, Zeichen der Zeit oder sexistisch: Der Song wühlt auf und es entsteht eine Debatte über Stalking, Sexismus, Gleichberechtigung und Gewalt an Frauen, die anschliesst an #metoo.»
Das Schweizer Wort des Jahres wird seit 2003 ermittelt. 2017 übernahm das Departement für angewandte Linguistik der ZHAW die Verantwortung. Seither soll die Wahl alle Sprachregionen der Schweiz abdecken. Deshalb wurde 2017 erstmals auch das Wort der Jahres für die Romandie ermittelt; dieses Jahr kam erstmals das Italienische hinzu und 2019 soll Rätoromanisch folgen.
Psychische Belastung bei den Romands
Die mots romands de l'année sind charge mentale auf dem ersten Platz, gefolgt von sécheresse und infox. Wenn die Worte des Jahres spiegeln, worüber die Gesellschaft nachdenkt, dann zeigt sich an dieser Wahl, dass offenbar die Deutschschweizer und die Romands von unterschiedlichen Phänomenen bewegt werden.
Zumindest der Doppeladler und gesto dell'aquila auf den ersten Plätzen in der Deutschschweiz und im Tessin legen nahe, dass 2018 die Menschen in diesen beiden Sprachregionen mehr Gemeinsamkeiten aufweisen in den gesellschaftlichen Diskussionen. Parole svizzere dell'anno sind weiter notte tropicale und criptovalute. (sda)
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Die beliebtesten Kommentare
Sleepless71
06.12.2018 10:03registriert November 2018
Ach je...
Ich kann unsere Jungs verstehen, aber auch diejenigen die sich daran gestört haben.
Aber irgendwann ist auch gut und genug über den Doppeladler geschrieben.
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